Welternährung: Tradition schlägt Gentechnik
Jonathan Lynch geht den Dingen gern auf den Grund. In seinem Bemühen, verbesserte Nutzpflanzen zu züchten, verbringt der Pflanzenphysiologe einen Großteil seiner Zeit mit dem Ausbuddeln von Wurzeln. Er möchte herausfinden, warum einige Pflanzenexemplare dem Boden so außergewöhnlich gut Nährstoffe entziehen können. Mit diesem Wissen wäre er in der Lage, Pflanzen mit besonders effizienten Wurzeln zu züchten – Nutzpflanzen etwa, die auf den nährstoffverarmten Böden der Entwicklungsländer gut gedeihen oder mit deren Hilfe man den Düngemitteleinsatz in reicheren Ländern erheblich reduzieren könnte.
Im letzten Jahr zahlten sich Lynchs Beutezüge durch den staubigen Ackerboden aus. Zusammen mit seinem Forscherteam von der Pennsylvania State University berichtete er von der erfolgreichen Züchtung einer Sorte grüner Bohnen oder Gartenbohnen (Phaseolus vulgaris) mit einer Kombination bestimmter Wurzeleigenschaften, die es den Pflanzen ermöglichten, Phosphor noch effizienter aus dem Boden aufzunehmen. Auf Versuchsflächen lieferten diese Bohnen dreimal so hohe Erträge wie die typischen Vertreter ihrer Art – ein Ergebnis, das Hoffnung in Afrika aufkeimen ließ, denn dort stellen Gartenbohnen eine der wichtigsten Proteinquellen für die verarmte Bevölkerung dar. In Mosambik testen Wissenschaftler gerade die von Lynch entwickelten Bohnen in den verschiedenen ökologischen Zonen des Landes und erwarten schon bald die Genehmigung der Zulassungsbehörde, um die Feldfrüchte bis zum nächsten Jahr auf den Markt bringen zu können.
Im weltweiten Wettlauf um die Entwicklung von Nutzpflanzen, die auf nährstoffverarmten Böden gut gedeihen, zählen Lynchs Bohnen zu den ersten erfolgreichen Versuchen. "Die knappe Verfügbarkeit von Stickstoff, Phosphor und Wasser sind die wichtigsten limitierenden Faktoren für das Pflanzenwachstum auf der Erde. Wir brauchen diese Technologie ganz dringend", erklärt Lynch. Seine Arbeit hebt sich dabei in besonderer Weise ab, denn der Wissenschaftler bedient sich einer Methode der alten Schule. Damit läutet er die Renaissance konventioneller Züchtungsverfahren ein, bei denen zunächst die physischen Merkmale einer Pflanze aufwändig untersucht werden, um dann nach wünschenswerten Eigenschaften, wie beispielsweise Wachstum oder Länge der Feinwurzeln, zu selektieren.
Und überraschenderweise scheint dieser Ansatz der Hightechmethode weit überlegen zu sein. Bereits seit mehr als zehn Jahren versuchen große Unternehmen wie etwa DuPont Pioneer in Johnston in Iowa, mit Hilfe von Gentechnologie verbesserte Kulturpflanzen zu entwickeln, und einige dieser Firmen wissen bereits viel versprechende Erfolge aus Feldversuchen mit transgenen Pflanzen zu berichten. Allerdings ist bis heute noch keine transgene Nutzpflanze auf den Markt gekommen, die nur wenig bis gar keinen Dünger benötigt – eine Tatsache, die viele landwirtschaftliche Organisationen auf der ganzen Welt gerade zum Anlass nehmen, um ihre biotechnologischen Forschungsansätze auf diesem Gebiet noch einmal neu zu überdenken.
Allen Good, Pflanzenbiologe an der University of Alberta in Edmonton in Kanada, hat jahrelang in Zusammenarbeit mit verschiedenen Firmen versucht, genetisch modifizierte (GM) Nahrungspflanzen herzustellen, die mit geringer Düngung auskommen; dieser Ansatz sei jedoch längst nicht so erfolgreich gewesen wie konventionelle Verfahren, räumt Good ein. Die Schwierigkeit liegt darin, dass bei der Nährstoffaufnahme und -verwertung einfach sehr viele Gene eine Rolle spielen und veränderte Umweltbedingungen die Expressionsmuster dieser Gene zusätzlich beeinflussen können. "Nährstoffeffizienz schien eine jener Eigenschaften mit breitem Anwendungsspektrum zu sein, von denen sich die Unternehmen viel Geld versprachen. Aber die Dinge haben sich nicht ganz so entwickelt, wie wir dachten", sagt Good.
"Die knappe Verfügbarkeit von Stickstoff, Phosphor und Wasser sind die wichtigsten limitierenden Faktoren für das Pflanzenwachstum auf der Erde. Wir brauchen diese Technologie ganz dringend"Jonathan Lynch
Trotz der großen Herausforderungen, die es für Wissenschaft und Pflanzenzüchtung bedeutet, sind einige Forscher der Meinung, dass alle Strategien ausgeschöpft werden müssten, um weniger "nährstoffbedürftige" Nutzpflanzen zu entwickeln. Angesichts einer Weltbevölkerung, die auf 10 Milliarden Menschen im Jahr 2050 zusteuert, könnten anspruchslose Nahrungspflanzen für die globale Ernährung lebenswichtig werden. "In diesen Pflanzeneigenschaften steckt ein enormes Potenzial zur Steigerung der Nahrungsmittelproduktion und Förderung einer nachhaltigen Entwicklung", erklärt Matin Qaim, Agrarökonom an der Universität Göttingen.
Stochern im Wirrwarr der Pflanzenwurzeln
Jahrelang sei er "im Dunkeln getappt", berichtet Lynch, bevor er endlich erkannte, welche Wurzeleigenschaft P. vulgaris dazu verhalf, auf phosphatarmen Böden zu wachsen. Das Screening (die systematische Analyse) von Wurzelmerkmalen sei eine schmutzige und komplizierte Angelegenheit und daher bei Wissenschaftlern nicht besonders beliebt, erläutert er. Frühere Forschungsarbeiten zu diesem Thema hatten sich deshalb zumeist auf Untersuchungen der oberirdischen Pflanzenteile beschränkt. Lynch und sein Team dagegen gruben Pflanzen aus und versuchten, nutzbringende Eigenschaften des Wurzelwerks zu entschlüsseln, wobei sie besonders darauf achteten, die empfindlichen Strukturen nicht zu beschädigen. Allerdings wussten die Forscher nicht einmal, nach welchen Merkmalen sie überhaupt in dem Wirrwarr suchten, das allein bei einer Pflanze aus mehreren tausend Wurzeln bestehen konnte. Aufgeschlossenheit und die Fähigkeit, nur das äußere Erscheinungsbild der Wurzel wahrzunehmen, seien die Schlüssel zum Erfolg, meint Lynch. "Meinen Studenten rate ich immer, LSD zu nehmen, bevor sie auf die Felder gehen – und dann die Pflanzen zu betrachten und zu lauschen, was diese über sich erzählen", sagt er lachend.
Eine Eigenschaft, die Lynch und seine Mitarbeiter besonders interessierte, war die Wurzeltiefe, denn sie wussten, dass Phosphor dazu neigt, in den oberen Schichten des Erdreichs zu akkumulieren. In einem 2015 veröffentlichten Artikel berichteten die Wissenschaftler, dass Bohnen mit basalen Wurzeln, also jene nahe der Pflanzenbasis, die in einem flachen Winkel wuchsen, 58 Prozent mehr oberirdische Biomasse produzierten als Exemplare mit steileren basalen Wurzeln. Wie die Forscher ebenfalls herausfanden, nahmen Bohnenpflanzen mit langen Wurzelhaaren besser Phosphor auf, wodurch der Ertrag um 89 Prozent gegenüber Exemplaren mit kürzeren Wurzelhaaren gesteigert werden konnte. Wurden beide Wurzelmerkmale miteinander verknüpft, ließ sich ein noch stärkerer Effekt beobachten: In Mosambik lieferten Feldversuche mit Bohnenpflanzen, die sowohl flache Wurzeln als auch lange Wurzelhaare besaßen, Erträge von 1500 Kilogramm pro Hektar auf phosphatverarmten Böden; lokale Sorten erreichten dagegen lediglich 500 Kilogramm pro Hektar.
Diese Bohnen könnten ein Segen für afrikanische Bauern sein, die permanent mit verarmten Böden zu kämpfen haben. Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen verlieren die Böden in Afrika südlich der Sahara im Jahr etwa 26 Kilogramm Stickstoff und drei Kilogramm Phosphor pro Hektar auf Grund von Ackerbau und Erosion. Da es sich viele Bauern nicht leisten können, diesen Nährstoffverlust durch Düngergaben auszugleichen, verschlechtern sich die Ernten dramatisch und machen nur noch rund ein Zehntel der Erträge reicher Länder aus.
Die nächste große Herausforderung für die Forschung besteht darin, die Toleranz der Bohnen gegenüber Trockenheit zu verbessern – bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung ihrer Fähigkeit, auf phosphatarmen Böden zu gedeihen. Dies könne knifflig werden, denn Nutzpflanzen unter Wasserstress benötigten tiefe Wurzeln und damit genau das Gegenteil dessen, was für die Aufnahme von Phosphor nützlich sei, erklärt Magalhaes Miguel, Pflanzenphysiologe am landwirtschaftlichen Forschungsinstitut von Mosambik in Chimoio und Kooperationspartner von Lynch. Miguel testet zurzeit die von Lynch entwickelten Bohnen an verschiedenen Standorten in ganz Mosambik, um die Genehmigung für Saatgutunternehmen zur Herstellung und zum Verkauf dieser Pflanzen zu erhalten.
Lynchs Entdeckungen auf dem Gebiet der Phosphoraufnahme haben bereits den Sprung nach China auf die Felder der dortigen Bauern geschafft. Chinesische Wissenschaftler konnten zeigen, dass einige der Wurzeleigenschaften, die Gartenbohnen in die Höhe treiben ließen, auch das Wachstum von Sojabohnen (Glycine max) verbesserten. Da die Zulassungsverfahren für neue Nutzpflanzenzüchtungen in China weitaus schneller ablaufen als in Mosambik, sind die verbesserten Sojabohnen bereits im Einsatz und wurden bisher auf einer Fläche von einer Million Hektar angepflanzt.
Weniger lange Wurzeln sparen Energie für oberirdische Vegetation
Was Stickstoff betrifft, kann Lynch ebenfalls einige Erfolge der verbesserten Aufnahme bei Nutzpflanzen vorweisen; allerdings akkumuliert dieser Nährstoff bevorzugt in tieferen Schichten des Erdbodens. Die Fähigkeit einer Pflanze zur Bildung tiefer Wurzeln wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst; dazu zählen unter anderem auch die Eigenschaften der Lateralwurzeln (das heißt jener, die außerhalb des Hauptwurzelgeflechts wachsen). Bei seinen Arbeiten an Mais (Zea mays) stellte Lynch fest, dass Pflanzen, die nur einige wenige lange Lateralwurzeln besaßen, besser mit geringen Stickstoffkonzentrationen und Wassermangel zurechtkamen als solche mit vielen kurzen Lateralwurzeln. Für das Wachstum weniger langer Lateralwurzeln wird nicht so viel Energie benötigt – die Pflanze kann also mehr Ressourcen für die oberirdische Vegetation und zur Bildung tiefer Wurzeln, die Wasser und Stickstoff aufnehmen können, einsetzen. In Feldversuchen auf stickstoffverarmten Böden in den USA lieferten Maispflanzen mit wenigen langen Lateralwurzeln mehr als 30 Prozent höhere Erträge als Exemplare mit vielen kurzen Lateralwurzeln. In einem Test unter simulierten Trockenheitsbedingungen zeigte die "Langlateralwurzel"-Variante sogar noch bessere Ergebnisse: Die Ertragssteigerung betrugt in diesem Fall 144 Prozent.
Zur Züchtung von Nutzpflanzen mit geringem oder keinem Düngerbedarf gehen die verschiedenen Forscherteams unterschiedliche Wege. Einer Gruppe des Centro Internacional de Mejoramiento de Maiz y Trigo (CIMMYT) mit Hauptsitz in Texcoco in Mexiko ist es in den vergangenen sechs Jahren unter Verwendung konventioneller Züchtungsmethoden gelungen, Maispflanzen zu entwickeln, die auf den stickstoffverarmten Böden Afrikas gut gedeihen. In Feldversuchen zeigte der Mais des CIMMYT auf Böden mit geringem Stickstoffgehalt 20 Prozent höhere Erträge als bereits existierende, kommerzielle Maissorten. Bis zum Ende des Jahres 2015 hatte das Zentrum bereits die behördliche Zulassung für 14 "stickstoffeffiziente" Maissorten in sechs Ländern erhalten, darunter auch Malawi und Kenia, und mehr als 50 weitere Züchtungen des Instituts befinden sich zurzeit noch in Arbeit. Die Forscher gingen weiterhin der Frage nach, warum einige Maisexemplare Stickstoff besser aufnehmen und verwerten könnten, erläutert Biswanath Das, Maiszüchter und Leiter des CIMMYT-Projekts in Nairobi. "Wir hoffen, in den nächsten zwei Jahren einige Antworten zu finden."
Während Lynch und die Wissenschaftler des CIMMYT beachtliche Fortschritte erzielen, lassen sie landwirtschaftliche Biotechnologieunternehmen, die jahrelange Arbeit in die Erprobung genetisch modifizierter (GM) Nutzpflanzen investiert haben, weit hinter sich. Good, der an einigen der ersten Experimente auf diesem Gebiet beteiligt war, erinnert sich an jene aufregende Zeit. 2001 durchschritt er die Reihen transgener und konventioneller Rapspflanzen (Brassica napus), die auf stickstoffverarmten Böden kalifornischer Versuchsfelder Seite an Seite wuchsen, und betrachtete bewundernd den Unterschied zwischen den hochgewachsenen, grünen GM-Pflanzen, die hervorragend unter Stressbedingungen gediehen, und ihren nichtmodifizierten Verwandten, die ums Überleben kämpften. Der Vorteil wurde den GM-Pflanzen durch ein so genanntes Transgen, das heißt ein Gen einer anderen Art, verschafft: Sie enthielten das Gen für Alanin-Aminotransferase (ALAT) aus der Gerste.
"Ich dachte nur: Meine Güte, man kann direkt sehen, wie das Gen im Freiland wirkt", berichtet Good, der bereits einige Jahre zuvor herausgefunden hatte, dass ALAT – eigentlich ein für den Stickstoffmetabolismus der Pflanzen und den Einbau des Nährstoffs in Getreidekörner wichtiges Gen – das Wachstum von Kulturpflanzen auf stickstoffarmen Böden fördert. ALAT stellt auch heute noch eins der vielversprechenderen Zielgene für transgene Versuchsansätze dar, mit deren Hilfe man sich erhofft, der übermäßigen Abhängigkeit von Düngemitteln in der Landwirtschaft entgegenzusteuern.
Die Versuche des Jahres 2001 wurden von Arcadia Biosciences geleitet, einem landwirtschaftlichen Biotechnologieunternehmen mit Sitz in Davis in Kalifornien, für das Good damals als Berater tätig war und dem er auch das Nutzungsrecht an der ALAT-Entdeckung übertragen hatte. In Zusammenarbeit mit dem Biotechnologiekonzern Monsanto aus St. Louis in Missouri wurden unabhängige Feldversuche bei niedrigen Stickstoffkonzentrationen durchgeführt; dabei produzierten die transgenen Rapspflanzen 42 Prozent mehr Samen als konventionelle Kontrollpflanzen. Der GM-Raps benötigte außerdem 40 Prozent weniger Stickstoffdünger, um vergleichbare Erträge wie die nichtmodifizierten Pflanzen zu erzielen.
Hohe Ertragssteigerungen mit transgenen Feldfrüchten
Laut Berichten von Arcadia ist es der Firma gelungen, das Gen auch in andere Feldfrüchte wie beispielsweise Weizen und Reis erfolgreich einzupflanzen. Das Unternehmen besitze eines der stabilsten Stickstoffeffizienz-Forschungsprogramme in der Industrie, erklärt Roger Salameh, leitender Geschäftsführer bei Arcadia. "Unsere umfangreichen Feldstudien mit Weizen und Reis, den beiden wichtigsten Nahrungspflanzen der Welt, über viele Jahre hinweg belegen ganz klar, dass wir in diesem Bereich Ertragssteigerungen in zweistelliger Höhe einfahren."
Trotz der positiven Ergebnisse hat Arcadia bislang noch keine dieser oder ähnliche Nutzpflanzen auf den Markt gebracht. Bei der Herstellung von stickstoffeffizientem Weizen arbeitete das Unternehmen mit diversen anderen Firmen und Regierungsbehörden, wie beispielsweise der Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation (CSIRO), der staatlichen Forschungsbehörde Australiens, zusammen. Letztere zog sich jedoch aus dem Projekt zurück; eine Sprecherin der CSIRO teilte mit, "die Ergebnisse entsprachen nicht den Zielvorstellungen, und die Organisation stellt deshalb ihre Forschungsaktivitäten auf diesem Gebiet ein".
Bei Arcadia hatte man gehofft, noch in diesem Jahr eine transgene, stickstoffeffiziente Weizensorte auf den Markt zu bringen; dieses Ziel wird das Unternehmen nicht erreichen. Nach Auskunft von Salameh arbeitet die Firma gerade zusammen mit Vilmorin & Cie., einem Saatgutunternehmen in Beauzire in Frankreich, an der Marktreife des Weizens; ein genauer Zeitpunkt für die Fertigstellung der Pflanzen sei noch nicht absehbar.
Qaim und andere Agrarökonomen zeigen sich beeindruckt von den Ergebnissen einiger Versuche mit transgenen Nahrungspflanzen. Arcadia und Forschungspartner berichten beispielsweise von der Herstellung einer transgenen Reissorte, die in Feldversuchen in Kolumbien über einen Zeitraum von vier Jahren und bei niedrigen Stickstoffkonzentrationen durchschnittlich 30 Prozent höhere Erträge lieferte als gewöhnliche Reissorten. Allerdings müssten diese transgenen Pflanzen jetzt noch unter realistischen Freilandbedingungen getestet werden, räumt Qaim ein.
Realistische Feldbedingungen als Problem für Genraps
Good ist zu Ohren gekommen, der GM-Raps sei "launisch" – was so viel bedeutet wie: Unter manchen Umweltbedingungen wächst er gut, unter anderen dagegen nicht. Die anfängliche Begeisterung des Forschers für diese Pflanze ist inzwischen verflogen, und wenn er noch einmal von vorn anfangen könnte, meint Good, dann würde er sich im Wesentlichen auf konventionelle Züchtungsmethoden konzentrieren – so wie Lynch und das CIMMYT.
Nicht nur Good und die CSIRO sorgen sich, dass genetisch manipulierte Nahrungspflanzen noch nicht die Leistung zeigen, die sie anfänglich versprachen. Auch das CIMMYT startete 2012 einen Versuch, die Erträge von Maispflanzen auf stickstoffarmen Böden zu verbessern, und rief ein Projekt ins Leben, bei dem neben herkömmlichen, durch konventionelle Züchtung hergestellten Maispflanzen auch transgene Sorten entwickelt werden sollten; die dafür notwendige Technologie stellte DuPont Pioneer zur Verfügung. Auch wenn der GM-Mais leicht verbesserte Erträge liefere, reichten diese noch nicht aus, um den enormen Aufwand zu rechtfertigen, der für die behördliche Zulassung erforderlich sei, erklärt Maiszüchter Biswanath Das. Das Programm zur Herstellung transgener Maispflanzen wird zurzeit noch einmal überprüft, denn "für eine Vermarktung sind die Ertragssteigerungen einfach noch nicht spektakulär genug", so Das.
DuPont Pioneer verzeichnet ebenfalls gewisse Verzögerungen bei der Entwicklung transgener Pflanzen für den US-amerikanischen Markt. 2010 sprach das Unternehmen gegenüber "Nature" davon, bis 2022 ein entsprechendes Produkt verfügbar zu haben. Jetzt heißt es, diese Pflanzen befänden sich noch immer in der so genannten Proof-of-Concept-Phase (in der nachgewiesen wird, dass das Prinzip funktioniert) und seien frühestens bis 2025 fertig gestellt.
David Spielman, Wirtschaftswissenschaftler am International Food Policy Research Institute in Washington D. C., weist darauf hin, dass diese Verzögerungen nicht unbedingt ein totales Versagen bedeuteten. Unternehmen prognostizierten nun einmal präzise Zeitpläne, um Investoren zufriedenzustellen – die Wissenschaft dagegen laufe nicht immer nach Geschäftsplan. Dass bestimmte Fristen in die Zukunft verschoben würden, bedeute nicht, dass sich der gewünschte wissenschaftliche Erfolg nicht doch irgendwann einstelle, fügt Spielman hinzu. "Viel wichtiger ist doch die Frage, ob sich die Pflanzeneigenschaften tatsächlich verbessern und die öffentliche Hand und der private Sektor bereit sind, in diese Forschung zu investieren – auch wenn die Aussicht auf Vermarktung noch in weiter Ferne liegt."
"Für eine Vermarktung sind die Ertragssteigerungen von transgenen Maispflanzen einfach noch nicht spektakulär genug"Biswanath Das
Bei transgenen Versuchsansätzen besteht eine wesentliche Herausforderung darin, dass Eigenschaften, wie zum Beispiel die effiziente Nährstoffverwertung, von einem komplexen Netzwerk unterschiedlicher Gene gesteuert werden, die sowohl untereinander als auch mit der Umwelt in Wechselwirkung stehen. "Man kann einfach keine große Wirkung erwarten, wenn man lediglich ein Transgen in eine Maissorte einbringt", erklärt Das.
DuPont Pioneer und Arcadia hingegen vertrauen immer noch darauf, ein einziges Gen werde eines Tages zur gewünschten nährstoffeffizienten Pflanze führen. "Die Menschen bezweifeln, dass wir ein einziges Gen mit einem ausreichend großen Effekt finden werden, aber wir können bereits echte Erfolge vorweisen", sagt Tom Greene, Forschungsleiter bei DuPont Pioneer. Und auch Salameh zeigt sich weiterhin zuversichtlich, was den Versuchsansatz betrifft.
Mit Computermodell zur perfekten Wurzel
Unterdessen versuchen Wissenschaftler, altmodische Züchtungsverfahren mit verschiedenen Hightechmethoden zu verbinden. Lynch verwendet zum Beispiel gerade ein Computermodell zur natürlichen Selektion, um herauszufinden, welche Kombination von Wurzelmerkmalen den Pflanzen dazu verhilft, dem Nährstoffstress besser gewachsen zu sein. Der Forscher versucht außerdem, genetische Marker für nützliche Wurzeleigenschaften zu identifizieren. Mit ihrer Hilfe ließe sich dann leichter überprüfen, ob Pflanzen der nächsten Generation die gewünschten Gene in sich tragen, und das gesamte Züchtungsverfahren könne erheblich beschleunigt werden, meint Lynch.
Vielleicht sind es letztendlich aber die staatlichen Regulierungsvorschriften, die das größte Hindernis auf dem Weg zu anspruchslosen Nutzpflanzen – ob auf konventionelle Weise oder durch gentechnische Methoden entwickelt – darstellen. In Europa und Afrika sorgten regulatorische Hürden dafür, dass viele transgene Verfahren gar nicht erst in groß angelegten Feldversuchen getestet würden, geschweige denn auf den Markt gelangten, erläutert Qaim. Diese Hindernisse seien nicht ganz unschuldig daran, dass die Entwicklung transgener, anspruchsloser Nutzpflanzen sehr viel langsamer verlaufe als erwartet.
Wegen der strengen Anforderungen bei der Erprobung neuer Pflanzensorten könne es in einigen afrikanischen Ländern sogar bis zu zehn Jahre dauern, um neue, auf konventionellem Weg erzeugte Pflanzen auf den Markt zu bringen, weiß Das zu berichten. Außerdem zögerten Bauern und Pflanzenzüchter, das mit neuen Sorten verbundene Risiko einzugehen. Wenn es dem CIMMYT jedoch gelänge, das Saatgut auf die Felder der Bauern zu bringen, könnte dies enorme Auswirkungen auf die Nahrungsmittelsicherheit und die Umwelt in den Entwicklungsländern haben, meint Das. "Das Wunderbare daran ist, dass die Lösung bereits im Samenkorn steckt", man benötige also keinen zusätzlichen Dünger. "Haben die Bauern erst einmal das Saatgut, ist ihr Problem gelöst."
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