Direkt zum Inhalt

News: Tüten-TV

Heutzutage nutzen die meisten Monitore und Bildschirme noch eine Technik, die vor über einem Jahrhundert erfunden wurde - weiterentwickelt zwar, aber doch immer dieselbe Idee. Erst in den letzten Jahren beginnen sich zunehmend Flachbildschirme durchzusetzen. Doch vielleicht wird diesen, heute als fortschrittlich gepriesenen Geräten nur ein kurzes Dasein beschieden sein, denn schon das nächste Medium steht in den Startlöchern: die Plastikfolie. Forscher gelang es nun, eine flexible Kunststoff-Anzeige zu entwickeln. Deren Bild ist zwar noch schwarz-weiß, aber so hat das Fernsehen ja auch begonnen.
Der Einkauf ist beendet. Nun noch geschwind die Tüte vom Kaufhaus an die Wand gehängt, eine Cola aus dem Kühlschrank geschnappt und das Knöpfchen gedrückt. Die Tragetasche flimmert kurz auf, um wenig später die Teamaufstellung der gegnerischen Mannschaft anzuzeigen. Wenig später ertönt die Nationalhymne aus dem Tragegriff – das Fußballspiel kann beginnen.

Sicherlich dauert es noch ein wenig, bis derartige Zukunftsmusik Realität wird. Aber erste Resultate lassen sich schon jetzt bestaunen. So gelang es John Rogers von den Lucent Technologies' Bell Labs in Murray Hill eine flexible Anzeige zu "drucken", die sogar verbogen oder gerollt werden darf. Die Forschern ereichten das Kunststück in Zusammenarbeit mit der E Ink Corporation. Dazu brachten sie zunächst auf einer dünnen Polyesterfolie ein Gitter aus Steuerelektroden auf, das sie teilweise mit einer isolierenden Schicht überdeckten und schließlich mit einem Goldüberzug versahen.

Anschließend druckten die Forscher mit einer Silikonwalze das Muster eines Schaltplans auf den Goldfilm. Dazu saß in den Vertiefungen des Stempels eine kunststoffartige Tinte, die Teile der Goldfläche abdeckte. Die blanken Stellen ließen sich nun einfach wegätzen. Die Tinte entfernten die Wissenschaftler schließlich wieder, indem sie das Material vorsichtig erhitzten, bis die Deckschicht auf dem Gold verdampfte.

Im letzten Schritt legten die Wissenschaftler eine Schicht so genannter elektronischer Tinte über die Leiterbahnstruktur. Dabei handelt es sich um eine Lage unzähliger, kleiner Kunststoffperlen, die sowohl schwarze als auch geladene, weiße Farbpartikelchen enthalten. "Legt man eine Spannung an den Kügelchen an, so sammeln sich die weißen Partikel an ihrer Rückseite und lassen es schwarz erscheinen. Wechselt man nun das Vorzeichen der Spannung, so zwingt man den weißen Farbstoff in den Vordergrund. Auf diese Weise lässt sich zwischen schwarz und weiß hin und herschalten", erklärt Rogers. So konnte der Wissenschaftler mit seinem Team eine Anzeige verwirklichen, die immerhin schon 256 Bildpunkte darstellt.

Rodgers meint, dass sich diese Schaltungen schließlich einfach mit großen Maschinen auf einem endlosen Polyesterband drucken lassen – ganz so, wie es heute bei Zeitungen geschieht. Dadurch wird der Herstellungsprozess um einiges billiger als es zurzeit der Fall ist. Dabei bietet die Kunststoffanzeige noch einen großen Vorteil, denn sie verbraucht nur wenig Energie und ist zudem sehr stabil. Vielleicht dauert es also nicht mehr lange, bis uns die Plastiktüte beim Warten in der Kassenschlange mit Fernsehprogramm beglückt – wenn wir Pech haben, kommt aber nur Werbung.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.