Mikrobiologie: Türöffner für Anthrax
Anthrax gehört zum schmutzigen Dutzend der Biowaffen: Verhältnismäßig leicht zu beschaffen, aufzubewahren und zu verteilen, ist es auch noch sehr ansteckend. Nun wurde der Weg aufgeklärt, über den das Gift in die Zelle gelangt - möglicherweise der Grundstein für eine Therapie des späteren Krankheitsverlaufs.
Eigentlich infiziert Bacillus anthracis Huftiere. Der Erreger des Milzbrands kann aber auch den Menschen befallen – möglicherweise mit fatalen Folgen: Rund achtzig Prozent der Fälle des selteneren Lungenmilzbrands verlaufen tödlich, und etwa die Hälfte der Personen, die an Darmmilzbrand erkranken, stirbt daran.
Die Furcht vor dem Milzbranderreger und vor seinem Einsatz als Biowaffe stieg rapide an, als im Herbst 2001 in den USA Briefe verschickt wurden, die Sporen des gefährlichen Bakteriums enthielten und mehrere Todesopfer forderten. Die Sporen, die B. anthracis unter widrigen Bedingungen bildet, können jahrzehntelange Hungerperioden überdauern und widerstehen selbst hohen Temperaturen, ultravioletter Strahlung und aggressiven Chemikalien. Gelangen sie aber in ein Säugetier, keimen sie dort binnen dreißig Minuten aus und bilden sofort tödliche Toxine. Werden die Mikroorganismen nicht umgehend durch Antibiotika abgetötet, überschwemmen sie den Körper sehr schnell mit den ihrem Gift, und dann kommt jede Hilfe zu spät: Einen Schutz vor den Toxinen gibt es bisher nicht.
Da sich B. anthracis als Biowaffe eignet, suchen Wissenschaftler nach einem wirksamen Schutz vor den Giften des Bakteriums. Das Bakterium schießt mit dreifacher Giftmunition: dem protektiven (schützenden) Protein (PA), das seinen Namen bekam, weil es im Körper die Antikörpersynthese ankurbelt, dem Ödem-Faktor (EF), der im Gewebe Wasseransammlungen (Ödeme) verursacht, und dem lethalen (tödlichen) Faktor (LF), der intravenös verabreicht den Tod bringt. Alle Substanzen sind für sich alleine harmlos – erst vereint wirken sie tödlich.
Der Wegbereiter für die Giftwirkung ist PA: Es bindet an einen von zwei Rezeptoren in der Zellwand der Wirtszelle (TEM8/ATR oder CMG2), wodurch eine Pore entsteht, an die wiederum EF oder LF binden können. Ist dies geschehen, stülpt sich die Zellwand so ein, dass der ganze Komplex als Bläschen in die Zelle aufgenommen wird. Durch Einwirkung eines bisher unbekannten Faktors öffnet sich schließlich die Pore und entlässt die tödlichen Faktoren ins Zellinnere.
Auf die Suche nach einer Möglichkeit, die Toxine unschädlich zu machen, fahndete nun ein Team um Stanley Cohen von der Universität Stanford nach diesem fehlenden Glied in der Kette. Die Wissenschaftler setzten dabei auf eine Streuschusstechnik: Sie schalteten per Zufallsprinzip zahllose Gene in menschlichen Zellen ab und schauten anschließend nach, ob irgendwelche der Zellen dadurch gegen einen tödlichen Mix aus PA und LF immun wurden.
Mit diesem Verfahren fanden sie mehrere Zellklone, die dem Giftcocktail widerstanden. Den robustesten Klon nahmen die Forscher genauer unter die Lupe. Dabei stellten sie fest, dass ihm der Rezeptor LRP6 fehlte, der normalerweise dabei hilft, Substanzen ins Zellinnere zu schleusen. Es schien eindeutig: kein Rezeptor – keine Giftwirkung.
Die Forscher überprüften ihre Beobachtung, indem sie Antikörper gegen LRP6 auf Testzellen losließen und so die Funktion des Rezeptors blockierten. Tatsächlich widerstanden die mit den Antikörpern behandelten Zellen dem Angriff der Toxine.
Zusätzliche mikroskopische Untersuchungen und biochemische Analysen betätigten, dass LRP6 quasi ein Türöffner für Anthrax ist: Er interagiert mit den Rezeptoren TEM8/ATR oder CMG2 und ermöglicht dadurch überhaupt erst die Aufnahme des tödlichen Toxinmixes in die Zelle.
Nach Ansicht der Forscher ist LRP6 ein geeignetes Ziel für Therapiestrategien gegen die Anthrax-Toxine. So könnte ein Behandlungsansatz für den Einsatz im späteren Krankheitsverlauf entwickelt werden, wenn es für Antibiotika bereits zu spät ist, oder wenn der Erreger gegen diese resistent ist.
Die Furcht vor dem Milzbranderreger und vor seinem Einsatz als Biowaffe stieg rapide an, als im Herbst 2001 in den USA Briefe verschickt wurden, die Sporen des gefährlichen Bakteriums enthielten und mehrere Todesopfer forderten. Die Sporen, die B. anthracis unter widrigen Bedingungen bildet, können jahrzehntelange Hungerperioden überdauern und widerstehen selbst hohen Temperaturen, ultravioletter Strahlung und aggressiven Chemikalien. Gelangen sie aber in ein Säugetier, keimen sie dort binnen dreißig Minuten aus und bilden sofort tödliche Toxine. Werden die Mikroorganismen nicht umgehend durch Antibiotika abgetötet, überschwemmen sie den Körper sehr schnell mit den ihrem Gift, und dann kommt jede Hilfe zu spät: Einen Schutz vor den Toxinen gibt es bisher nicht.
Da sich B. anthracis als Biowaffe eignet, suchen Wissenschaftler nach einem wirksamen Schutz vor den Giften des Bakteriums. Das Bakterium schießt mit dreifacher Giftmunition: dem protektiven (schützenden) Protein (PA), das seinen Namen bekam, weil es im Körper die Antikörpersynthese ankurbelt, dem Ödem-Faktor (EF), der im Gewebe Wasseransammlungen (Ödeme) verursacht, und dem lethalen (tödlichen) Faktor (LF), der intravenös verabreicht den Tod bringt. Alle Substanzen sind für sich alleine harmlos – erst vereint wirken sie tödlich.
Der Wegbereiter für die Giftwirkung ist PA: Es bindet an einen von zwei Rezeptoren in der Zellwand der Wirtszelle (TEM8/ATR oder CMG2), wodurch eine Pore entsteht, an die wiederum EF oder LF binden können. Ist dies geschehen, stülpt sich die Zellwand so ein, dass der ganze Komplex als Bläschen in die Zelle aufgenommen wird. Durch Einwirkung eines bisher unbekannten Faktors öffnet sich schließlich die Pore und entlässt die tödlichen Faktoren ins Zellinnere.
Auf die Suche nach einer Möglichkeit, die Toxine unschädlich zu machen, fahndete nun ein Team um Stanley Cohen von der Universität Stanford nach diesem fehlenden Glied in der Kette. Die Wissenschaftler setzten dabei auf eine Streuschusstechnik: Sie schalteten per Zufallsprinzip zahllose Gene in menschlichen Zellen ab und schauten anschließend nach, ob irgendwelche der Zellen dadurch gegen einen tödlichen Mix aus PA und LF immun wurden.
Mit diesem Verfahren fanden sie mehrere Zellklone, die dem Giftcocktail widerstanden. Den robustesten Klon nahmen die Forscher genauer unter die Lupe. Dabei stellten sie fest, dass ihm der Rezeptor LRP6 fehlte, der normalerweise dabei hilft, Substanzen ins Zellinnere zu schleusen. Es schien eindeutig: kein Rezeptor – keine Giftwirkung.
Die Forscher überprüften ihre Beobachtung, indem sie Antikörper gegen LRP6 auf Testzellen losließen und so die Funktion des Rezeptors blockierten. Tatsächlich widerstanden die mit den Antikörpern behandelten Zellen dem Angriff der Toxine.
Zusätzliche mikroskopische Untersuchungen und biochemische Analysen betätigten, dass LRP6 quasi ein Türöffner für Anthrax ist: Er interagiert mit den Rezeptoren TEM8/ATR oder CMG2 und ermöglicht dadurch überhaupt erst die Aufnahme des tödlichen Toxinmixes in die Zelle.
Nach Ansicht der Forscher ist LRP6 ein geeignetes Ziel für Therapiestrategien gegen die Anthrax-Toxine. So könnte ein Behandlungsansatz für den Einsatz im späteren Krankheitsverlauf entwickelt werden, wenn es für Antibiotika bereits zu spät ist, oder wenn der Erreger gegen diese resistent ist.
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