Selbstwahrnehmung: Teile statt Ganzes
Menschen mit körperdysmorpher Störung bleiben beim Blick in den Spiegel an Details hängen.
Laut Schätzungen leidet ungefähr jeder 100. Deutsche an einer körperdysmorphen Störung (KDS): Die Betroffenen empfinden einen Teil ihres Körpers – oft des Gesichts – als extrem hässlich und leiden unter dem vermeintlichen Makel. Forscher um den Psychiater Jamie Feusner von der University of California in Los Angeles fanden nun heraus, dass die Betroffenen offenbar Schwierigkeiten damit haben, ihr Gesicht als Ganzes wahrzunehmen, und stattdessen an Details hängenbleiben.
Die Wissenschaftler scannten die Gehirne von 17 Patienten mit körperdysmorpher Störung sowie von 16 Gesunden mittels funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT). Die Probanden betrachteten dabei immer abwechselnd ihr eigenes Portrait und ein anderes Gesicht. Die Konterfeis erschienen mal hoch aufgelöst auf dem Bildschirm, mal jedoch in so schlechter Qualität, dass das Gesicht nur schemenhaft, also in "ganzheitlicher" Form erkennbar war.
Ergebnis: Sahen die Patienten ihr eigenes Portrait nur in groben Zügen, waren jene Hirnbereiche, die für das Sehen verantwortlich sind, weniger aktiv als bei gesunden Selbstbetrachtern. Dies galt unter anderem für die primäre Sehrinde – sie ist die erste Instanz bei der Verarbeitung visueller Eindrücke und daher kaum durch Interpretationen beeinflussbar. Dies deutet laut den Forschern darauf hin, dass eine grundlegend gestörte Wahrnehmung für KDS verantwortlich sein könnte.
Sahen die Patienten ihr Gesicht hingegen in normaler Auflösung, regten sich bestimmte Teile des hinter der Stirn gelegenen Frontalhirns sowie der Basalganglien stärker als bei den Kontrollpersonen. Dieses so genannte fronto-striatale System ist unter anderem daran beteiligt, Gefühlsreaktionen zu kontrollieren. Es war umso stärker aktiv, je mehr sich die Probanden von ihrem eigenen Konterfei abgestoßen fühlten. Möglicherweise führen die hier ins Spiel kommenden Ängste und Befürchtungen auf einer späteren Verarbeitungsstufe ebenfalls dazu, dass die Patienten stärker auf vermeintlich hässliche Details achten, statt ihr Gesicht in Gänze wahrzunehmen. (ja)
Feusner, J. et al.:Abnormalities of visual processing and frontostriatal systems in body dysmorphic disorder. In: Archives of General Psychiatry 67(2), S. 197-205, 2010.
Die Wissenschaftler scannten die Gehirne von 17 Patienten mit körperdysmorpher Störung sowie von 16 Gesunden mittels funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT). Die Probanden betrachteten dabei immer abwechselnd ihr eigenes Portrait und ein anderes Gesicht. Die Konterfeis erschienen mal hoch aufgelöst auf dem Bildschirm, mal jedoch in so schlechter Qualität, dass das Gesicht nur schemenhaft, also in "ganzheitlicher" Form erkennbar war.
Ergebnis: Sahen die Patienten ihr eigenes Portrait nur in groben Zügen, waren jene Hirnbereiche, die für das Sehen verantwortlich sind, weniger aktiv als bei gesunden Selbstbetrachtern. Dies galt unter anderem für die primäre Sehrinde – sie ist die erste Instanz bei der Verarbeitung visueller Eindrücke und daher kaum durch Interpretationen beeinflussbar. Dies deutet laut den Forschern darauf hin, dass eine grundlegend gestörte Wahrnehmung für KDS verantwortlich sein könnte.
Sahen die Patienten ihr Gesicht hingegen in normaler Auflösung, regten sich bestimmte Teile des hinter der Stirn gelegenen Frontalhirns sowie der Basalganglien stärker als bei den Kontrollpersonen. Dieses so genannte fronto-striatale System ist unter anderem daran beteiligt, Gefühlsreaktionen zu kontrollieren. Es war umso stärker aktiv, je mehr sich die Probanden von ihrem eigenen Konterfei abgestoßen fühlten. Möglicherweise führen die hier ins Spiel kommenden Ängste und Befürchtungen auf einer späteren Verarbeitungsstufe ebenfalls dazu, dass die Patienten stärker auf vermeintlich hässliche Details achten, statt ihr Gesicht in Gänze wahrzunehmen. (ja)
Feusner, J. et al.:Abnormalities of visual processing and frontostriatal systems in body dysmorphic disorder. In: Archives of General Psychiatry 67(2), S. 197-205, 2010.
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben