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Erdbebenforschung: Tonmineral lässt San-Andreas-Verwerfung ruckfrei gleiten

Erdbebenschaden
Mit einer Bohrung direkt in die Erdbebenzone haben Forscher der San-Andreas-Verwerfung, einer der bekanntesten geologischen Nahtstellen der Welt, eines ihrer Geheimnisse entlockt. An dieser Plattengrenze in Kalifornien gleiten zwei Erdkrustenstücke langsam aneinander vorbei, und die Reibung der Blöcke führt immer wieder zu schweren Erdbeben wie zuletzt im April 2010. Für Teile der Verwerfung allerdings gilt das nicht – dort verschieben sich die Platten ohne große Erschütterungen, obwohl die Gesteine um die Verwerfung zu widerstandsfähig sind, um solche kriechenden Bewegungen zuzulassen.

Diesen Widerspruch hat das Bohrprojekt SAFOD (San Andreas Fault Observatory at Depth) jetzt teilweise aufgelöst. Mit schwerem Gerät bohrten die beteiligten Wissenschaftler direkt in die Region der Verwerfung, in der normalerweise Erdbeben entstehen – 2,7 Kilometer unter der Oberfläche –, und brachten Proben des Gesteins ans Tageslicht.

Direkt an den Verwerfungsflächen fanden die Forscher das Mineral Smektit, das dort etwa 14 Prozent des gesamten Gesteins ausmacht. Smektit ist ein geschichtetes Tonmineral, dessen Lagen sich wie die des Graphits gegeneinander verschieben lassen – es bietet Scherkräften deswegen nur wenig Widerstand. Die Forscher maßen die Eigenschaften des Gesteins, indem sie eine etwa 0,5 Millimeter dicke Schicht zwischen zwei Blöcke spannten und unter hohem Druck scherten.

Der gemessene Reibungswiderstand zeigte, dass das Material in der Verwerfungszone tatsächlich wenig widerstandsfähig ist, wie es die kriechende Bewegung der Verwerfung erfordert. Dass sich dieses Gestein unter Reibung so viel anders verhält als jenes außerhalb der Scherzone, von dem es ja abstammt, erklären die Forscher damit, dass Tonminerale direkt aus in der Verwerfungszone zirkulierenden Lösungen ausfallen, die die Gesteinskörner quasi mit einem Schmierfilm bedecken.

Ein weiterer Befund der Forscher begünstigt eine kriechende Verschiebung gegenüber einzelnen Erdbeben: Im Experiment steigt die Reibung innerhalb des an der Verwerfung gefundenen Gesteins mit zunehmender Gleitgeschwindigkeit stetig an. Damit eine Verwerfung jedoch katastrophal brechen kann, muss die Reibung im unbewegten Zustand am höchsten sein und mit beginnender Verschiebung immer stärker abnehmen. Nur dann reißen die Erdschollen ruckartig auseinander.

Die Forscher betonen allerdings, dass noch immer Fragen zur Architektur der San-Andreas-Verwerfung offen sind: So sind nach Messungen des Wärmeflusses und der Spannungsverteilungen im Gestein die Gesteine der Verwerfung sogar noch deutlich schwächer, als die Ergebnisse der gegenwärtigen Messungen zeigen. Möglicherweise gibt es an der Verwerfung Zonen mit sehr hohen Anteilen an gleitfähigen Mineralien, die das ganze Gebilde weiter schwächen. (lf)
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