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News: Tieropfer in der Bronzezeit

Jeder kennt das: Man findet beim Aufräumen überraschend viele interessante Dinge. Wissenschaftler haben jetzt Tierknochen untersucht, die 50 Jahre lang unbeachtet im Keller eines griechischen Museums lagerten. Dadurch sind sie nun in der Lage, eine seit langem andauernde Kontroverse in der Archäologie beizulegen: Die Tiere wurden offenbar - so wie es schon Homer in der Odyssee beschreibt - verbrannt und so den Göttern geopfert.
Im dritten Buch der Odyssee beschrieb Homer, wie der junge Telemach – der Sohn von Odysseus – auf der Suche nach seinem Vater im Morgengrauen an der Küste von Pylos eintraf. Begleitet von der Göttin Athene erhoffte er sich von König Nestor Auskunft über das Schicksal seines Vaters. Die Einwohner dieser Stadt waren gerade dabei, dem Gott Poseidon 49 schwarze Stiere zu opfern. Sie trennten das Fleisch von den Knochen und verbrannten dann die Oberschenkelknochen auf glühenden Holzscheiten. Seit langem diskutieren Archäologen darüber, ob dieser Brauch bereits in der Bronzezeit in Griechenland bestand oder ob er sich erst später im antiken Hellas entwickelte.

Die Lösung dieser Frage lieferten Tierknochen aus dem so genannten Palast von Nestor, dessen Überreste bei Pylos im Südwesten Griechenlands stehen. Ein Feuer zerstörte den Palast um 1 200 vor Christus. Entdeckt und ausgegraben wurde er schon 1952 von dem amerikanischen Archäologen Carl Blegen. Er fand die Skelettfragmente in einem Anbau des Palastes. Als Carl Blegen 1971 starb, hinterließ er umfangreiches Material und sehr präzise Aufzeichnungen. Seine Nachfolger von der University of Cincinnati entdeckten nun die Kartons mit den Knochen wieder, als sie die Bestände des Museums von Chora ordneten und katalogisierten.

Valasia Isaakidou und Paul Halstead von der University of Sheffield analysierten das Material und stellten am 20. Januar 2001 auf einer Tagung die Ergebnisse vor (Sixth Round Table on Aegean Prehistory, Sheffield). Sie fanden heraus, dass die Knochen der Rinder und Rothirsche vor dem Verbrennen vom Fleisch befreit worden waren, denn sie trugen dafür charakteristische Schnittmarken. "Die Tiere wurden nicht in der Küche zubereitet, dafür sind die Knochen viel zu sehr verkohlt. Es handelt sich hierbei exakt um die gleiche Art von Tieropfern, die schon in der Odyssee beschrieben worden ist", erklärte Halstead.

Man hatte lange nur vermutet, dass schon in der mykenischen Kultur – die im 13. Jahrhundert vor Christus ihre Blütezeit hatte – den Göttern Brandopfer dargebracht wurden. Im späteren, klassischen Griechenland war diese Form der Verehrung weit verbreitet. "Wir wissen nun, dass dieser wichtige Aspekt des religiösen Lebens im antiken Griechenland von einer Periode zur nächsten weitergegeben wurde", sagte Halstead.

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