Notfallmedizin: Strompulse stoppen Blutverlust
Um einen starken Blutverlust schnell und einfach eindämmen zu können, ist es im Krieg oder Katastrophenfall üblich, die Adern mit Hilfe eines Tourniquets abzubinden. Was aber, wenn die Verletzung an einer Stelle liegt, an der der Abbindeschlauch nur schwer greifen kann? Hier könnte mit der Verabreichung extrem kurzer Strompulse an der betroffenen Stelle ein ähnliches Ergebnis erreicht werden, schlagen Forscher um Yossi Mandel von der Stanford University vor.
Das Team entdeckte die Wirkung der Strompulse bei Versuchen an narkotisierten Ratten, denen sie Schnitte an wichtigen Schlagadern beibrachten. Mit einer Elektrode applizierten sie daraufhin beispielsweise dreimal hintereinander alle zehn Sekunden einen Stromimpuls von 150 Volt, der nur 100 Mikrosekunden andauerte. Die verletzte Arterie zog sich dadurch innerhalb weniger Sekunden zusammen, was weiteren Blutverlust verhinderte. Nach der Behandlung weitet sich das Blutgefäß über einen Zeitraum von Minuten langsam, kann aber durch neuerliche Stromstöße wieder verengt werden.
Schon in den 1970er Jahren hätten Mediziner mit einer Strombehandlung gegen Verbluten experimentiert, schreiben die Forscher. Die minutenlang anhaltende Reizung führte allerdings dazu, dass sich das Gewebe aufheizte und Schaden nahm. Bei ihrer eigenen Methode waren solche Nebenwirkungen jedoch nicht zu beobachten. Das Verfahren nutzt vermutlich ein körpereigenes System aus, über das Gefäße ihren Durchmesser regeln, überlegen Mandel und Kollegen: Der elektrische Impuls reize entweder direkt die glatte Muskulatur, die die Gefäße umgibt, oder aber Nerven im Umfeld der Arterien.
Für die Zukunft hoffen die Wissenschaftler auf einen praktischen Einsatz in der Notfallmedizin. Ein kleines, batteriebetriebenes Wegwerfgerät von nur wenigen Millimetern Größe könnte ausreichen, um den gewünschten Effekt hervorzurufen. Ein solcher Apparat ließe sich womöglich direkt in die Wunde einbringen und schließlich wieder entnehmen, sobald der Verunglückte im Krankenhaus besser versorgt werden kann.
Bislang probierten Mandel und Kollegen ihren Ansatz an Ratten aus. Ob er auch bei größeren Tieren und Menschen Wirkung zeigt und welche Dosierung der Stromstärke, -dauer und -häufigkeit dazu notwendig ist, muss vor der Entwicklung eines entsprechenden Blutstillungsgeräts allerdings noch experimentell untersucht werden.
Infolge eines Unfalls zu verbluten, zählt zu den häufigsten Todesursachen, die bei rechtzeitiger Behandlung vermeidbar gewesen wären. Insbesondere Soldaten im Einsatz sterben oft noch an starkem Blutverlust, bevor sie das Lazarett erreichen. Alternativen zu Abbindevorrichtungen, die im Notfall auch von Laien eingesetzt werden können, gibt es bereits: So entwickelte vor einigen Jahren eine Firma spezielle Mullbinden, die mit einem blutungsstillenden Mittel getränkt sind und direkt in die Wundhöhle gestopft werden. Eine andere Firma vertreibt Klammern, die um den ganzen Körper herumgeführt werden müssen und dann Druck auf eine Stelle oberhalb der Wunde geben.
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