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Krebsmedizin: Tumoren entziehen sich der Immunabwehr schon früh

Mit einem Signalstoff gelingt es Krebszellen, die Entwicklung von Immunzellen früh zu unterbrechen. Das würgt die Körperabwehr bereits im Ansatz ab und ist möglicherweise der Grund, warum Krebsimmuntherapien oft nicht wirken.
Immunzellen attackieren eine Krebszelle
Zwei Leukozyten, die zum Immunsystem gehören und an der Abwehr von Krankheitserregern mitwirken, attackieren eine Krebszelle (im Bild rechts, Illustration).

Krebstumoren verhindern aktiv, dass die Körperabwehr gegen sie vorgeht. Hierfür greifen sie zu einem überraschend frühen Zeitpunkt in die Entwicklung von Immunzellen ein. Eine Forschungsgruppe um Jan Böttcher von der Technischen Universität München hat aufgeklärt, wie das im Detail funktioniert. Ihre Erkenntnisse könnten die Entwicklung neuer Krebstherapien voranbringen. Die Fachleute berichten darüber im Journal »Nature«.

Eigentlich ist unser Organismus sehr gut darin, Körperzellen zu bekämpfen, die außer Kontrolle zu geraten drohen. Jeden Tag eliminiert er unzählige Zellen, die sich auf Grund von erworbenen Mutationen oder epigenetischer Fehlprägung nicht mehr so verhalten, wie sie das im Gewebeverband sollten. Beginnen sie beispielsweise, sich übermäßig stark zu vermehren, schaltet das Immunsystem ein Selbstmordprogramm in ihnen an, die »Apoptose«.

Wuchernde Krebstumoren haben verschiedene Wege gefunden, die Kontrollmechanismen des Körpers zu unterlaufen. Zum Beispiel sorgen sie dafür, dass das Immunsystem sie nicht als Bedrohung wahrnimmt. Oder sie legen die Abwehrzellen lahm. Krebsimmuntherapien zielen darauf ab, diese ungünstigen Mechanismen auszuhebeln, das körpereigene Abwehrsystem scharfzuschalten und den Tumoren die Möglichkeit zu nehmen, sich Immunangriffen zu entziehen. Leider helfen diese Therapien vielen Betroffenen nicht. Fachleute versuchen herauszufinden, warum.

Die Reifung unterbunden

Böttcher und sein Team haben entdeckt: Mit einem speziellen Botenstoff beeinflussen Tumoren die Immunzellen bereits in einer frühen Entwicklungsphase. Viele Krebszellen schütten demnach die Signalsubstanz Prostaglandin E2 aus. Der Stoff koppelt an Rezeptormoleküle auf stammzellähnlichen T-Lymphozyten, wichtigen Akteuren des Immunsystems. Das hindert die Zellen daran, sich zu zytotoxischen T-Zellen weiterzuentwickeln, die den Krebs attackieren könnten. »Die T-Zell-Antwort kollabiert gewissermaßen und der Tumor kann ungehindert wachsen«, erläutert Böttcher in einer Pressemitteilung, in der die neue Studie vorgestellt wird.

Derzeitige Krebsimmuntherapien setzen an späteren Zeitpunkten der T-Zell-Entwicklung an. Das könnte erklären, warum sie oft nur unzureichend wirken. Immuncheckpoint-Inhibitoren beispielsweise sind Wirkstoffe, die fertig entwickelte T-Zellen, die vom Tumor lahmgelegt wurden, wieder aktivieren sollen. Doch wenn von diesen Zellen ohnehin nur wenige da sind, weil das Prostaglandin E2 ihre Entwicklung unterbrochen hat, können die Checkpoint-Inhibitoren nur begrenzt helfen. »Heutige Behandlungsansätze würden vermutlich effektiver, wenn die Auswirkungen des Prostaglandins E2 auf stammzellartige T-Zellen blockiert würden«, sagt Sebastian Kobold von der Ludwig-Maximilians-Universität München, der an der Studie beteiligt war.

Eine zweite Forschungsarbeit, die ebenfalls in »Nature« erschienen ist, bestätigt diese Erkenntnisse. Deren Autorinnen und Autoren haben mit menschlichem Tumorgewebe experimentiert. Blockierten sie darin die Ausschüttung von Prostaglandin E2, vermehrten sich die T-Zellen stärker und bekämpften die Krebszellen anschließend besser.

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