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News: Theorie der Sangeskunst

Kanarienvögel gelten als Meister ihres Fachs. Doch wie schaffen die kleinen gelben Kerle es, ihr vielseitiges Liedgut laut hinaus zu schmettern. Jetzt gingen Physiker dieses Problem an und reduzierten die Sangeskunst auf zwei Variablen: den Luftdruck im Kehlkopf und die Steifheit der Stimmbänder.
Klein und gelb – so ein Kanarienvogel wirkt zunächst ziemlich unscheinbar. Solange er stumm bleibt. Doch dann geht es los: Laut schmetternd trägt er seine Sangeskunst vor, wechselt plötzlich die Tonlage und überrascht nicht nur mit der Lautstärke, sondern auch der Vielseitigkeit seines Strophenrepertoires. Nicht umsonst müssen viele seiner männlichen Artgenossen ein eher trauriges Dasein hinter Gittern fristen, um einsame Menschen statt angebetene Kanariendamen mit ihrem Gesang zu erfreuen.

Doch Kanarienvögel eignen sich nicht nur als lebende Beschallungsquellen für Mietwohnungen. Auch die Wissenschaft interessiert sich für die kleinen Kerle, dient doch der erlernte Gesang als Modell für den Spracherwerb des Menschen. Und jetzt haben sich sogar Physiker dem Piepmatz gewidmet. Tim Gardner von der Rockefeller University und seine Kollegen wollten wissen, wie der Vogel, der auch auf den Namen Serinus canaris hört, seine Sangeskunst zustande bringt.

Dazu mussten sie zunächst ein paar Nachhilfestunden in Anatomie absolvieren. Die Luftröhre des Vogels erweitert sich an seinem unteren Ende zum unteren Kehlkopf oder Syrinx. Hier münden die beiden Äste der aus der Lunge kommenden Bronchien, und an dieser Mündung sitzen die Stimmbänder. Und genau hier liegt der Ursprung der Gesänge.

Nun versuchten die Physiker diesen Lautapparat mathematisch zu modellieren. Dabei wählten sie zwei Variablen: den Luftdruck in der Syrinx und die Elastizität der Stimmbänder. Und in der Tat reichen diese beiden Variablen aus, um die Vielfalt der erzeugten Töne zu beschreiben: Indem das Kanarienmännchen sowohl den Luftdruck während des Ausatmens verändert, als auch – unabhängig davon – die Muskelspannung an den Stimmbändern variiert, lässt es diese in unterschiedlichen Frequenzen schwingen. Als Ergebnis dieser relativ einfachen Modulationen erklingen betörende Harmonien, bei der jede Kanariendame schwach wird.

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