Superregeneration: Meeresschnecke trennt ihren ganzen Körper ab
Meeresschnecken der Gattung Elysia sind schon lange als Sonderlinge bekannt: Sie können nämlich Chloroplasten aus den Algen, die sie fressen, in ihre eigenen Zellen einbauen. Das verleiht ihnen nicht nur eine hübsche grüne oder braune Farbe, sondern auch die Fähigkeit, ein bisschen Fotosynthese zu treiben. Per Zufall ist eine japanische Biologin nun auf ein weiteres merkwürdiges Phänomen gestoßen: Die zu den Schlundsackschnecken gehörenden Weichtiere können ihren gesamten Körper, inklusive des Herzens und aller inneren Organe, abwerfen. Der Kopf überlebt und beginnt sofort damit, einen neuen Körper zu regenerieren.
Das berichtet Sayaka Mitoh von der Frauenuniversität Nara mit ihrem Kollegen Yoichi Yusa im Fachmagazin »Current Biology«. Eines Morgens habe sie eine ihrer im Labor aufgezogenen Schnecken in zwei Teile geteilt vorgefunden. Der Kopf bewegte sich weiter und setze bald darauf sogar zu fressen an. Ihr Team beobachtete das Verhalten anschließend noch bei weiteren Schnecken in ihrem Labor.
Nach einem Tag sei die Wunde am Kopf verschlossen, binnen sieben Tagen beginne die Regeneration des Herzens, und nach gut 20 Tagen sei der Körper vollständig nachgewachsen, schreiben Mitoh und Yusa in ihrem Beitrag. Sie vermuten, dass die eingelagerten Chloroplasten die Energie liefern, die der Kopf zum Überleben braucht. Der Trick gelang allerdings nur jüngeren Schnecken. Ältere warfen zwar auch ihren Körper ab, regenerierten jedoch keinen neuen Körper.
Eine Art quer über den Rücken verlaufende Sollbruchstelle erlaubt den Tieren die Trennung von Kopf und Rumpf. Mitoh und Yusa vermuten, dass die Schnecke ihren Körper abwirft, um Parasiten loszuwerden.
Sie beobachteten das Verhalten bei 5 von 15 im Labor aufgezogenen Schnecken, die sie dem Artkomplex Elysia cf. marginata zuweisen, und bei 3 von 82 wild gesammelten Schnecken Elysia atroviridis. Letztere regenerierten ihre Körper sogar schon innerhalb nur einer Woche.
Ohne Kopf bleibt der Rumpf noch überraschend lange am Leben: Über Wochen oder gar Monate bewege er sich und reagiere auf Berührungen. Bis er schließlich, geschrumpft und verblasst, absterbe, schreiben die beiden Forscher. In keinem der Fälle beobachteten sie, dass ein abgetrennter Körper einen neuen Kopf entwickelte.
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