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Wissenschaftliches Publizieren: Teststudien neuer Krebsmedikamente oft unzureichend

Klinische Tests, die das Potenzial neuer Krebsmedikamente ermitteln sollen, sind häufig schlecht geplant und werden gelegentlich nicht korrekt durchgeführt, bemängeln Forscher des Memorial Sloan-Kettering Krebszentrums. Die Wissenschaftler haben publizierte Phase-II-Studien aus zwei Jahren nachträglich analysiert. Dabei zeigten sich häufig Mängel bei der Formulierung eines angemessenen Studienziels und in der statistischen Methodik.

Die Forscher um Andrew Vickers wollten herausfinden, warum auffällig viele neue Medikamente, die in der zweiten Phase des üblichen klinischen Bewertungsverfahrens zunächst noch als potenziell wirksam eingestuft wurden, in der anschließenden aufwändigen dritten Testphase durchfallen. Die Ursache dafür liege möglicherweise häufig in einer falschen Bewertung der Wirksamkeit wegen eines schlechten Designs der klinischen Phase-II-Tests, so die Autoren.

In dieser zweiten Testphase werden neue Medikamente an einer kleinen Gruppe von erkrankten Patienten getestet. Um die Wirksamkeit von neuen Medikamenten zu bewerten, muss in den Tests ein medizinisches Ziel formuliert sein – etwa der Rückgang der Größe von Tumoren in den Patienten um einen statistisch messbaren Wert in einem bestimmten Zeitrahmen. Ob dieses Ziel erreicht wurde, erkennen die Mediziner dann am Vergleich der durchschnittlichen Wirksamkeit der schon existierenden Medikamente mit den in der Studie ermittelten Behandlungserfolgen an einer Patientengruppe, die zusätzlich zur Standardtherapie den neuen Medikamentenkandidaten verabreicht bekommen.

Vickers und Kollegen bemängeln nun, dass in 70 Studien von 134 genauer untersuchten veröffentlichten Studien aus den Jahren 2003 bis 2005 nur mangelhaft dokumentiert war, wie die zur Einschätzung entscheidende Basiswirksamkeit der schon existierenden Standardtherapie ermittelt worden war. So war dann zum Beispiel nicht nachzuvollziehen, ob die in früheren Studien ermittelte Wirkung früher an einer Patientengruppe gewonnen worden war, die mit der im aktuellen Test untersuchten Gruppe gar nicht vergleichbar ist. Selbst in den 9 der 70 Studien, die ausreichende Quellen- und Methoden-Angaben zu den verglichenen Standardkohorten notiert hatten, fehlten statistische Methoden, die Unterschiede in der Zusammensetzung der früheren und aktuellen Testgruppen ausgleichen können.

Die Mängel könnten dazu führen, dass die Wirksamkeit einer getesteten Substanz in den Phase-II-Tests überschätzt werde, so die Autoren. Auffällig sei besonders, dass Studien, in denen Quellenangaben zu den darin als Standardwirksamkeit einer Therapie herangezogenen Werte völlig fehlen, deutlich häufiger zu dem Schluss kommen, das getestete neue Medikament rechtfertige einen anschließenden Phase-III-Test. Vickers und Kollegen halten neue Richtlinien für die Definition von Phase-II-Zielen und für die Durchführung der Studien für geboten, um in Zukunft unnötige Folgetests vermeiden zu können, in denen ein zu optimistisch beurteiltes Medikament dann als wirkungslos enttarnt wird. (jo)

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