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Parasitose aus dem Süden: Tropenparasit kann sich in Europa halten

Die zweithäufigste Tropenkrankheit hat es vor Jahren auch nach Europa geschafft - ohne dabei bislang zu einer wirklichen Bedrohung auszuwachsen. Wie sie sich hier halten konnte und ob sie sich weiter ausbreiten kann, blieb allerdings rätselhaft.
männlicher Schistosoma mansoni Wurm

Schon 2014 warnten Reiseveranstalter vor einem hartnäckigen Wurm auf Korsika, der auch einige Reisende infiziert hatte: Eine Variante des Pärchenegels Schistosoma, dem Verursacher der weltweit zweithäufigsten Krankheit der Tropen, hält sich zumindest im Flüsschen Cavu unerklärlicherweise seit Jahren weit nördlich seines typischen Verbreitungsgebiets. Eigentlich sollte der Parasit, der bei seiner Vermehrung und Ausbreitung auf tropische Süßwasserschnecken als Zwischenwirt angewiesen ist, im kühleren Ökosystem des Nordens gar nicht auf Dauer überleben können. Trotz Badeverbot infizierten sich weitere Menschen auch in anderen Regionen der Mittelmeerinsel, und zudem fanden Parasitologen mit dem Wurm infizierte Zwischenwirtschnecken. Der Wurm muss demnach einen Weg gefunden haben, über mehrere Jahre hinweg zu überwintern. Nun haben die Forscher die Gene der korsischen Schistosomen analysiert und herausgefunden, woher die Erreger ursprünglich stammen und warum sie sich erfolgreich ausbreiten und halten konnten: Der Saugwurm ist demnach, wie schon zuvor vermutet, eine unglückliche Mischung zweier afrikanischer Schwesterarten, die sowohl Schnecken in Südeuropa wie auch Menschen infizieren kann, fassen die Forscher auf der Vorveröffentlichungsplattform »bioRxiv« zusammen.

Demnach stammen drei Viertel der DNA des korsischen Stamms von der typischen, für Menschen infektiösen Art Schistosoma haematobium, der Rest aber vom Pärchenegel des Rinds, S. bovis. Trotzdem kann der Erreger Menschen problemlos infizieren: Wie der Originalwurm durchbohren die vom Schneckenzwischenwirt ins Süßwasser freigesetzte Schwimmlarven des Hybriden, die Zerkarien, die Haut des Menschen. Die erwachsenen Würmer produzieren im menschlichen Wirt Eier, die bei der Blasenbilharziose über den Urin ausgeschieden werden. Gelangen sie ins Süßwasser, so infiziert eine erste Larvenform die Zwischenwirtsschnecke und vermehrt sich darin stark. Eben dieser letzte Schritt sollte in Korsika nicht gelingen, weil hier die Schnecken der Tropen fehlen.

Schistosomiasis | Typisch für die Bilharziose oder Schistosomiasis ist der Wirtswechsel des Erregers: Im Wasser schlüpfen aus den Eiern bewimperte Larven, die Miracidien, die Süßwasserschnecken infizieren. In der Schnecke entstehen über Sporozysten zahlreiche weitere Larven, die Zerkarien, die sich durch die Haut eines Menschen bohren können. Im menschlichen Blutgefäßsystem entwickeln sich die erwachsenen Würmer, breiten sich im Körper aus und vermehren sich sexuell. Schistosoma mansoni und S. japonicum leben hauptsächlich in den Blutgefäßen des Darms, während S. haematobium die Harnblase befällt.

Tatsächlich infiziert die hybride Art aber verschiedene südeuropäische Schneckenarten: Zum einen die als gelegentliche Ausweichspezies bekannte Bulinus truncatus, die auch im korsischen Fluss Cavu lebt, zum anderen auch verschiedene verwandte Schnecken, die in Portugal, Spanien und auf den Mittelmeerinseln häufig sind. Die Hybridart nutzt aber nicht nur diese Zwischenwirte willig, sie sorgt zudem auch für einen schwereren Verlauf im Endwirt, wie Laborexperimente in Hamstern nahelegen. Dies alles könnte bedeuten, dass der Pärchenegel in Zukunft nicht mehr aus Europa verschwindet: Wahrscheinlich gelingt es ihm, verschiedene Waldtiere zu infizieren und seinen Lebenszyklus ausreichend effizient zu vollenden.

Die Bilharziose bedroht in den armen Ländern des Südens rund 230 Millionen Menschen, was sie zur zweithäufigsten Tropenkrankheit nach Malaria macht. Es gibt wirksame Medikamente, die auch von der WHO in erheblichen Umfang zur Bekämpfung eingesetzt werden. Dennoch erreichen die Maßnahmen nicht jeden Infizierten, zudem stecken sich Behandelte oft neu an. Für Europäer ist eine Infektion – wenn sie denn von informierten Ärzten erkannt wird – nach der Behandlung meist ohne Spätfolgen überstanden.

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