Anthropologie: Tanz zeigt kulturell verschiedene Raumwahrnehmung
Während Menschen europäischer Herkunft den sie umgebenden Raum bevorzugt mit den Begriffen "rechts", "links", "vorne" und "hinten" beschreiben, ist in einigen anderen Kulturen ein absolutes Koordinatensystem verbreitet: Jederzeit und ungeachtet der Größenordnung verwenden diese Menschen die Bezeichnungen für "Norden", "Süden", "Osten" und "Westen", wenn sie von räumlichen Beziehungen sprechen. Mit einem Tanzexperiment haben jetzt Forscher um Daniel Haun vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig gezeigt, dass dies auch für Bewegungen des eigenen Körpers gilt.
Gemeinsam mit seinem Kollegen Christian Rapold vom Max-Planck-Institut für Psycholinguistik im niederländischen Nijmegen verglich Haun Kinder zweier Kulturen miteinander, die räumliche Beziehungen auf eine der beiden Arten ausdrücken: Deutsche mit ihrem "egozentrischen" Rechts-links-System und die Hai||om, eine Gruppe von teilweise nomadisch lebenden Jägern und Sammlern aus dem nördlichen Namibia. Sie verwenden vorzugsweise das "allozentrische" System der Himmelsrichtungen.
Da Informationen darüber, wo sich unsere eigenen Hände und Füße befinden, im Gehirn stark "egozentrisch" verarbeitet werden, könnte man erwarten, dass sich alle Menschen auf ähnliche Art und Weise an Körperbewegungen erinnern. Die neue Studie zeigt nun, dass diese Annahme falsch ist.
Die Forscher brachten dazu den Kindern einen kurzen Tanz bei, bei dem sie ihre ineinander verschlungenen Hände in der Abfolge "rechts-links-rechts-rechts" (RLRR) von einer Seite des Körpers zur anderen bewegten. Anschließend wurden die Teilnehmer 180 Grad um ihre eigene Achse gedreht und gebeten, den Tanz zu wiederholen. Danach tanzten sie ein drittes Mal wieder entsprechend ihrer ursprünglichen Ausrichtung. Wenn die Teilnehmer den RLRR-Tanz in egozentrischen Koordinaten speichern, sollten sie sowohl nach der ersten als auch nach der zweiten Drehung eine RLRR-Abfolge produzieren.
Würden die Teilnehmer den RLRR-Tanz stattdessen in allozentrischen Koordinaten speichern, sollten sie nach der ersten Drehung eine spiegelbildliche LRLL-Abfolge und nach der zweiten Drehung die ursprüngliche RLRR-Abfolge produzieren. Während fast alle deutschen Kinder eine körperzentrierte Abfolge wählten, merkten sich die meisten Hai||om-Kinder die Bewegungen ihrer Gliedmaßen im Bezug auf ihre Umgebung. Anders ausgedrückt: Ihre Arme bewegen sich nicht nach rechts, sondern nach Westen.
Aus ähnlichen Versuchen, bei denen Probanden vor ihnen liegende Gegenstände nach einer 180-Grad-Drehung in gleicher Weise anordnen müssen, wissen Forscher bereits seit Langem von den Unterschieden in der Art der Raumwahrnehmung. Dies schlägt sich meist auch in den jeweiligen Sprachen nieder, in denen räumliche Angaben "Der Löffel befindet sich nördlich der Schüssel" oder "Da ist eine Schlange bei deinem nördlichen Bein" lauten. (mpg/jd)
Gemeinsam mit seinem Kollegen Christian Rapold vom Max-Planck-Institut für Psycholinguistik im niederländischen Nijmegen verglich Haun Kinder zweier Kulturen miteinander, die räumliche Beziehungen auf eine der beiden Arten ausdrücken: Deutsche mit ihrem "egozentrischen" Rechts-links-System und die Hai||om, eine Gruppe von teilweise nomadisch lebenden Jägern und Sammlern aus dem nördlichen Namibia. Sie verwenden vorzugsweise das "allozentrische" System der Himmelsrichtungen.
Da Informationen darüber, wo sich unsere eigenen Hände und Füße befinden, im Gehirn stark "egozentrisch" verarbeitet werden, könnte man erwarten, dass sich alle Menschen auf ähnliche Art und Weise an Körperbewegungen erinnern. Die neue Studie zeigt nun, dass diese Annahme falsch ist.
Die Forscher brachten dazu den Kindern einen kurzen Tanz bei, bei dem sie ihre ineinander verschlungenen Hände in der Abfolge "rechts-links-rechts-rechts" (RLRR) von einer Seite des Körpers zur anderen bewegten. Anschließend wurden die Teilnehmer 180 Grad um ihre eigene Achse gedreht und gebeten, den Tanz zu wiederholen. Danach tanzten sie ein drittes Mal wieder entsprechend ihrer ursprünglichen Ausrichtung. Wenn die Teilnehmer den RLRR-Tanz in egozentrischen Koordinaten speichern, sollten sie sowohl nach der ersten als auch nach der zweiten Drehung eine RLRR-Abfolge produzieren.
Würden die Teilnehmer den RLRR-Tanz stattdessen in allozentrischen Koordinaten speichern, sollten sie nach der ersten Drehung eine spiegelbildliche LRLL-Abfolge und nach der zweiten Drehung die ursprüngliche RLRR-Abfolge produzieren. Während fast alle deutschen Kinder eine körperzentrierte Abfolge wählten, merkten sich die meisten Hai||om-Kinder die Bewegungen ihrer Gliedmaßen im Bezug auf ihre Umgebung. Anders ausgedrückt: Ihre Arme bewegen sich nicht nach rechts, sondern nach Westen.
Aus ähnlichen Versuchen, bei denen Probanden vor ihnen liegende Gegenstände nach einer 180-Grad-Drehung in gleicher Weise anordnen müssen, wissen Forscher bereits seit Langem von den Unterschieden in der Art der Raumwahrnehmung. Dies schlägt sich meist auch in den jeweiligen Sprachen nieder, in denen räumliche Angaben "Der Löffel befindet sich nördlich der Schüssel" oder "Da ist eine Schlange bei deinem nördlichen Bein" lauten. (mpg/jd)
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