Anthropologie: Südwärts
Die heute ganz China prägende Kultur der Han, die größte Volksgruppe der Erde, stammt ursprünglich aus dem nördlichen Teil des Landes. Genetische Analysen offenbarten nun, dass nicht nur kulturelle Güter, sondern tatsächlich Einwanderer nach Süden vordrangen - allerdings hauptsächlich männliche.
China, eine der ältesten Zivilisationen der Menschheit und heute der bevölkerungsreichste Staat der Welt, ist längst nicht ethnisch homogen. Viele Völker leben in dem riesigen Land; eine Gruppe prägte jedoch entscheidend die chinesische Kultur: Mit 1,2 Milliarden Menschen gelten die Han als die größte Volksgruppe der Erde.
Der Ursprung der Han verliert sich im Dunkel; der Überlieferung nach stammen sie von den Huaxia in Nordchina ab und drangen nach und nach in den Süden des Landes vor. In der Zeit der namensgebenden Han-Dynastie (206 v. Chr. – 220 n. Chr.) konsolidierte sich das chinesische Kaiserreich und betrat damit die Bühne der Weltgeschichte.
Wenngleich auch Sprachen und Schrift der Han heute ganz China dominieren, ist längst nicht sicher, was da einst von Nord nach Süd gelangte: Waren es die Menschen, die sich auf den Weg machten, oder war es lediglich die nördliche Kultur, die von der ortsansässigen Bevölkerung im Süden angenommen und weiter gereicht wurde? Die Streitfrage, demische oder kulturelle Diffusion, konnte in Europa durch genetische Analysen weit gehend geklärt werden: Die meisten Anthropologen sind davon überzeugt, dass zur Zeit der neolithischen Revolution Einwanderer aus dem Süden in den europäischen Kontinent eindrangen – mit Ackerbau und Viehzucht im Gepäck.
Die Hypothese der demischen Diffusion bestätigte sich – zumindest zum Teil: Das Erbgut auf dem männlichen Y-Chromosom war bei Nord- und Süd-Han auffallend ähnlich. Das spricht eindeutig dafür, dass die männlichen Vorfahren der Süd-Han aus dem Norden stammen.
Ein anderes Bild ergab sich allerdings, als die Forscher die mitochondriale DNA für ihren Vergleich heranzogen. Mitochondrien, die "Kraftwerke der Zellen", werden fast ausschließlich über die weibliche Eizelle an die Nachkommen weitergegeben. Und hier offenbarten sich deutliche Unterschiede zwischen Nord- und Südbevölkerung. Für Chinas Frauen trifft demnach eher das Modell der kulturellen Diffusion zu.
Damit fanden die Einwanderungswellen, von denen drei historisch überliefert sind, wohl tatsächlich statt: Während der Westlichen Jin-Dynastie (256 – 420 n. Chr.) erreichten vermutlich fast eine Million Menschen Südchina – und damit ein Sechstel der damals hier ansässigen Bevölkerung. Eine zweite, noch größere Einwanderungswelle fand während der Tang-Dynastie (618 – 907) statt, und während der Südlichen Song-Dynastie (1127 – 1279) verließen noch einmal etwa fünf Millionen Menschen den Norden. Nur – es waren hauptsächlich Männer, die sich auf Wanderschaft begaben; die Frauen blieben daheim.
Der Ursprung der Han verliert sich im Dunkel; der Überlieferung nach stammen sie von den Huaxia in Nordchina ab und drangen nach und nach in den Süden des Landes vor. In der Zeit der namensgebenden Han-Dynastie (206 v. Chr. – 220 n. Chr.) konsolidierte sich das chinesische Kaiserreich und betrat damit die Bühne der Weltgeschichte.
Wenngleich auch Sprachen und Schrift der Han heute ganz China dominieren, ist längst nicht sicher, was da einst von Nord nach Süd gelangte: Waren es die Menschen, die sich auf den Weg machten, oder war es lediglich die nördliche Kultur, die von der ortsansässigen Bevölkerung im Süden angenommen und weiter gereicht wurde? Die Streitfrage, demische oder kulturelle Diffusion, konnte in Europa durch genetische Analysen weit gehend geklärt werden: Die meisten Anthropologen sind davon überzeugt, dass zur Zeit der neolithischen Revolution Einwanderer aus dem Süden in den europäischen Kontinent eindrangen – mit Ackerbau und Viehzucht im Gepäck.
Li Jin und seine Kollegen von der Fudan-Universität in Schanghai versuchte nun, die Frage für seine chinesische Heimat ebenfalls mit genetischen Methoden zu klären. Die Wissenschaftler, denen genetische Proben aus fast allen Provinzen des "Reichs der Mitte" zur Verfügung standen, machten sich die Tatsache zu Nutze, dass sich die Han in eine nördliche und eine südliche Gruppe unterteilen, die durch den Fluss Jangtse getrennt werden. Damit konnten sie die südlichen Han einerseits mit ihren nördliche Brüdern und Schwestern, andererseits mit anderen Völkern Südchinas vergleichen.
Die Hypothese der demischen Diffusion bestätigte sich – zumindest zum Teil: Das Erbgut auf dem männlichen Y-Chromosom war bei Nord- und Süd-Han auffallend ähnlich. Das spricht eindeutig dafür, dass die männlichen Vorfahren der Süd-Han aus dem Norden stammen.
Ein anderes Bild ergab sich allerdings, als die Forscher die mitochondriale DNA für ihren Vergleich heranzogen. Mitochondrien, die "Kraftwerke der Zellen", werden fast ausschließlich über die weibliche Eizelle an die Nachkommen weitergegeben. Und hier offenbarten sich deutliche Unterschiede zwischen Nord- und Südbevölkerung. Für Chinas Frauen trifft demnach eher das Modell der kulturellen Diffusion zu.
Damit fanden die Einwanderungswellen, von denen drei historisch überliefert sind, wohl tatsächlich statt: Während der Westlichen Jin-Dynastie (256 – 420 n. Chr.) erreichten vermutlich fast eine Million Menschen Südchina – und damit ein Sechstel der damals hier ansässigen Bevölkerung. Eine zweite, noch größere Einwanderungswelle fand während der Tang-Dynastie (618 – 907) statt, und während der Südlichen Song-Dynastie (1127 – 1279) verließen noch einmal etwa fünf Millionen Menschen den Norden. Nur – es waren hauptsächlich Männer, die sich auf Wanderschaft begaben; die Frauen blieben daheim.
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