Genetik: Taufliegen untermauern genetische Basis für Restless-Legs-Syndrom
Das Drama beginnt meist gegen Abend: Kribbelnde und zuckende Beine, der Drang umherzugehen, gestörter Schlaf – Anzeichen für das Restless-Legs-Syndrom (RLS). Bis zu zehn Prozent der Bevölkerung leiden daran, schätzen Wissenschaftler. Was die Symptome auslöst, ist allerdings noch unklar. Inzwischen sind verschiedene Gene als Verursacher im Gespräch, darunter auch BTBD9 auf Chromosom 6, das in weiten Bereichen des Nervensystems abgelesen wird. Taufliegen, bei denen das entsprechende Gen gezielt ausgeschaltet wurde, tragen nun dazu bei, einige dieser Rätsel zu lösen.
Forscher um Subhabrata Sanyal von der Emory University wählten Taufliegen als Versuchsorganismen, weil sie eine dem menschlichen BTBD9 sehr ähnliche Genversion besitzen. Als sie mittels Mutationen das Fliegengen funktionslos machten, zeigten die Tiere dieselben Symptome wie Menschen mit RLS: Sie schliefen zwar insgesamt genauso viel wie ihre unveränderten Artgenossen, doch waren die einzelnen Schlafphasen kürzer, die Fliegen wachten häufiger auf und wanderten mehr umher – weshalb die Mutationen den Namen "wanderlust" bekamen.
Weiterhin stellten die Wissenschaftler fest, dass die Dopaminkonzentrationen im Gehirn der veränderten Taufliegen auf die Hälfte reduziert waren: Demnach spiele dBTBD9 wohl eine entscheidende Rolle bei der Biosynthese des Botenstoffs, erklären Sanyal und Co. Als sie den Tieren das Medikament Pramipexol verabreichten, das auch in der Parkinsonbehandlung und gegen RLS eingesetzt wird, besserten sich die Symptome deutlich.
Neben Dopaminmangel wird bei RLS auch eine Störung des Eisenstoffwechsels vermutet. An menschlichen Zelllinien konnten die Forscher nun bestätigen, dass auch hier BTBD9 eine wichtige Rolle spielt: In Zellen, in denen das Gen übermäßig abgelesen wurde, stieg auch die Menge an Ferritin an, das als Eisenspeicher dient. Experimente zeigten, dass BTBD9 das Protein IRP2 (iron regulatory protein-2) reguliert, das seinerseits die Bildung von Ferritin steuert.
Taufliegen könnten sich daher einmal mehr als Modellorganismus für eine Krankheit beim Menschen erweisen – sofern sich die Ergebnisse in weiteren Studien als übertragbar bestätigen, schränken die Forscher ein. Darüber hinaus seien damit nicht alle Fälle vom Restless-Legs-Syndrom abgedeckt: Die bei vielen erfolgreiche Therapie mit Pramipexol schlage bei anderen nicht an oder zeige massive Nebenwirkungen. Womöglich liege hier die Krankheitsursache also woanders.
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