Direkt zum Inhalt

Tinnitus: Neue Therapie soll störende Ohrgeräusche lindern

Das dauernde Summen und Klingeln im Ohr kann die Lebensqualität stark beeinträchtigen. Eine Kombi-Behandlung aus akustischer und elektrischer Reizung gibt Betroffenen nun Hoffnung.
Frau fasst sich ans Ohr
Tinnitus entsteht wohl im Hirnstamm. Eine neue Kombi-Therapie aus akustischen und elektrischen Reizen soll eine Linderung der störenden Ohrgeräusche verschaffen. (Symbolbild)

Die Ursache von Tinnitus ist wohl eine Überaktivität des dorsalen Cochleakerns (DCN) im Hirnstamm. Dort werden akustische Signale mit anderen Sinnesreizen verrechnet. Das Pfeifen und Klingeln im Ohr ist also keine reine Erkrankung des Hörsystems: Viele Patienten leiden an der so genannten somatischen Form – sie können das störende Geräusch durch Kopf- oder Halsbewegungen verändern. Mit einem neuen Verfahren gelang es Susan Shore von der University of Michigan und ihren Kollegen nun, die Symptome des Hörleidens deutlich zu lindern. »Ich denke, die Studie stellt eine Hoffnung für alle Betroffenen dar«, sagt der Tinnitus-Experte Berthold Langguth von der Universität Regensburg.

Das Team um Shore entwickelte eine »bisensorische« Behandlung: Ein Kopfhörer und zwei Elektroden liefern eine Kombination aus akustischen und elektronischen Reizen und sollen so die Aktivität im DCN mindern. Die genaue Abfolge ist dabei auf den Tinnitus des Patienten individuell abgestimmt. 99 Versuchspersonen mit somatischem Tinnitus bekamen einen Prototyp dieses Geräts für die Behandlung zu Hause. Sechs Wochen lang sollten sie sich täglich für 30 Minuten der Prozedur unterziehen (Phase 1). Probanden aus der Kontrollgruppe befestigten zwar die Elektroden entweder in Ohrnähe oder im Nacken, der elektrische Impuls blieb allerdings aus – sie bekamen also eine rein akustische Behandlung. Da die elektrischen Impulse nicht spürbar sind, wusste keiner der Beteiligten, zu welcher Gruppe er gehörte.

»Nach meiner Einschätzung handelt es sich um ein sehr viel versprechendes Verfahren«Berthold Langguth, Neurologe und Tinnitus-Experte

Nach einer sechswöchigen Pause (Phase 2) tauschten beide Gruppen und es folgten weitere sechs Wochen der Therapie (Phase 3). Schon nach der ersten Phase reduzierte sich der Tinnitus in der Versuchsgruppe nicht nur statistisch, sondern auch klinisch bedeutsam. Er war nach der bisensorischen Therapie im Schnitt nur noch halb so laut wahrnehmbar. Sogar in der Behandlungspause verbesserte sich die Lage weiter. Der Effekt dauerte bis zu 36 Wochen an. »Nach meiner Einschätzung handelt es sich um ein sehr viel versprechendes Verfahren«, sagt Langguth. Shore möchte die neue Methode nun zügig durch die Genehmigungsverfahren und dann auf den Markt bringen.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.