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Gedächtnisforschung: Töne verbessern Gedächtnis im Schlaf

Lernen im Schlaf durch Musik

Wem nach einem Lernmarathon der Klausurstoff zu den Ohren rauskommt, könnte ihn nachts auf dem gleichen Weg wieder hineinbekommen. Denn das Hören rhythmischer Klänge im Schlaf wirkt sich positiv auf die Gedächtnisleistung aus, wie Forscher um Jan Born am Tübinger Institut für Medizinische Psychologie und Verhaltensneurobiologie herausfanden. Während der Tiefschlafphase sind so genannte langsame Oszillationen maßgeblich an der Bildung des deklarativen Gedächtnisses – der Speicherung von Fakten und Ereignissen – beteiligt. Die niederfrequenten Muster (unter einem Hertz) lassen sich mittels EEG leicht detektieren und dienten Borns Team als Vorlage für akustische Reize.

Elf Probanden erhielten am Abend vor dem Versuch eine einfache Lernaufgabe: Auf einem Bildschirm wurden ihnen semantisch verwandte Wortpaare ("Gehirn/Bewusstsein" oder "Lösung/Problem") gezeigt. Anschließend absolvierten sie einen kleinen Gedächtnistest, in dem sie das Wortmemory lösen mussten. Danach hieß es: Licht aus, Ton an.

Beim Eintritt in die entscheidende non-REM-Schlafphase wurde über Kopfhörer so genanntes Rosa Rauschen eingespielt. Dabei handelt es sich um ein Geräusch, bei dem alle enthaltenen Frequenzen als nahezu gleich laut empfunden werden und das daher beispielsweise auch in der Tontechnik als Referenzsignal verwendet wird. Mit dem EEG erfassten die Forscher die Gehirnaktivität und passten den Rhythmus des Rosa Rauschens an die Frequenz der langsamen Oszillationen an.

War der Rhythmus der eingespielten Klänge synchron mit den langsamen Oszillationen, wiesen diese eine höhere Amplitude auf und dauerten länger an. Außerdem unterstützten die rhythmischen Töne das Auftreten schlaffördernder Schlafspindeln – diese hochfrequenten Wellenpakete stehen ebenfalls im Verdacht, an der Festigung von Gedächtnisinhalten beteiligt zu sein. Andere Messwerte während des Schlafs wurden hingegen nicht beeinflusst. In einem erneuten Gedächtnistest am nächsten Morgen ordneten die Probanden, wenn sie des Nachts mit den akustischen Reizen stimuliert worden waren, mehr Wortpaare richtig zu, als wenn sie unter stillen Kontrollbedingungen geschlafen hatten. Nichtsynchrone Klänge erwiesen sich ebenfalls als ineffektiv. Für einen positiven Lerneffekt kommt es also auf das exakte Timing an.

"Die Schönheit liegt in der Einfachheit", sagt Born, immerhin könne die Stimulation schon bei niedriger Intensität eingesetzt werden. Im Vergleich zur Elektrostimulation mit am Schädel angebrachten Gleichstromelektroden erweist sich dieser akustische Ansatz als eine praktische und ethisch unbedenkliche Methode, um gedächtnisbildende Prozesse im Schlaf zu erforschen. Auch könnten Patienten mit Schlafstörungen von den Erkenntnissen profitieren, denn die akustischen Signale scheinen laut Meinung der Forscher einen gesunden Schlaf zu fördern.

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