Infrastruktur und Naturschutz: Stromleitungen geben Adlerpopulationen den Rest
Vögel sitzen im Prinzip recht gemütlich auf Stromleitungen: Um einen tödlichen Schlag bekommen zu können, müssten sie schon geerdet sein. Lebensgefährlich wird es allerdings, wenn sie an zwei Strom führende Leitungen oder eine und den erdverbundenen Strommast gleichzeitig kommen. Das passiert kleinen Tieren eher selten; für größere Vögel mit beachtlichen Spannweiten wie den Weißstorch gilt Stromschlag dagegen sogar als eine der häufigsten tödlichen Unfallursachen. Naturschützer fürchten daher, dass Stromleitungen den Populationen von seltenen, bedrohten großen Arten endgültig den Garaus machen könnten. Ob dies tatsächlich zutrifft, haben nun Forscher am Beispiel des stark gefährdeten Habichtsadler (Aquila fasciata) in Spanien untersucht. Sie kommen zu einem Besorgnis erregenden Schluss: Kleineren, durch illegale Jagd etwa von Taubenzüchtern ohnehin angeschlagenen Populationen könnte der Stromtod tatsächlich allmählich auslöschen.
Für ihre Studie modellierten die spanischen Forscher die wahrscheinliche Entwicklung der Adlerpopulation auf der Basis der recht spärlich verfügbaren verlässlichen Daten: Wie viele Tiere gibt es eigentlich noch im Untersuchungsgebiet, wie viele davon sterben am Strom, wie hoch ist die Dunkelziffer – und wie viele Tiere sind nötig, um eine Population zu erhalten. Dabei konzentrierten sie sich auf die ortstreue Fraktion von um die 70 Brutpaaren von Habichtsadlern im Nordosten Spaniens – der Rest der dort gelegentlich beobachteten Tiere folgt einer von Ort zu Ort ziehenden Lebensweise und ist daher kaum in Zahlen zu fassen. Die Berechnungen zeigen, dass für ein Tier vor Ort eine rund 26-prozentige Wahrscheinlichkeit besteht, am Strommast zu verenden. Diese Zahl sei zwar niedriger als für andere große Vögel weltweit, bei denen sie geschätzt wurde, so die Forscher nach Literaturrecherchen: Sie erreicht etwa 48 Prozent beim Spanischen Kaiseradler (Aquila adalberti) auf der Iberischen Halbinsel oder 47 Prozent beim Maorifalke (Falco novaeseelandiae) in Neuseeland, die neben viele Arten von Geiern oder etwa dem Uhu auch oft den Stromtod sterben. Trotzdem sind auch 26 Prozent für kleine lokale Gruppen zu hoch, um eine gesunde Population zu erhalten: Zu wenige Tiere erreichen die Geschlechtsreife, finden Partner und bringen genug Junge durch. Es sei daher dringend geboten, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Diese können zum Beispiel darin bestehen, die Bauform der Masten sinnvoll zu verändern: Besonders häufig sterben die Tiere beim Starten oder Landen zwischen Mastspitze und Leitung.
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben