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News: Therapeutischer Streitfall

Neue Runde im lautstarken Wissenschaftsdisput um adulte Stammzellen: Nachdem die einen gerade ihr Potenzial für zukünftige medizinische Therapien gepriesen haben, halten die anderen sie nun wieder für kaum den Aufwand wert.
Wettbewerbe sind doch etwas Schönes – vor allem, wenn man dabei viel Publikum hat und ein attraktiver Siegerpreis winkt. Ein solcher Wettbewerb ist, von den Medien aufmerksam beäugt, auch zwischen zwei Wissenschaftslagern mit konkurrierenden Auffassungen über adulte Stammzellen ausgebrochen: Das eine Lager glaubt, aus den bewussten Zellen zukünftige Wunderwaffen gegen verschiedene Krankheiten schmieden zu können – ihre Gegner halten diese Hoffnung für überzogen und sehen kaum überwindbare Hürden auf dem Weg zu medizinisch anwendbaren Therapien.

Von beiden Seiten unbestritten ist, dass embryonale Stammzellen zerstörte Zelltypen unterschiedlicher Gewebearten ersetzen könnten. Die Stammzellgewinnung aus Embryonen aber wirft ethische Probleme auf – eine Alternative wäre also hochwillkommen. Darum wären adulte Stammzellen, die unbedenklich aus dem Körper von Patienten selbst gewonnen werden könnten, ein eleganter Ausweg aus dem Dilemma.

Und diese Vision erhielt durchaus fundierten Rückenwind: Neue Erkenntnisse hatten darauf hingedeutet, dass eine lang angenommene Befürchtung offenbar falsch war, nach der adulte Stammzellen nur ein sehr begrenztes Sortiment von Zelltypen nachbilden könnten. Adulte Stammzellen wären demnach letztlich genauso "pluripotent" – und multifunktionell einsetzbar – wie ihre embryonalen Pendants.

Irving Weissman von der Stanford University war dagegen seit längerem entgegengesetzter Meinung: Nur embryonale, nicht aber adulte Stammzellen seien pluripotent und könnten sämtliche zerstörte Gewebetypen nachbilden. Zusammen mit seiner Kollegin Amy Wagners schickte sich Weissman nun an, seine eigene Überzeugung endgültig zu bestätigen oder zu widerlegen: Die Wissenschaftler versuchten, adulte blutzellbildende Stammzellen in Mäusen dazu zu bewegen, ihr eigentlich vorherbestimmtes Entwicklungsschicksal zu ändern und damit ihre Pluripotenz zu beweisen.

Zunächst isolierten die Forscher aus einer Maus adulte Stammzellen, die im Knochenmark normalerweise zu einer Blutzelle heranreifen würden. Um diese Zellen sowie ihre Nachkommen jederzeit identifizieren zu können, integrierten sie auf gentechnischem Wege einen Fluoreszenz-Farbstoff – dessen Leuchten unter dem Mikroskop sie daraufhin deutlich erkennbar machte. Dann injizierten die Wissenschaftler eine einzelne dieser Stammzellen in Mäuse, deren Knochenmark sie zuvor durch Bestrahlung vollkommen zerstört hatte – solche Mäuse können daher eigenständig weder Blut- noch Immunzellen bilden.

Nach einigen Wochen untersuchten die Forscher, welche Zellen der Mäuse aus der jeweils injizierten adulten Stammzelle entstanden waren. Erwartungsgemäß hatte die Zelle, ihrer ursprünglichen Programmierung entsprechend, grün fluoreszierende Blut- und Immunzellen neugebildet. Unter den etwa 15 Millionen Gehirn-, Muskel-, Leber-, Nieren-, Eingeweide- und Lungenzellen der Mäuse fanden sich dagegen nur ganze acht Zellen, die aus dem injizierten Stammzell-Urahn entstanden waren: eine im Gehirn und sieben in der Leber.

Falls also, so schließt Weissman aus seinen Resultaten, adulte Stammzellen überhaupt die Fähigkeit hätten, pluripotent verschiedene Gewebezelletypen zu bilden, so bleibt doch festzustellen: Die Häufigkeit, mit der dies vorkomme, sei so gering, dass diese Fähigkeit kaum für therapeutische Zwecke nutzbar wäre. "Natürlich sollte man die Fähigkeiten adulter Stammzellen weiterhin genau untersuchen", meint dazu seine Kollegin Wagners. Den Enthusiasmus der adulten Stammzellforscher möchte sie etwas aber gebremst sehen: "Vielleicht liefern uns adulte Stammzellen doch nicht die Problemlösung, die wir uns von ihnen versprachen."

Vielleicht. Nach dem Hin und Her der entgegengesetzten Forschungsergebnisse wäre es aber vielleicht auch verfrüht, schon einen Gewinner des Forscher-Meinungsstreits auszurufen. Und darüber hinaus winken ja als Siegerpreis nicht allein Aufmerksamkeit der Medien oder weitere Forschungsgelder, sondern eine wirksame Therapie schwerwiegender Krankheiten. So gesehen gäbe es übrigens im Erfolgsfall auch kaum einen Wettkampf-Verlierer.

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