Walstrandung: Sylter Pottwal erstickte wohl am eigenen Gewicht

Der tot vor Sylt geborgene Pottwal ist vermutlich an seinem eigenen Gewicht erstickt. Davon gehe man derzeit aus, sagte Joseph Schnitzler, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung (ITAW) in Büsum der Deutschen Presseagentur. Demnach geriet der Pottwal in der flachen Nordsee in eine Falle. Die Tiere seien darauf ausgelegt, sich in Gewässern mit ausreichender Tiefe zu bewegen. Wenn ein Pottwal auf Grund liege, werde er von seinem eigenen Körpergewicht erdrückt. Tidengewässer mit ihrer geringen Tiefe und schwankenden Wasserständen seien Phänomene, die sie nicht kennen. Warum sich der junge Walbulle in die relativ flache Nordsee verirrt hat, können die Experten des Instituts aktuell nicht sagen. Allerdings schwimmen immer wieder Pottwale in die Deutsche Bucht. Die südliche Nordsee gilt deswegen als Todesfalle für die Meeressäuger.
Verirren sich die Tiere in die flache Nordsee, stranden sie oft – so wie 2016, als 30 Pottwale hier verunglückten, davon zwölf im deutschen Wattenmeer. Hinweise auf Krankheiten oder Schwächungen fanden die Forscher damals nicht. Die Forscher, die die toten Wale 2016 untersuchten, gehen davon aus, dass es nicht nur einen Grund für die Strandungen gab. Es gebe verschiedene Hypothesen, warum Wale sich in der Nordsee verirren, sagt auch Schnitzler. Dazu gehören etwa der Klimawandel, gestörte Magnetfelder und der Schiffsverkehr.
Aber die Strandungen haben nicht zwangsläufig eine menschengemachte Ursache. Im Gegenteil, schon vor mehr als 1000 Jahren beobachteten Mönche das Phänomen. Ein möglicher Grund ist, dass die Tiere in flachen Gewässern die Orientierung verlieren. Geraten die Wale in die flacheren Randbereiche der Nordsee, funktioniert ihr Ortungssystem nicht mehr so gut. Besonders Pottwale tauchen sonst bis zu 2000 Meter tief und orientieren sich mit einem Echolot-System, das eigentlich auf die Tiefsee ausgelegt ist. Geraten die Tiere auf Grund, können sie sich meist nicht selbst befreien, insbesondere wenn die Gezeiten den Wasserspiegel sinken lassen. Die Tiere atmen zwar Luft, doch wenn sie nicht mehr von Wasser bedeckt sind, drückt ihr eigenes Gewicht Lunge und innere Organe zusammen.
Doch selbst wenn die Todesursache feststeht, gehen die Untersuchungen in Büsum weiter. Die Wissenschaftler haben viele Proben genommen, die weiter analysiert werden. »Wir freuen uns auf die Resultate«, sagte Schnitzler. Auch weil man sehr wenig über junge, männliche Pottwale wisse. Die Forscher hoffen etwa, durch genetische Tests etwas über die Herkunft des Tiers herauszufinden. Zudem soll ein toxikologisches Profil erstellt werden. Im Fettgewebe von Walen sind etwa Chemikalien und andere Schadstoffe teilweise sehr lange nachweisbar. (dpa/lf)
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.