Treibhausgasemissionen: Flüssigerdgas verursacht mehr Treibhausgase als Kohle
Flüssigerdgas, besser bekannt als LNG, verursacht 33 Prozent mehr Treibhausgase als der Einsatz von Kohle. Jedenfalls dann, wenn man neben der Verbrennung auch die Emissionen während der Herstellung und des Transports bilanziert. Diese Arbeit hat sich Robert Howarth von der Cornell University im Bundesstaat New York gemacht. Die Ergebnisse seiner Lebenszyklusanalyse stellt der Professor für Ökologie und Umweltbiologie nun im Journal »Energy Science & Engineering« vor.
Verglichen hat er die Energieträger dabei anhand ihres Treibhauspotenzials, das sie über einen Zeitraum von 20 Jahren entfalten (englisch: global warming potential, GWP20). In der Untersuchung bezieht er sich auf die Gase CO2 und Methan (CH4), die bei den LNG-Exporten aus den Vereinigten Staaten nach Europa und nach China entstehen. Diese stellt er den Emissionen gegenüber, die beim Einsatz von Kohle nahe des Abbauorts anfallen.
Dass die Klimabilanz des Flüssigerdgases vergleichsweise schlecht abschneidet, mag überraschen. Schließlich verbrennt Erdgas mit 120 CO2-Äquivalenten je Megajoule deutlich emissionsärmer als Kohle mit 160 CO2-Äquivalenten je Megajoule. Allerdings macht der CO2-Ausstoß beim Verbrennen auch nur 34 Prozent des gesamten Treibhausgas-Fußabdrucks von LNG aus, wie Howarth darlegt. Stärker ins Gewicht fallen dagegen die Emissionen, die entstehen, bevor das flüssige Erdgas verfeuert wird. Insbesondere der Methanausstoß ist dabei kritisch. Dieser Hauptbestandteil des Erdgases ist 80-mal klimawirksamer als CO2.
Das weitaus meiste Methan entsteht nah an der Quelle: in den Gasförderfeldern, in Speicher- und Verarbeitungsanlagen oder in Hochdruck-Pipelines, die das Erdgas zu den LNG-Verflüssigungsanlagen leiten. Allein das Methan, das hier entweicht, verursacht 38 Prozent der gesamten LNG-bedingten Treibhausgase. Weitere knapp neun Prozent entstehen bei der Verflüssigung, bei der das Erdgas in einem energieintensiven Prozess auf –161 Grad Celsius heruntergekühlt wird. Das flüssige und stark komprimierte Erdgas wird anschließend per Tanker über die Weltmeere transportiert, wobei je nach Schiffstyp und Strecke weitere vier bis acht Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen entstehen.
Kontrovers diskutierte Studie
In den Vereinigten Staaten sorgte Howarths Arbeit seit Jahresbeginn für Schlagzeilen. So verfügte US-Präsident Joe Biden im Januar ein Moratorium für neue LNG-Exportprojekte – unter anderem, um deren Auswirkungen auf die Umwelt genauer zu untersuchen. Eine Grundlage für den Beschluss war nach Howarths Darstellung eine frühere Version der hier zitierten Studie. Im Juli wurde das Moratorium gerichtlich gestoppt.
Gasindustrienahe Interessengruppen sparen nicht mit Kritik an der Arbeit. Sie werfen dem Autor sowie der Park Foundation, die die Studie finanziert hat, Voreingenommenheit vor. Konkret kritisieren sie, dass Howarth die LNG-bedingten Emissionen im Oktober 2023 noch als 24 bis 274 Prozent höher als die von Kohle angegeben hat, die Bandbreite ein Jahr später aber auf den Wert 33 Prozent korrigierte. Howarth führt dies auf neue Daten aus dem Juli 2024 zurück, wonach eine kleine Anzahl an ursprünglich in der Studie berücksichtigten Schiffen nicht mehr im Einsatz ist.
Seit 2022 sind die USA der weltweit größte Exporteur von Flüssigerdgas, nicht zuletzt auf Grund der hohen Nachfrage aus Deutschland: 84 Prozent der LNG-Lieferungen an den neuen Terminals an der deutschen Nord- und Ostseeküste im Jahr 2023 stammten aus den USA, wo Erdgas im großen Stil über Fracking aus Schiefergestein gewonnen wird.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.