Epigenetik: Sucht hinterlässt Spuren im Erbgut
Der Lebensstil der Eltern prägt ihre Nachkommen – bis hinein in die Gene. Wie Wissenschaftler der University of Philadelphia entdeckten, verändert Kokainkonsum das Erbgut männlicher Ratten. Ihre Söhne, nicht aber Töchter, erwiesen sich als widerstandsfähiger gegenüber der Droge.
Christopher Pierce und seine Kollegen ließen männliche Ratten über einen Venenzugang nach Lust und Laune selbstständig Kokain konsumieren. Eine Kontrollgruppe erhielt dagegen nur Kochsalzlösung. Nachdem die Tiere zwei Monate lang ihrer Sucht gefrönt hatten, wurden sie verpaart.
Die ausgewachsene Brut bekam später ebenfalls Kokain zur freien Verfügung. Männliche Nachfahren von "Junkie-Ratten" fanden nicht so schnell Gefallen an der Droge. Die von ihnen konsumierte Menge war geringer, und sie waren weniger bereit, für eine Dosis Kokain Einsatz zu zeigen, als die Sprösslinge von Kontrolltieren. Für Weibchen ergab sich kein Unterschied zwischen den Gruppen. Die Rolle verschiedener Hormone bei der Geschlechtsentwicklung könnte erklären, warum der Effekt nur bei männlichen Tieren auftritt.
Einen Grund für die gezügelte Drogenlust entdeckten die Forscher im medialen präfrontalen Kortex der Ratten: Die suchtresistenten Tiere zeigten dort erhöhte Werte für den Nervenwachstumsfaktor BDNF, der bei Drogensucht eine Rolle spielt. Im Vergleich zu Nachfahren von Kontrolltieren trug das zugehörige Gen mehr Azetylgruppen – diese epigenetische Abwandlung erhöht die Ableserate des Gens. Die gleiche Veränderung war auch in den Samenzellen der abhängigen Vatertiere festzustellen.
Das epigenetisch veränderte Erbgut könnte bei Ratten einen angeborenen Schutz gegen Drogenabhängigkeit bewirken, schlussfolgern die Wissenschaftler um Pierce. Auf den Menschen sind die Ergebnisse allerdings nur bedingt übertragbar. Im Gegenteil: Drogenmissbrauch von Eltern erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass auch die Kinder abhängig werden.
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