News: Teilchen im Zwiespalt
Die Welt der Quantenmechanik ist alles andere als anschaulich, widersprechen doch viele Vorgänge so ganz und gar unserer alltäglichen Erfahrung. Doch die Grenze zwischen den Welten beginnt zu verwischen.
Teilchen müssen sich entscheiden: Entweder sie verhalten sich klassisch, das heißt so, wie wir es gewohnt sind; selbst ein winziges Objekt ist dann von massiver Natur und folgt den Gesetzen der Physik, wie sie auch im Großen gelten. Oder aber die Teilchen weisen quantenmechanische Natur auf. Wahrscheinlichkeiten treten hier an die Stelle konkreter Orts- und Geschwindigkeitsangaben. Objekte verlieren ihre Konturen und können an mehreren Ort gleichzeitig sein, mit sich selbst wechselwirken und durch Hindernisse hindurchtunneln.
Wahrlich keine leichte Kost, mit der die Quantenmechanik unsere Hirne strapaziert. Deshalb ist es hilfreich, an einem geeigneten Experiment dem Phänomen auf den Grund zu gehen. Das Standardexperiment für die wankelmütige Gesinnung von Teilchen ist sicherlich das Doppelspaltexperiment. Lässt sich doch hieran sowohl die Wellennatur wie auch die Teilchennatur winziger Objekte erfahren.
Nehmen wir ein Elektron, schicken dieses durch den Doppelspalt und detektieren es – zumindest gedanklich – in einigem Abstand von den Schlitzen mit einem fluoreszierenden Leuchtschirm. Ein einzelner Lichtpunkt würde auf dem Schirm erscheinen, wenn denn ein einzelnes Elektron ausreichen würde, das Material entsprechend anzuregen. Ein zweites Elektron soll dem ersten folgen. Das gleiche Bild – nur, dass nun ein Punkt an einer anderen Stelle leuchtet. Aber zweifelsfrei ein Punkt. Das lässt sich prinzipiell beliebig wiederholen und mit empfindlichen Detektoren könnte man tatsächlich immer genau ein Elektron irgendwo auf der Schirmfläche nachweisen. Das Elektron ist also ein Teilchen.
Jetzt führen wir das gleiche Experiment mit einem kontinuierlichen Elektronenstrahl durch. Und siehe da: Auf dem Schirm sind nun nicht mehr einzelne Punkte zu erkennen, sondern ein Muster aus hellen und dunklen parallelen Streifen. Wer solche Bilder aus der Optik kennt, weiß sofort: Hier handelt es sich um Interferenz, ein Effekt der Wellenatur. Die Elektronen verhalten sich also wie Wellen.
Um die Verwirrung komplett zu machen, noch einmal zurück zum ersten Experiment: Nun jedoch sollen die Leuchtpunkte nicht verlöschen, sondern auf dem Schirm verbleiben – mit entsprechenden Detektoren und einem Computer, der die Einzelmessungen zu einem langen Experiment kombiniert, ist das problemlos möglich. Auch hier erscheinen nun nacheinander die Punkte auf dem Schirm, doch wenn man lange genug wartet, dann baut sich aus den Einzelpunkten das Interferenzbild auf, das wir aus dem zweiten Versuch kennen. Damit wäre also gezeigt, dass Elektronen gleichzeitig Teilchen- und Wellencharakter besitzen, also ein typisches quantenmechanisches Teilchen darstellen.
Mittlerweile machen Wissenschaftler derartige Experimente nicht mehr nur mit Elektronen, Photonen oder anderen Elementarteilchen, kurzum Objekten, die unvorstellbar kleine Ausmaße besitzen. Vielmehr haben die Versuchsobjekte schon fast anschauliche Größe. So schickten Forscher der Universität Wien um Anton Zeilinger schon vor einigen Jahren Fullerene – das sind ballförmige Kohlenstoffmoleküle – durch den Doppelspalt. Mit etwa einem Nanometer Durchmesser sind diese Moleküle immerhin schon fast so groß wie ein kleines Virus. Auch hier zeigte sich das Interferenzmuster.
Nun wiederholten die Forscher die Experimente mit einem Beugungsgitter, dass prinzipiell ganz ähnliche Interferenzmuster aufweist wie ein Doppelspalt. Doch es gab noch eine Änderung: Bevor der Teilchenstrahl auf das Gitter traf, wurde ihm mit Laserlicht ordentlich eingeheizt. Temperaturen zwischen 1000 und 5000 Kelvin stellten Lucia Hackermüller und ihre Kollegen ein. Anschließend detektierten sie auf der anderen Seite des Gitters die Position der Teilchen – ganz so wie bei den Elektronen auf dem Leuchtschirm.
Bei Temperaturen um 1000 Kelvin war alles wie gewohnt: Auf dem Schirm zeigte sich ein Interferenzmuster, das die Wellennatur der Fullerene widerspiegelte. Bei höheren Temperaturen verschwand jedoch dieses Muster zusehends und machte dem Bild Platz, das klassisch zu erwarten ist, wenn massebehaftete Teilchen auf ein gitterartiges Hindernis prallen. Was war geschehen?
Das Versuchsergebnis fällt nicht aus dem Himmel, schon die Theorie sagt voraus, dass die quantenmechanische Interferenz zerfällt, wenn die Teilchen zu "heiß" sind. Physiker sprechen hier auch von Dekohärenz. Man darf sich das ungefähr wie folgt vorstellen: Die heißen Teilchen emittieren Wärmestrahlung, anhand derer sie prinzipiell zu orten sind. Es ließe sich also feststellen, welchen Spalt in dem Gitter ein bestimmtes Fulleren passiert. Das jedoch ist eine Messung, die das quantenmechanische Experiment sofort zerstört. Ganz ähnlich Schrödingers Katze, deren Gesundheitszustand genau in dem Augenblick festgelegt wird, in dem jemand in den Kasten schaut und prüft, ob die Katze noch lebt.
Die Wissenschaftler hoffen nun in weiteren Experimenten, die Grenzen zwischen Quantenmechanik und klassischer Physik noch weiter zu verschieben und noch größere Objekte durch das Beugungsgitter zu zwängen. Vielleicht wird die Quantenmechanik durch solche Experimente eines Tages fassbarer, und die gedankliche Kluft zwischen Mikrokosmos und Alltagswelt schwindet.
Wahrlich keine leichte Kost, mit der die Quantenmechanik unsere Hirne strapaziert. Deshalb ist es hilfreich, an einem geeigneten Experiment dem Phänomen auf den Grund zu gehen. Das Standardexperiment für die wankelmütige Gesinnung von Teilchen ist sicherlich das Doppelspaltexperiment. Lässt sich doch hieran sowohl die Wellennatur wie auch die Teilchennatur winziger Objekte erfahren.
Nehmen wir ein Elektron, schicken dieses durch den Doppelspalt und detektieren es – zumindest gedanklich – in einigem Abstand von den Schlitzen mit einem fluoreszierenden Leuchtschirm. Ein einzelner Lichtpunkt würde auf dem Schirm erscheinen, wenn denn ein einzelnes Elektron ausreichen würde, das Material entsprechend anzuregen. Ein zweites Elektron soll dem ersten folgen. Das gleiche Bild – nur, dass nun ein Punkt an einer anderen Stelle leuchtet. Aber zweifelsfrei ein Punkt. Das lässt sich prinzipiell beliebig wiederholen und mit empfindlichen Detektoren könnte man tatsächlich immer genau ein Elektron irgendwo auf der Schirmfläche nachweisen. Das Elektron ist also ein Teilchen.
Jetzt führen wir das gleiche Experiment mit einem kontinuierlichen Elektronenstrahl durch. Und siehe da: Auf dem Schirm sind nun nicht mehr einzelne Punkte zu erkennen, sondern ein Muster aus hellen und dunklen parallelen Streifen. Wer solche Bilder aus der Optik kennt, weiß sofort: Hier handelt es sich um Interferenz, ein Effekt der Wellenatur. Die Elektronen verhalten sich also wie Wellen.
Um die Verwirrung komplett zu machen, noch einmal zurück zum ersten Experiment: Nun jedoch sollen die Leuchtpunkte nicht verlöschen, sondern auf dem Schirm verbleiben – mit entsprechenden Detektoren und einem Computer, der die Einzelmessungen zu einem langen Experiment kombiniert, ist das problemlos möglich. Auch hier erscheinen nun nacheinander die Punkte auf dem Schirm, doch wenn man lange genug wartet, dann baut sich aus den Einzelpunkten das Interferenzbild auf, das wir aus dem zweiten Versuch kennen. Damit wäre also gezeigt, dass Elektronen gleichzeitig Teilchen- und Wellencharakter besitzen, also ein typisches quantenmechanisches Teilchen darstellen.
Mittlerweile machen Wissenschaftler derartige Experimente nicht mehr nur mit Elektronen, Photonen oder anderen Elementarteilchen, kurzum Objekten, die unvorstellbar kleine Ausmaße besitzen. Vielmehr haben die Versuchsobjekte schon fast anschauliche Größe. So schickten Forscher der Universität Wien um Anton Zeilinger schon vor einigen Jahren Fullerene – das sind ballförmige Kohlenstoffmoleküle – durch den Doppelspalt. Mit etwa einem Nanometer Durchmesser sind diese Moleküle immerhin schon fast so groß wie ein kleines Virus. Auch hier zeigte sich das Interferenzmuster.
Nun wiederholten die Forscher die Experimente mit einem Beugungsgitter, dass prinzipiell ganz ähnliche Interferenzmuster aufweist wie ein Doppelspalt. Doch es gab noch eine Änderung: Bevor der Teilchenstrahl auf das Gitter traf, wurde ihm mit Laserlicht ordentlich eingeheizt. Temperaturen zwischen 1000 und 5000 Kelvin stellten Lucia Hackermüller und ihre Kollegen ein. Anschließend detektierten sie auf der anderen Seite des Gitters die Position der Teilchen – ganz so wie bei den Elektronen auf dem Leuchtschirm.
Bei Temperaturen um 1000 Kelvin war alles wie gewohnt: Auf dem Schirm zeigte sich ein Interferenzmuster, das die Wellennatur der Fullerene widerspiegelte. Bei höheren Temperaturen verschwand jedoch dieses Muster zusehends und machte dem Bild Platz, das klassisch zu erwarten ist, wenn massebehaftete Teilchen auf ein gitterartiges Hindernis prallen. Was war geschehen?
Das Versuchsergebnis fällt nicht aus dem Himmel, schon die Theorie sagt voraus, dass die quantenmechanische Interferenz zerfällt, wenn die Teilchen zu "heiß" sind. Physiker sprechen hier auch von Dekohärenz. Man darf sich das ungefähr wie folgt vorstellen: Die heißen Teilchen emittieren Wärmestrahlung, anhand derer sie prinzipiell zu orten sind. Es ließe sich also feststellen, welchen Spalt in dem Gitter ein bestimmtes Fulleren passiert. Das jedoch ist eine Messung, die das quantenmechanische Experiment sofort zerstört. Ganz ähnlich Schrödingers Katze, deren Gesundheitszustand genau in dem Augenblick festgelegt wird, in dem jemand in den Kasten schaut und prüft, ob die Katze noch lebt.
Die Wissenschaftler hoffen nun in weiteren Experimenten, die Grenzen zwischen Quantenmechanik und klassischer Physik noch weiter zu verschieben und noch größere Objekte durch das Beugungsgitter zu zwängen. Vielleicht wird die Quantenmechanik durch solche Experimente eines Tages fassbarer, und die gedankliche Kluft zwischen Mikrokosmos und Alltagswelt schwindet.
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