News: Stufen oder Rampen?
Denn die alten Ägypter mussten einst tonnenschwere Steine bewegen, um daraus die Grabmäler auf der Hochebene von Gizeh zu schaffen. Ob sie schon Flaschenzüge kannten, die ihnen diese Arbeit erleichtert hätten, ist ungewiss. Vermutlich mussten sie die Quader von Hand an Ort und Stelle tragen oder schleifen. Sicher ist jedenfalls, dass auch damals auf dem Hochplateau kaum Wasser vorhanden war. Dieses benötigten aber zum einen die Arbeiter, zum anderen wäre es zwingend notwendig gewesen, um etwaige Rampen für die Schlitten zu bewässern.
Damit scheidet nach Ansicht von Erhart Graefe vom Institut für Ägyptologie und Koptologie der Universität Münster die gängigste Theorie zum Bau der Pyramiden aus: Die Rohbauten der großen Pyramiden seien mithilfe ebendieser Rampen errichtet worden. Ob gerade in einem 90-Grad-Winkel, ob schlangenförmig um den Pyramidenkern herumgelegt – all die diskutierten Lösungen hätten zu viel Material verschlungen, zu viel Arbeitskraft erfordert und wären auf Grund des knappen Wassers nicht zu realisieren gewesen.
"Bisher wurden die Rampentheorien diskutiert, weil man davon ausgegangen ist, dass die großen Pyramiden wie die des Cheops einen anderen Aufbau besitzen als die ersten wie die des Djoser, deren stufige Kernstruktur freigelegt und deutlich zu erkennen ist", so Graefe. Bisher hieß es, die bekanntesten Sinnbilder der ägyptischen Kultur seien eben nicht in Stufenform, sondern horizontal über die Fläche gemauert worden. Warum aber hätten die Bauherren bei den späteren, größeren Pyramiden den Bauplan ändern sollen, wenn sich doch durch diesen Bauplan das Transportproblem minimierte, fragt sich der Ägyptologe.
Denn in die rund zehn Meter hohen und fünf Meter breiten Stufen, wie sie bei den ersten Pyramiden sichtbar sind, hätten die Arbeiter kleinere Treppen mauern können, über die sie die Steine ohne Probleme hätten hinweg hebeln können. Graefe beruft sich dabei auf Experimente des Amerikaners Peter Hodges, der 1989 nachgewiesen hat, dass mit dieser Methode ein Transport von Steinen ohne großen Aufwand möglich ist. "Um die Stufen zu verdecken und eine glatte Oberfläche zu erhalten, wurde anschließend eine Zwischenschicht aufgetragen, die heute für die Struktur des Kernes gehalten wird", vermutet er.
Mit seiner Theorie lassen sich fast alle Ungereimtheiten erklären, die bisherige Erklärungsversuche aufwerfen: Schließlich hätte eine Rampe, die im 90-Grad-Winkel auf die Pyramide zulief, viel zu viel Material benötigt, um eine menschenmögliche Steigung zu erreichen. Außerdem müssten die Spuren des später nicht mehr benötigten Materials noch heute zu erkennen sein. Graefe aber "verbaut" in seinem Gedankenexperiment keine zusätzlichen Steine oder Lehmziegel. Zwar hätte auch eine Rampe, die sich in jeweils rechtwinkligen Kurven um die Pyramiden gewunden hätte, weniger Material benötigt. Doch wäre es bei einer Länge des Schlittengespanns von mindestens zehn Metern unmöglich gewesen, um die Ecken zu kommen. Schließlich hätten die Arbeiter nach Graefes Modell auch nicht von vornherein hundertprozentig präzise zu Werk gehen müssen, da sie Ungenauigkeiten durch die Zwischenschicht ausgleichen konnten.
Ob Graefe tatsächlich das Rätsel um den Bau der Pyramiden gelöst hat, wird wohl noch lange Zeit ein ebensolches bleiben: Zu groß sind die Vorbehalte der ägyptischen Regierung, den notwendigen tiefen Abbau des heutigen sichtbaren Pyramidenmauerwerks zuzulassen.
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