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TRAPPIST-1b: Hat dieser Exoplanet doch eine Atmosphäre?

Neue Beobachtungen des Exoplaneten stellen Astronomen vor ein Rätsel. Seine Oberfläche passt nicht zu dem, was man erwarten würde. Das lässt zwei unterschiedliche Schlüsse zu.
Illustration von Trappist-1 b kurz bevor er hinter den kühlen, roten Zwergstern Trappist-1 tritt. Der Zwergstern befindet sich links im Bild: er glüht rötlich-orange, einzelne Ausbrüche von Flares fädeln sich ins All und in Richtung des Exoplaneten der orange-braun vor dem schwarzen Himmel wirkt.
Illustration von TRAPPIST-1 b kurz bevor er hinter den kühlen roten Zwergstern TRAPPIST-1 tritt.

Nur 40 Lichtjahre entfernt, umkreisen sieben erdähnliche Planeten den roten Zwergstern TRAPPIST-1, drei davon sogar in der habitablen Zone, in der es theoretisch flüssiges Wasser an der Planetenoberfläche und damit Leben geben könnte. Wegen dieser besonderen Konstellation genießt das System erhöhte Aufmerksamkeit und wird intensiv mit dem James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) untersucht. Ein Team um Jeroen Bouwman vom Max-Planck-Institut für Astronomie widmete sich dabei dem Exoplaneten TRAPPIST-1 b, der bislang als dunkler Gesteinsplanet ohne Atmosphäre galt. Dessen Oberfläche sollte intensiv durch seinen nahen Stern und andere kosmische Einflüsse vernarbt sein. Doch stattdessen wirkt die Oberfläche überraschend glatt, wie die Arbeitsgruppe berichtet.

Ohne Atmosphäre sind Planeten schutzlos intensiver Strahlung durch Sterne oder einfallenden Meteoriten ausgesetzt, welche die Oberfläche verwittern und verformen. Allerdings scheint nichts davon auf dem Exoplaneten der Fall zu sein. Stattdessen sprechen die Beobachtungsdaten dafür, dass die oberste Lage des Planeten sehr glatt und das Gestein maximal 1000 Jahre alt ist, so unzerstört wirkt sie. Dabei weist das gesamte Planetensystem bereits ein Alter von mehreren Milliarden Jahren auf.

Das könne zwei Ursachen haben, wie die Forschungsgruppe schreibt. Womöglich beeinflusst Plattentektonik und Vulkanismus noch den Exoplaneten, so dass permanent frische Gesteinsschmelze an der Oberfläche austritt und der Verwitterung entgegenwirkt. Der Planet sei ausreichend groß, dass in ihm noch Restwärme und Magma vorhanden ist, was geotektonische Vorgänge wie auf der Erde ermöglichen würde. TRAPPIST-1 b befindet sich zudem so nahe im Einflussbereich seines Sterns, dass dessen Gezeitenkräfte und die der anderen Planeten TRAPPIST-1 b entsprechend stark verformen und innere Reibung bewirken. Die entstehende Wärme begünstigt dann ebenfalls Vulkanismus, weil der obere Planetenmantel so heiß wird, bis er teilweise schmilzt. Derartige elektromagnetische Induktionsheizungen wurden für die vier inneren Planeten schon in früheren Studien vermutet.

Alternativ käme auch eine ganz andere Lösung infrage. Der Planet besitzt womöglich doch eine dicke Atmosphäre, die reich an Kohlendioxid ist – was vor den neuen Beobachtungen ausgeschlossen wurde. Erste Messungen hatten keine verminderte Helligkeit im Bereich der Infrarotstrahlung des Planeten erfasst, was entsprechend gegen eine Atmosphäre sprach. Dunst aus Kohlenwasserstoffverbindungen – im Prinzip Smog – könnte jedoch die Temperaturschichtung einer an Kohlendioxid reichen Atmosphäre umkehren, schreiben die Forscher.

Normalerweise sind die tieferen, bodennahen Schichten wegen des höheren Drucks wärmer als die oberen. Weil der Dunst die Strahlung des Sterns absorbiert und sich erwärmt, würde er stattdessen zusammen mit dem dann vorhandenen Treibhauseffekt die oberen Schichten der Atmosphäre heizen. In der Folge absorbiert das dort vorhandene Kohlendioxid nicht die von der Planetenoberfläche ausgehende Wärmestrahlung, sondern gibt selbst Infrarotstrahlung ab – ähnlich wie beim Saturnmond Titan, wo sich der Dunst infolge der UV-Strahlung der Sonne aus kohlenstoffreichen Gasen der Atmosphäre bildet. TRAPPIST-1 emittiert ebenfalls intensiv UV-Strahlung.

Dieses Szenario schätzen Bouwman und sein Team jedoch als unwahrscheinlicher ein. Der Zwergstern sollte eigentlich so starke Strahlung und solare Winde erzeugen, um jegliche Atmosphären in seiner Nähe ins All zu blasen. Die Ergebnisse und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen zeigten, wie schwer es selbst mit dem JWST noch ist, Atmosphären bei Gesteinsplaneten nachzuweisen, schreibt die Arbeitsgruppe. Näheren Aufschluss sollen deshalb weitere Beobachtungen liefern, bei denen ein kompletter Umlauf von TRAPPIST-1 b um seinen Stern erfasst wird.

Verteilt sich beispielsweise Wärmeenergie fließend von der Tag- auf die Nachtseite des Exoplaneten, so spräche das verstärkt für eine Atmosphäre, in deren Gashülle sich die Wärme verteilt und transportiert wird wie auf der Erde. Ein abrupter Übergang von einer heißen auf eine sehr kalte Nachtseite deutete dagegen das Fehlen einer Atmosphäre an.

Vielleicht treten aber auch beide Vorgänge zusammen auf, denn Vulkanismus setzt Treibhausgase in großen Mengen frei, was das Klima beeinflusst und dazu beiträgt, dass sich Atmosphären ausbilden und erhalten bleiben. Nur eines kann man wohl mit Gewissheit sagen: Für Leben dürfte es auf TRAPPIST-1 b dennoch zu ungemütlich sein.

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  • Quellen
Nature Astronomy 10.1038/s41550–024–02428-z, 2024

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