Atomphysik: Tiefer als tiefst
Superlative steigern kommt selten gut an. Randy Mills tut es trotzdem und erntet folglich für seine Hydrino-Theorie nicht nur Begeisterungsstürme in der Physikergemeinde.
Am Anfang war der Wasserstoff. Auch bei Niels Bohrs Atomtheorie, die er zu Beginn des 20. Jahrhunderts aufstellte. Mutterseelenallein schwirrt ein einziges Elektron – in welcher Gestalt auch immer – um den lediglich aus einem Proton bestehenden Atomkern. Nimmt das Elektron Energie auf, springt es auf entferntere Orbits oder gleich ganz aus der Atomhülle. Andersherum strahlt so ein angeregtes Elementarteilchen beim Fallen auf innere Bahnen Photonen ab – und zwar so lange bis es mit minimaler Energie auf der tiefsten Bahn landet, dem Grundzustand.
Gar nicht nötig, meint Randy Mills, Gründer der US-Chemiefirma Blackwill Light. Den haben überraschende Resultate an Wasserstoff-Plasmen dazu animiert, eine eigene Version der Quantenmechanik zu formulieren, womit er sie, nach eigener Meinung, mit der klassischen Physik versöhnt. Kern seines Werks ist die Hydrino-Theorie.
Danach ist das Elektron keine Wahrscheinlichkeitswolke für einen Partikel, sondern – zweidimensional ausgedehnt – eine Scheibe bewegter Ladung. Und: Der vermeintlich energieärmste Grundzustand sei gar kein Grundzustand, sondern es existierten noch tiefere. Um genau zu sein, gebe es davon nicht weniger als 137.
Mills postuliert, durch Wechselwirkung mit Katalysatoren, wie etwa Kaliumkarbonat, könne das Elektron im H-Atom auf noch tiefere, dem Kern nähere Bahnen rutschen und dabei Energie freisetzen. Das Fehlen von entsprechender Spuren einer solchen Emission unter den klassischen Wasserstoff-Spektrallinien stört ihn indes nicht. Die Elektronen strahlen beim Übergang überhaupt keine Photonen ab, glaubt Mills. Stattdessen trage ein drittes Teilchen, der Katalysator, die Energie davon. Das Phänomen kenne man etwa von Flureszenzlicht und einigen chemischen Reaktionen.
Mehr als sechzig Veröffentlichungen rund um das Hydrino-Kuriosum hat Mills inzwischen unter anderem bei angesehenen Fachmagazinen untergebracht. Dabei versäumte er nicht zu erwähnen, seine Theorie erlaube, alles Mögliche zu erklären – die dunkle Materie, die kalte Kernfusion, ein generalüberholtes Urknallmodell . Und nicht zuletzt könne man anhand der Hydrinos jede Menge Energie gewinnen.
Anderer Ansicht ist Jan Naudts von der Universität Antwerpen [2]. Die Klein-Gordon-Gleichung für relativistische Quantenmechanik erlaube sehr wohl die Existenz von Energieniveaus unterhalb des Grundzustands. Rathke zweifelt jedoch. Naudts Kalkulationen seien ein Indiz für lediglich einen neuen Zustand, wobei der sich mit keinem von Mills 137 hypothetischen Zuständen decke. Bei der Frage, ob es die Hydrinos wirklich gibt, will sich auch Naudt nicht zu weit aus dem Fenster lehnen: "In der Physik entscheidet das Experiment."
Die experimentellen Daten sprechen bislang immerhin dafür, dass Mills tatsächlich irgendetwas seltsames entdeckt hat. Schon mehrmals reproduzierten auch andere Labors seine Resultate, zuletzt eine Arbeitsgruppe der Technischen Universität Eindhoven. Sie alle köchelten Plasmen aus Wasserstoff und diversen atomaren Reaktionspartnern. Die gemessenen Temperaturkurven und Energiebilanzen können sie mit herkömmliche Modellen allein nicht erklären. Daher werden die vermeintlich unausgeloteten Tiefen des Wasserstoffs wohl bis auf Weiteres durch physikalische Diskussionen spuken.
Bis heute ist das Einelektronensystem Wasserstoff das einzige Atom, bei dem sich die Energieniveaus von Elektronen exakt berechnen lassen. Kommen noch mehr der negativ geladenen Teilchen hinzu, wird's kompliziert. Dann muss die Quantenmechanik helfen, die dem Elektron mit Wahrscheinlichkeitsaussagen zu Leibe rückt.
Gar nicht nötig, meint Randy Mills, Gründer der US-Chemiefirma Blackwill Light. Den haben überraschende Resultate an Wasserstoff-Plasmen dazu animiert, eine eigene Version der Quantenmechanik zu formulieren, womit er sie, nach eigener Meinung, mit der klassischen Physik versöhnt. Kern seines Werks ist die Hydrino-Theorie.
Danach ist das Elektron keine Wahrscheinlichkeitswolke für einen Partikel, sondern – zweidimensional ausgedehnt – eine Scheibe bewegter Ladung. Und: Der vermeintlich energieärmste Grundzustand sei gar kein Grundzustand, sondern es existierten noch tiefere. Um genau zu sein, gebe es davon nicht weniger als 137.
Mills postuliert, durch Wechselwirkung mit Katalysatoren, wie etwa Kaliumkarbonat, könne das Elektron im H-Atom auf noch tiefere, dem Kern nähere Bahnen rutschen und dabei Energie freisetzen. Das Fehlen von entsprechender Spuren einer solchen Emission unter den klassischen Wasserstoff-Spektrallinien stört ihn indes nicht. Die Elektronen strahlen beim Übergang überhaupt keine Photonen ab, glaubt Mills. Stattdessen trage ein drittes Teilchen, der Katalysator, die Energie davon. Das Phänomen kenne man etwa von Flureszenzlicht und einigen chemischen Reaktionen.
Mehr als sechzig Veröffentlichungen rund um das Hydrino-Kuriosum hat Mills inzwischen unter anderem bei angesehenen Fachmagazinen untergebracht. Dabei versäumte er nicht zu erwähnen, seine Theorie erlaube, alles Mögliche zu erklären – die dunkle Materie, die kalte Kernfusion, ein generalüberholtes Urknallmodell . Und nicht zuletzt könne man anhand der Hydrinos jede Menge Energie gewinnen.
"Das Ergebnis eines mathematischen Fehlers"
(Andreas Rathke)
Diese vollmundigen Versprechungen erklären wohl die Skepsis, mit der ihm die wissenschaftliche Gemeinde begegnet. Der Quantenmechaniker Andreas Rathke von der Esa machte sich allerdings die Mühe, Mills revolutionäre und angeblich allumfassende Theorie durchzurechnen [1]. "Sie ist das Ergebnis eines mathematischen Fehlers", lautet sein vernichtendes Urteil. Außerdem könne das Formelwerk einige wichtige quantenmechanische Phänomene nicht erklären und – noch entscheidender – aus ihr folge nicht einmal die Existenz von Hydrinos.(Andreas Rathke)
Anderer Ansicht ist Jan Naudts von der Universität Antwerpen [2]. Die Klein-Gordon-Gleichung für relativistische Quantenmechanik erlaube sehr wohl die Existenz von Energieniveaus unterhalb des Grundzustands. Rathke zweifelt jedoch. Naudts Kalkulationen seien ein Indiz für lediglich einen neuen Zustand, wobei der sich mit keinem von Mills 137 hypothetischen Zuständen decke. Bei der Frage, ob es die Hydrinos wirklich gibt, will sich auch Naudt nicht zu weit aus dem Fenster lehnen: "In der Physik entscheidet das Experiment."
Die experimentellen Daten sprechen bislang immerhin dafür, dass Mills tatsächlich irgendetwas seltsames entdeckt hat. Schon mehrmals reproduzierten auch andere Labors seine Resultate, zuletzt eine Arbeitsgruppe der Technischen Universität Eindhoven. Sie alle köchelten Plasmen aus Wasserstoff und diversen atomaren Reaktionspartnern. Die gemessenen Temperaturkurven und Energiebilanzen können sie mit herkömmliche Modellen allein nicht erklären. Daher werden die vermeintlich unausgeloteten Tiefen des Wasserstoffs wohl bis auf Weiteres durch physikalische Diskussionen spuken.
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