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News: Trickreich durchleuchtet

Manche Schwergewichte sind wirklich schwer zu fassen. Das transurane Element Fermium ist ein Beispiel dafür. Selbst über 50 Jahre nach seiner Entdeckung sind seine physikalischen Eigenschaften kaum bekannt. Doch jetzt brachten Wissenschaftler mit einem Trick etwas Licht ins Dunkel.
Die Entdeckung des nach dem italienischen Physiker Enrico Fermi benannten Elementes Fermiums gehörte sicherlich nicht zu den Sternstunden der Wissenschaft. Schließlich wurde es im November 1952 eher zufällig bei der Auswertung des ersten amerikanischen Tests einer Wasserstoffbombe auf dem Bikini-Atoll im Südpazifik gefunden, der die Insel Elugelab vollständig vernichtete.

Noch dazu erwies sich die Untersuchung des Elements als schwierig. Das liegt zum einen an seinem schnellen Zerfall. So hat beispielsweise das Isotop Fermium-255 eine Halbwertszeit von etwa 20 Stunden. Zum anderen kommt es in der Natur nicht vor und muss durch Kernfusion in speziellen Reaktoren ausgebrütet werden. Doch dabei kommen gerade einmal einige Atome pro Woche zusammen.

So ist es kein Wunder, dass Richard Haire und seine Kollegen vom Oak Ridge National Laboratory in Tennessee fast zwei Jahre brauchten, um nur einige Milliardstel Gramm reinen Fermiums zu erzeugen.

Und als sie diese Menge zusammen hatten, musste auf einmal alles ganz schnell gehen. Der kostbare Stoff wurde schleunigst nach Deutschland ausgeflogen, bevor er vollständig zerfallen konnte. Dort standen schon Michael Sewtz und seine Kollegen von der Universität Mainz und von der Universität Kassel bereit, um das flüchtige Material im Eilverfahren zu untersuchen.

Die Forscher wollten die Energieniveaus der 100 Elektronen bestimmen, die das Atom umgeben. Normalerweise schickt man zu diesem Zweck Licht durch die Probe und beobachtet bei welchen Wellenlängen es absorbiert beziehungsweise emittiert wird. Doch für diese normale spektroskopische Untersuchung müssen sehr viele Lichtquanten gesammelt werden.

Dafür brauchten die Forscher aber entweder viel Zeit oder viele Atome. Und beides stand Sewtz und seinen Kollegen nicht zur Verfügung. Schließlich hantierten sie mit gerade mal einer Millionen Atome. Das ist ziemlich wenig, wenn man bedenkt, dass in einem Liter Luft einige Billiarden Mal so viele Teilchen enthalten sind.

Die Forscher mussten sich also eines Tricks bedienen: Sie beschossen die Probe kurz hintereinander mit zwei Laserpulsen. Der zweite Strahl diente dazu, die Fermium-Atome zu ionisieren – aber nur wenn diese vorher Licht aus dem ersten Puls absorbiert hatten, was nur bei ganz bestimmten Wellenlängen passiert, die genau zu den Energieniveaus der Elektronen passen. Die Ionen sollten sich dann im Gegensatz zu den Photonen auch bei geringer Anzahl relativ leicht nachweisen lassen.

Tatsächlich fanden die Wissenschaftler auch zwei Wellenlängen, bei denen Fermium ionisiert wurde. Und diese stimmten mit zwei theoretisch berechneten Energieniveaus überein. Dennoch mahnen einige Experten zur Vorsicht. Denn auch wenn in diesem Fall Theorie und Experiment übereinstimmten, kann das bei zwei Energieniveaus aus hundert möglichen auch Zufall gewesen sein.

Zudem gilt die Berechnung der energetischen Quantenzustände der Elektronen als sehr anspruchsvoll, weil sich bei so riesigen Atomen die äußeren Elektronen außerordentlich schnell bewegen – so schnell, dass relativistische Effekte berücksichtigt werden müssen.

Ob die Theoretiker diese Berechnungen auch wirklich im Griff haben, müssen weitere Experimente klären. Und die werden dank Sewtz und seinen Kollegen sicherlich folgen. Dann wird sich auch zeigen, was genau passiert, wenn die Relativitätstheorie auf die Quantenphysik trifft.

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