Saturnmonde: Tropische Methanseen auf Titan
Der Saturnmond Titan weist von allen Körpern im Sonnensystem die erdähnlichsten Oberflächenformen auf, obwohl die Oberfläche aus völlig anderen Stoffen besteht. Die Raumsonde Cassini, die seit Juli 2004 das Saturnsystem erkundet, fand auf dem von einer dichten Stickstoffatmosphäre umhüllten Mond Flüsse, Seen und kleine Meere aus Methan. Methan spielt auf Titan die gleiche Rolle wie das Wasser auf der Erde und sorgt für die Bildung sehr erdähnlicher Landschaften auf der aus hart gefrorenem Wassereis bestehenden Kruste. Es ist dort flüssig, weil die Oberflächentemperatur von Titan im Mittel rund minus 190 Grad Celsius beträgt. Bislang waren solche Methanseen nur von den Polarregionen Titans bekannt, nun stießen Forscher auf Bildern von Cassini auch auf Methanseen in den tropischen Breiten des Mondes.
Dies ist eine Überraschung, denn bislang waren die Planetenforscher davon ausgegangen, dass sich beständige Methanseen nur in den etwas kühleren Polarregionen des Mondes halten können. In den niedrigeren Breiten sollte es dagegen für solche "Gewässer" zu warm sein. Ein Forscherteam um Caitlin Griffith an der University of Arizona fand nun in Infrarotaufnahmen von Cassini aber Methanseen mit mindestens einem Meter Tiefe in einem Bereich von 20 Grad nördlicher und südlicher Breite rund um den Titanäquator. Einer von ihnen zeigt sich schon auf den ersten Bildern von Cassini aus dem Jahr 2004 und erreicht mit 2400 Quadratkilometer etwa die halbe Fläche des Großen Salzsees im US-Bundesstaat Utah.
Wo aber kommt dieses Methan her, da es für Methanregen in diesen niedrigen Breiten des Saturnmonds eigentlich zu warm ist? Die Forscher vermuten, dass das Methan in den tropischen Seen aus unterirdischen Zuflüssen aus der Eiskruste stammt. Im Bereich der Seen tritt es in Quellen zu Tage und füllt die Seen ständig auf, obwohl diese durch Verdampfung stetig Flüssigkeit an die Atmosphäre verlieren.
In den bisherigen Zirkulationsmodellen waren die Planetenforscher davon ausgegangen, dass die Niederschläge durch die ausgeprägten Jahreszeiten auf Titan gesteuert werden. Titan umläuft Saturn in dessen Äquatorebene, wobei der Ringplanet rund 27 Grad gegen seine Bahnebene geneigt ist. Im Laufe des rund 30 Erdjahre langen Saturnjahrs kommt es somit sowohl auf dem Ringplaneten als auch auf Titan zu Jahreszeiten, die je rund acht Erdjahre dauern. Bei der Ankunft von Cassini im Jahr 2004 herrschten auf den Nordhalbkugeln von Saturn und Titan Winter und die Nordpolarregionen lagen im Dunkel der Polarnacht. Mittels Radarbeobachtungen stieß die Cassini-Sonde am Nordpol von Titan auf große Methanseen, von denen der größte etwa die Fläche des Kaspischen Meeres erreicht.
Nun herrscht Frühling auf der Nordhalbkugel und die Sonne ist in die Polarregion zurückgekehrt, jetzt erwarten die Forscher, dass große Mengen an Methan verdampfen und in die Atmosphäre aufsteigen. Dort sollten sich Wolken aus kondensiertem Methan bilden, die in südlichere Breiten ziehen und schließlich für heftige Niederschläge in der nun kälter werdenden Südpolarregion sorgen. In den niedrigen Breiten sollte es keine größeren Niederschläge geben. Bisher konnten auch nur einmal in den letzten acht Jahren Niederschläge in niedrigen Breiten auf Titan beobachtet werden, die aber nicht ausreichen, um die dort gesichteten Seen aufzufüllen.
Die neuentdeckten Seen befinden sich in der Region Shangri-La, nicht weit vom Landeplatz der europäischen Atmosphärensonde Huygens entfernt, die dort im Januar 2005 niederging. Dort setzte Huygens durch seine Betriebswärme Methan aus dem unterhalb der Sonde befindlichen Eisboden frei, ein Hinweis darauf, dass der Boden feucht war. Die Forscher wollen nun das Wettergeschehen auf Titan noch weiter im Detail untersuchen. Falls die Raumsonde Cassini wie geplant bis zum Jahr 2017 durchhält, werden sich zahlreiche Möglichkeiten zur Beobachtung aus der Nähe ergeben.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.