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Toxine im Tierreich: Wie man einen giftigen Falter futtert

Monarchfalter haben gelernt, sich mit Pflanzengift ungenießbar zu machen. Aber ihre Feinde sind auch lernfähig.
Monarchfalter

Die Monarchfalter sind so etwas wie die Lieblingsschmetterlinge Nordamerikas: Sie sind hübsch, rekordverdächtige Langstreckenfliegermit Magnetorientierung und immer mal wieder scheinbar bis zur Ausrottung gefährdet, um dann doch erneut ein Comeback zu feiern. Außerdem ist Danaus plexippus ziemlich giftig: Die Falter fressen als Raupe an bestimmten Hundgiftgewächsen, in deren weißer Pflanzenmilch ein Toxin enthalten ist; mit dem sogar über die Metamorphose hinweg aufbewahrten Gift schützt das Insekt sich dann sein ganzes Leben lang selbst vor Fressfeinden.

Die Falter sind dabei natürlich immun gegen das Gift der von ihnen bevorzugt verspeisten Seidenpflanzen – ein Gift, das die Pflanzen ursprünglich entwickelt haben, um nicht selbst angeknabbert zu werden. Das Toxin ist ein Cardenolid, ein herzwirksames Glykosid. Es kommt in verschiedenen Pflanzen vor und, außer im Monarchfalter, auch noch in anderen Insekten, die gelernt haben, es selbst als Waffe zu nutzen und sich nicht davon vergiften zu lassen. Möglich ist das durch einen Entgiftungstrick: Die Angriffsstelle des Toxins, die Natrium-Kalium-Pumpe der Zellen, ist durch eine Mutation so verändert, dass die Cardenolide nichts mehr ausrichten.

Ein Team von Forschenden ist nun der Frage nachgegangen, ob der Monarchfalter und andere gegen das Glykosid immune Tiere und Pflanzen durch ähnliche oder ganz unterschiedliche Mutationen in der Natriumpumpe geschützt sind. Im Fachblatt »Current Biology« präsentieren sie ihre Erkenntnisse: Tatsächlich ähneln sich die Mutationen auffällig – und sie finden sich zudem auch in einigen Tieren, die ihrerseits gelernt haben, den Monarchfalter zu verspeisen, Pflanzengift hin oder her: in einem Vogel, einer Maus, einer Wespe und einem Fadenwurm.

Die vier Tiere treffen in unterschiedlichen Phasen des Monarchfalterlebens auf ihre Beute: Der Schwarzkopf-Kernknacker Pheucticus melanocephalus snackt am Falter in dessen mexikanischem Winterquartier, die Hirschmaus Peromyscus maniculatus schnappt sich vom Baum fallende Falter, die Wespe Trichogramma pretiosum parasitiert Monarchfaltereier und der Fadenwurm Steinernema carpocapsae die fressenden Raupen. Alle vier Organismen haben sehr ähnliche Mutationen in der Natriumpumpe wie die Falter selbst, schreibt Noah Whiteman von der University of California in Berkeley – zum Teil sogar am selben Aminosäurencodon.

Monarchfalterfresser aus Mexiko | Dieser in Mexiko heimische Schwarzkopf-Kernknacker kann Tausende von Monarchfaltern verdrücken, während die Falter im Süden überwintern. Anderen Vögeln gelingt das nicht: Sie würgen die Schmetterlinge meist wieder aus, wenn sie sie einmal aufgepickt haben.

Den Tieren mit dieser Mutation bringt das offenbar enorme Vorteile. So kann der Schwarzkopf-Kernknacker ganze Monarchfalter mit Flügel ohne Weiteres schlucken, während andere Vögel wie der in Mexiko heimische Trupial Icterus abeillei viel wählerischer vorgeht, wenn er Monarchfalter verspeist: Er reißt die Flügel ab, öffnet den Bauch der Insekten und pickt nur an den Eingeweiden, in denen die Konzentration der Toxine deutlich niedriger ist. Wahrscheinlich wird es noch weitere Organismen geben, die sich mit Mutationen gegen das Glykosid schützen, vermutet Whiteman. Offenbar, so der Forscher, tobt hier ein Wettlauf der Evolution: Erst haben die Pflanzen ein Gift gegen Freßfeinde erfunden, dann der Falter die Giftverteidigung umgangen, schließlich das Gift selbst eingesetzt, woraufhin die Freßfeinde der Falter mit schützenden Mutationen ausgestattet wurden. Das Forscherteam will nun in Gendatenbanken nach den verräterischen genetischen Veränderungen suchen: Wahrscheinlich gebe es noch mehr Organismen, die von der Toxintoleranz auf die eine oder andere Art ökologisch profitieren.

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