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Phasenübergänge: Superlaser erzeugt exotischen Eiskristall

Wassereis kommt in Dutzenden Varianten vor, viele von ihnen haben ungewöhnliche Eigenschaften. Nun haben Forscher beobachtet, wie eine besonders skurrile Form entsteht.
Eiskristall an einer Scheibe, alles in Blautönen.

Eis ist nicht gleich Eis. Chemiker unterscheiden mehr als ein Dutzend Phasen von gefrorenem Wasser, die sich durch ihre Kristallstruktur unterscheiden und jeweils bei unterschiedlichen Drücken und Temperaturen auftreten. Auf der Erde kommt fast ausschließlich die erste Phase vor, Experten sprechen von Eis-Ih oder "hexagonalem" Eis. Bei ihm ordnen sich die Sauerstoffatome in Sechsecken an, die von Wasserstoffbrücken zusammengehalten werden.

Die meisten anderen Phasen treten dagegen nur unter extremen Umweltbedingungen auf, die aber beispielsweise unter der Kruste von Eismonden im äußeren Sonnensystem vorherrschen könnten. Eis-III entsteht etwa, wenn man gefrorenes Wasser auf minus 23 Grad Celsius abkühlt und unter 3000-fachen Atmosphärendruck setzt. Dafür werden Materialforscher mit einer tetragonalen Kristallstruktur belohnt. Ähnlich skurril ist das ferroelektrische Eis-XI, das bei Atmosphärendruck vorliegen kann, dafür aber knackige minus 201 Grad Celsius benötigt.

Viele Eigenschaften exotischer Eisphasen sind noch unerforscht. Beispielsweise verstehen Forscher bisher nicht wirklich, wie sich einzelne Moleküle bei einem Übergang von einer Struktur zur anderen bewegen. Mit Blick auf diese Frage haben Materialwissenschaftler um Arianna Gleason vom Los Alamos National Laboratory in New Mexico nun Fortschritte gemacht: Mit einem Laser komprimierten sie Wasser so stark, dass es sich binnen sechs milliardstel Sekunden in Eis-VII verwandelte. Diese Variante bleibt noch bei 100 Grad Celsius gefroren, ein entsprechend großer Außendruck vorausgesetzt.

Die Forscher nutzten für ihr Experiment die Laserquelle LCLS am kalifornischen Stanford Linear Accelerator Center, sie zählt zu den stärksten Röntgenlasern der Welt. Das Team richtete einen Strahl der Anlage auf ein wenige Millimeter großes Kästchen mit Wasser. Der Laserpuls vaporisierte dabei ein auf der Innenseite befestigtes Diamantplättchen. Die schlagartig freigesetzte Hitze drückte das Wasser mit dem 50 000-Fachen des Atmosphärendrucks zusammen und regte dadurch den Phasenübergang zu Eis-VII an, berichtet das Team im Fachmagazin "Physical Review Letters".

Ein zweiter Laserstrahl verriet den Forschern, wie genau sich die Kristallstruktur formte. Seine extrem kurzen Pulse wurden von der Probe reflektiert und von Detektoren aufgefangen, wodurch gewissermaßen ein rudimentärer Film der Reaktion entstand. "In unserem Experiment konnten wir erstmals verfolgen, wie sich die Struktur von Eis in Echtzeit verändert", zitiert eine Mitteilung der Stanford University einen der beteiligten Forscher. Demnach lief der exotische Strukturwandel anders als erwartet ab: Die Wassermoleküle ordneten sich währenddessen nicht etwa sphärisch an, wie von der Theorie vorhergesagt, sondern in Form länglicher Stäbe.

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