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News: Tödliche Spuren der Vergangenheit

Die alljährliche Grippewelle ist normalerweise nur für Menschen mit einem beeinträchtigten Immunsystem riskant. Doch manchmal breiten sich Virenstämme aus, die wie bei der Spanischen Grippe innerhalb kürzester Zeit Millionen von Menschen dahinraffen. Warum dieser Erreger so extrem tödlich war, konnten Forscher bisher nicht beantworten. Nun gibt es Hinweise, dass das Erbgut des Virus aus verschiedenen "Elternstämmen" zusammengesetzt ist - und dadurch womöglich so gefährlich wurde.
Der Tod kam schnell – manchmal innerhalb von nur 48 Stunden. Mehr als 20 Millionen Menschen fielen 1918 und 1919 der Spanischen Grippe zum Opfer, kein Kontinent der Erde blieb verschont. Ebenso rasch verschwand der Erreger jedoch spurlos wieder von der Bildfläche. Was blieb, ist die Erinnerung an eine Pandemie, die als eine der größten medizinischen Katastrophen des Jahrhunderts gilt.

Seitdem fragen sich Wissenschaftler, was diesen Virenstamm so ungemein tödlich machte. Lange Zeit tappten sie im Dunkeln, da der Erreger damals nicht isoliert und aufbewahrt wurde. Erst 1997 gelang es, Teile des viralen Erbguts aus Gewebeproben Verstorbener zu rekonstruieren. Doch die Ergebnisse konnten die Frage nicht beantworten: Die RNA-Sequenzen stimmten weitgehend mit denen von harmloseren Stämmen überein.

Mark Gibbs und seine Kollegen von der Australian National University sahen sich nun ein Gen des Erregers noch einmal genauer an. Die untersuchte Sequenz codiert für das Protein Hämagglutinin, das auf der Oberfläche des Virus sitzt. Eine einzige Aminosäure in diesem Eiweiß ist vor allem dafür verantwortlich, dass Stämme, die Vögel infizieren, nur unter großen Schwierigkeiten auf den Menschen überspringen können. Schweine jedoch können von beiden Varianten befallen werden, sie sind daher der Schmelztiegel, über den die Erreger schließlich auch auf den Menschen übertragen werden.

Die Forscher wählten das Gen für Hämagglutinin, da Veränderungen in der Sequenz – und damit des Proteins – andere, hoch-virulente Stämme hervorbrachten. Außerdem ist es der Signalgeber für das Immunsystem, an dem es den Eindringling erkennt. Verändert sich das Protein, entgeht es der körpereigenen Abwehr, und die betroffenen Menschen können erneut erkranken.

Bisherige Forschungsarbeiten an diesem Gen hatten nichts Ungewöhnliches gefunden. Doch als die Forscher die Sequenz nun mit einer speziellen Software analysierten stellten sie fest, dass es aus zwei verschiedenen Quellen zusammengesetzt wurde: Ein Teil des Gens stammt von einem Influenza-Stamm, der wahrscheinlich Schweine infizierte, während der andere Teil aus einem Virus kam, das mit vorwiegend humanpathogenen Formen verwandt war.

Dieser Prozess der Rekombination – das Vermischen der genetischen Information von zwei Organismen – ist Gibbs zufolge neu für Influenza-Viren. Sie geschah offenbar kurz vor oder beim Ausbruch der Pandemie, und es handelte es sich um eine deutliche Veränderung in einem entscheidenden Gen – genug Hinweise, um es für die schnelle, weltweite Ausbreitung verantwortlich zu machen, da kein Immunsystem die Viren wiedererkennen konnte.

Als nächstes wollen Gibbs und seine Kollegen nun die Nukleotidsequenzen der "Eltern"-Gene errechnen, damit sie auch im Labor nachgebaut werden können. Mit diesen Vorlagen könnten Forscher dann überprüfen, ob das veränderte Protein tatsächlich der Grund für die hohe Virulenz ist. Außerdem warnen die Wissenschaftler davor, dass solche Rekombinationen immer wieder auftreten könnten. Vielleicht bekommt die Spanische Grippe einen Nachfolger – die Gefahr besteht.

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