Paläontologie: Todbringende Schädel
Sei besser als die Konkurrenz und werde immer besser, so steht es im Lehrbuch für Erfolg in der Evolution. Säbelzahnkatzen haben beides beherzigt und sind dennoch ausgestorben, weil sie eine andere Regel ignoriert haben: Immer flexibel bleiben!
Wenn Minka sich streckt, räkelt und einrollt und von ihr für ein paar schnurrende Viertelstunden nur noch ihre Schwanzspitze im Sonnenlicht zuckt, dann kann man es leicht vergessen: Die Evolution formte Minka zum perfekten Killer. Die Hauskatze Felis catus tötet, ganz genauso wie ihre größeren Vettern vom Gepard bis zum Löwen, vor allem schnell und effizient. Als Werkzeug dienen ihr die typischen Fangzähne, die sie in einem ebenso kräftigen wie präzisen Tötungsbiss einsetzt: Die dolchartigen Spitzen dringen dabei gezielt zwischen zwei Halswirbel, sprengen sie kraftvoll wie ein Keil auseinander und zerfetzen dabei die Nervenbahnen der Beutetiere – ein schnelles Ende.
Wo andere Raubtiere wie die Hundeartigen sich andere Tricks einfallen lassen müssen – etwa eine hetzende Gemeinschaftskooperation beim Jagen, mitsamt der damit einhergehenden engen Sozialstruktur eines Rudels –, erlaubt der gekonnte Eckzahneinsatz Katzen die energiesparendere Jagdstrategie aus Lauern, Schleichen und Zuschlagen. Im Laufe der Entwicklungsgeschichte der Katzenfamilie entstand diese Methode schrittweise gemeinsam mit Anpassungen der Schädelanatomie, die den finalen Zubeißprozess immer mehr perfektionierten.
Dabei entstand im Laufe der Zeit eine erstaunlich einheitliche Modellreihe des kraftvollen Präzisionsbeißers: Katzen sind Katzen, zumindest rein Schädeltechnisch, konstatiert nicht nur der dänische Wissenschaftler Per Christiansen vom Zoologischen Museum Kopenhagen, der sich die Schädel von Stubentiger, Löwe, Leopard und Co nun noch einmal im digitalen Vergleich angesehen hat.
Die Analysen der Schädelformen belegen dabei unter anderem erneut, wie falsch die frühere Einstufung der modernen Katzenfamilie in Groß- und Kleinkatzen war. All jene früher als abgrenzendes Merkmal herangezogenen, eher marginalen Unterschiede der Schädel von großen Löwen und kleinen Katzen sind schlicht auf eben den Größenunterschiede zurückzuführen: Ein enormer Tigerschädel muss dabei aus mechanisch-statischen Gründen einfach ein wenig länger und höher werden, damit die Bisskraft der Tiere ebenso stark zunimmt wie ihr Körpervolumen – was dann ermöglicht, auch größere Beutetiere effizient angreifen zu können. Gerade die Bisskraft, so schließt Christiansen, sei im Laufe der Evolution der entscheidende Faktor gewesen, auf den hin das Modell Katze optimiert wurde, was der Familie am Ende ein extrem breites Beutespektrum von Maus bis Gnu erschloss.
Das gelte eindeutig nur für die modernen Katzenformen, nicht aber für ihre entfernten Verwandten, die Säbelzahnkatzen – die offensichtlich nicht ganz umsonst ausgestorben sind, so Christiansen nach einem intensiven Blick auf die Evolution auch ihrer Schädel. Es zeigte sich zunächst, dass die ursprünglichsten Säbelzahnkatzen noch recht katzenähnlich gewesen sind – zwar hatten sie schon imposante Eckzähne, immerhin aber legt ihr Schädel nahe, dass sie diese Zähne nicht nur präzise, sondern auch ähnlich kraftvoll einsetzen konnten wie die heutigen Katzen.
Dann aber geschah offenbar etwas letztlich Fatales: Ein bestimmter Typus von Nachfahre der primitiven Säbelzahnkatzen war mit seinem recht speziellen, typisch tödlichen Gebiss eine Zeit lang extrem erfolgreich. Diese Tiere töteten mit imposanten Hauern, die sie ohne allzu viel Kraft, dafür aber an tödlichen Schwachpunkten einsetzten – etwa, wenn sie die Kehle der Beute aufschlitzten, wobei diese ebenfalls sehr schnell starb, ein Muss für eine schleichend-jagende Einzelgängerjagdstrategie. Für diesen erfolgreichen Säbelzahntötungsbiss musste der Rachen aber offenbar sehr weit aufgerissen werden: Säbelzahnkatzen haben weit größere maximale Öffnungswinkel des Mauls als moderne Felidae.
Im Miozän und Pliozän vor rund drei bis neun Millionen Jahren waren die so tötenden Säbelzahner ihrer Konkurrenz offenbar überlegen, wie die hohe Dichte ihrer Fossilfunde nahelegt. Das Säbelzahnmodell spezialisierte sich unter dem Druck der Evolution also immer weiter in der einmal erfolgreich eingeschlagenen Richtung: Immer größere Zähne und die Jagd auf immer größere Beute lagen im evolutiven Trend – sowie als Nebeneffekt die vernachlässigte, vergleichsweise relativ schwache Beißkraft des auf Maulaufreißen getrimmten Schädels.
Und irgendwann wurde diese Überspezialisierung den Säblern dann zum Verhängnis, meint Christiansen: Zwar waren die immer imposanteren Tiere Meister im Aufschlitzen möglichst großer Beutetiere, irgendwann aber konnten sie dafür kleiner Tiere gar nicht mehr effizient erjagen. Kleinere Formen der späten Säbelzahnkatzen entwickelten sich daher offensichtlich gar nicht: Niemand hat bisher ein Fossil von luchs- oder wüstenkatzengroßen Säbelzahntigerchen der späteren Bauform gefunden.
Damit begann der Siegeszug der modernen Katzen in ihren unterschiedlichen Größen, die im Schatten der lange, aber nicht ewig erfolgreichen Säbelzahnkatzen geduldig mit ihren gleichgroßen Beutetieren vorlieb nahmen – und am Ende als Generalistengruppe ein viel breiteres Fleischangebot zur Auswahl hatten, als die Lieblingsbeute der großen Tiere immer seltener wurde, weil die Umweltbedingungen sich schneller änderten, als die festgelegten Säbelzahnspezialisten reagieren konnten – ein klassisches evolutives Selbsttor. Immerhin: Es hat offenbar Platz frei geräumt für Minka und Co.
Wo andere Raubtiere wie die Hundeartigen sich andere Tricks einfallen lassen müssen – etwa eine hetzende Gemeinschaftskooperation beim Jagen, mitsamt der damit einhergehenden engen Sozialstruktur eines Rudels –, erlaubt der gekonnte Eckzahneinsatz Katzen die energiesparendere Jagdstrategie aus Lauern, Schleichen und Zuschlagen. Im Laufe der Entwicklungsgeschichte der Katzenfamilie entstand diese Methode schrittweise gemeinsam mit Anpassungen der Schädelanatomie, die den finalen Zubeißprozess immer mehr perfektionierten.
Dabei entstand im Laufe der Zeit eine erstaunlich einheitliche Modellreihe des kraftvollen Präzisionsbeißers: Katzen sind Katzen, zumindest rein Schädeltechnisch, konstatiert nicht nur der dänische Wissenschaftler Per Christiansen vom Zoologischen Museum Kopenhagen, der sich die Schädel von Stubentiger, Löwe, Leopard und Co nun noch einmal im digitalen Vergleich angesehen hat.
Die Analysen der Schädelformen belegen dabei unter anderem erneut, wie falsch die frühere Einstufung der modernen Katzenfamilie in Groß- und Kleinkatzen war. All jene früher als abgrenzendes Merkmal herangezogenen, eher marginalen Unterschiede der Schädel von großen Löwen und kleinen Katzen sind schlicht auf eben den Größenunterschiede zurückzuführen: Ein enormer Tigerschädel muss dabei aus mechanisch-statischen Gründen einfach ein wenig länger und höher werden, damit die Bisskraft der Tiere ebenso stark zunimmt wie ihr Körpervolumen – was dann ermöglicht, auch größere Beutetiere effizient angreifen zu können. Gerade die Bisskraft, so schließt Christiansen, sei im Laufe der Evolution der entscheidende Faktor gewesen, auf den hin das Modell Katze optimiert wurde, was der Familie am Ende ein extrem breites Beutespektrum von Maus bis Gnu erschloss.
Das gelte eindeutig nur für die modernen Katzenformen, nicht aber für ihre entfernten Verwandten, die Säbelzahnkatzen – die offensichtlich nicht ganz umsonst ausgestorben sind, so Christiansen nach einem intensiven Blick auf die Evolution auch ihrer Schädel. Es zeigte sich zunächst, dass die ursprünglichsten Säbelzahnkatzen noch recht katzenähnlich gewesen sind – zwar hatten sie schon imposante Eckzähne, immerhin aber legt ihr Schädel nahe, dass sie diese Zähne nicht nur präzise, sondern auch ähnlich kraftvoll einsetzen konnten wie die heutigen Katzen.
Dann aber geschah offenbar etwas letztlich Fatales: Ein bestimmter Typus von Nachfahre der primitiven Säbelzahnkatzen war mit seinem recht speziellen, typisch tödlichen Gebiss eine Zeit lang extrem erfolgreich. Diese Tiere töteten mit imposanten Hauern, die sie ohne allzu viel Kraft, dafür aber an tödlichen Schwachpunkten einsetzten – etwa, wenn sie die Kehle der Beute aufschlitzten, wobei diese ebenfalls sehr schnell starb, ein Muss für eine schleichend-jagende Einzelgängerjagdstrategie. Für diesen erfolgreichen Säbelzahntötungsbiss musste der Rachen aber offenbar sehr weit aufgerissen werden: Säbelzahnkatzen haben weit größere maximale Öffnungswinkel des Mauls als moderne Felidae.
Im Miozän und Pliozän vor rund drei bis neun Millionen Jahren waren die so tötenden Säbelzahner ihrer Konkurrenz offenbar überlegen, wie die hohe Dichte ihrer Fossilfunde nahelegt. Das Säbelzahnmodell spezialisierte sich unter dem Druck der Evolution also immer weiter in der einmal erfolgreich eingeschlagenen Richtung: Immer größere Zähne und die Jagd auf immer größere Beute lagen im evolutiven Trend – sowie als Nebeneffekt die vernachlässigte, vergleichsweise relativ schwache Beißkraft des auf Maulaufreißen getrimmten Schädels.
Und irgendwann wurde diese Überspezialisierung den Säblern dann zum Verhängnis, meint Christiansen: Zwar waren die immer imposanteren Tiere Meister im Aufschlitzen möglichst großer Beutetiere, irgendwann aber konnten sie dafür kleiner Tiere gar nicht mehr effizient erjagen. Kleinere Formen der späten Säbelzahnkatzen entwickelten sich daher offensichtlich gar nicht: Niemand hat bisher ein Fossil von luchs- oder wüstenkatzengroßen Säbelzahntigerchen der späteren Bauform gefunden.
Damit begann der Siegeszug der modernen Katzen in ihren unterschiedlichen Größen, die im Schatten der lange, aber nicht ewig erfolgreichen Säbelzahnkatzen geduldig mit ihren gleichgroßen Beutetieren vorlieb nahmen – und am Ende als Generalistengruppe ein viel breiteres Fleischangebot zur Auswahl hatten, als die Lieblingsbeute der großen Tiere immer seltener wurde, weil die Umweltbedingungen sich schneller änderten, als die festgelegten Säbelzahnspezialisten reagieren konnten – ein klassisches evolutives Selbsttor. Immerhin: Es hat offenbar Platz frei geräumt für Minka und Co.
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