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News: Tropische Klimageheimnisse entschleiert

Seit dem Ende der letzten Eiszeit wird das Auf und Ab des Klimas im tropischen Südamerika von der Lage der Innertropischen Konvergenzzone gesteuert. Verschiebungen dieses äquatorialen Wettergürtels hängen wiederum mit pazifischen El-Niño-Ereignissen zusammen. Das ergaben Untersuchungen an einem Sedimentkern, der im Küstenmeer vor Venezuela erbohrt wurde. Besonders bemerkenswert: Der Einsatz eines neuartigen Spezial-Scanners, der eine ungewöhnlich genaue zeitliche Auflösung der bis zu 14 000 Jahre alten Ablagerungen ermöglicht.
In der Epoche der Segelschifffahrt waren die äquatorialen Kalmen gefürchtet. Hier treffen Nordost- beziehungsweise Südostpassat aufeinander und verursachen tagelange Flauten. Hier steigt feuchte Luft Kilometer hoch in die Atmosphäre auf. Heftige Gewitter und Regenfälle über Meer und Land sind die Folge; Flüsse schwellen an und verfrachten große Sedimentmengen ins Meer, die unter anderem dunkle Eisen- und Titanminerale enthalten. Im Winter dagegen wandert der Wettergürtel - den Meteorologen als Innertropische Konvergenzzone (ITCZ) bezeichnen - südwärts. Über dem nördlichen Südamerika wird es trockener und windiger. Im Meer nimmt die biologische Aktivität deutlich zu. Abgestorbene kalkige Mikroorganismen sinken zum Meeresboden ab und lassen das Sediment - weil es an Eisen- und Titanmineralen von Land fehlt - heller erscheinen.

Ein schweizerisch-deutsch-amerikanisches Forscherteam nahm diese markanten Wechsellagerungen jetzt genauer unter die Lupe und zeichnete damit die Klima- und Umweltgeschichte des nördlichen Südamerika während der letzten 14 000 Jahre nach. Die Wissenschaftler untersuchten die oberen 5,5 Meter eines Sedimentkerns, der in knapp 900 Metern Wassertiefe im Rahmen des internationalen Ocean-Drilling-Program vor Venezuela erbohrt wurde. Dank schwankender Eisen- und Titangehalte in den Meeresablagerungen konnten mehrere Klimawechsel identifiziert werden: Vor 11 500 Jahren stiegen die Mineralgehalte infolge höherer Niederschläge langsam an und erreichten in der Periode des so genannten Klima-Optimums von 10 500 bis 5400 Jahre vor heute Höchstwerte.

Allerdings wurde diese Feuchtperiode vor 8300, 7800 und 5000 Jahren von kurzen Trockenphasen unterbrochen. Dann aber, vor rund 4000 Jahren, veränderte sich das tropische Klima grundlegend. Es wurde deutlich variabler. Jahrzehnte, bisweilen sogar Jahrhunderte lange extreme Trockenphasen wurden von ebenso extremen Feuchtperioden abgelöst. So erwiesen sich die Zeiträume zwischen 3800 bis 2400 Jahre vor heute, sowie die so genannte Kleine Eiszeit im Mittelalter als ausgesprochen dürre Perioden.

"Als Ursache der Niederschlagsschwankungen sehen wir Nord-Süd-Verschiebungen der Innertropischen Konvergenzzone an", sagt Gerald Haug von der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich. "Während feuchterer Phasen lag die ITCZ etwa über unserem Untersuchungsgebiet. Doch immer, wenn sie südwärts wanderte, wurde es trockener." Ein Befund, der auch durch Blütenpollenanalysen vom südamerikanischen Kontinent gestützt wird.

Warum aber verschob sich die ITCZ während der letzten Jahrtausende gen Süden, und warum kam es zu der abrupten Veränderung vor etwa 4000 Jahren? Für Haug und seine Kollegen liegt des Rätsels Lösung vor allem im pazifischen El Niño; Perioden also, in denen das normalerweise vorherrschend kalte Oberflächenwasser vor Peru und Chile durch massive Warmwasserschübe verdrängt wird. Dadurch verschob sich der tropische Wettergürtel ITCZ in der Vergangenheit um bis zu zehn Breitengrade gen Süden. "Global gesehen stellen diese El-Niño-Ereignisse nach den Jahreszeiten den zweitstärksten Klima- und Wettermotor unseres Planeten dar", sagt Gerald Haug. "Wir wissen zudem, das der El Niño viele Fernwirkungen hat. Eine davon sind die Trockenphasen im nördlichen Südamerika, wie wir sie aus unseren neuen Daten heraus lesen." Fazit: Mit Hilfe atlantischer Meeressedimente lässt sich also die Geschichte des pazifischen El Niño nachzeichnen.

Besonders stolz sind die Klimaforscher auf die bislang nicht erreichte hohe zeitliche Auflösung ihrer Niederschlagsaufzeichnungen. Mit einem an der Universität Bremen installierten Spezial-Scanner wurde die Oberfläche des Venezuela-Kerns im Zwei-Millimeter-Abstand abgetastet. "Das entspricht einer bislang nicht erreichten zeitlichen Auflösung von etwa vier bis fünf Jahren", sagt Ursula Röhl, die das Gerät wissenschaftlich und technisch betreut. "Weltweit sind nur zwei dieser Röntgen-Fluoreszenz-Scanner im Einsatz. An dem jetzt untersuchten Sedimentkern haben wir das hohe Auflösungsvermögen des Geräts optimal nutzen können."

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