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Tutanchamun: Für den Pharao ein Dolch aus Meteoreisen

In Tutanchamuns Grab fand sich ein eherner Dolch. Doch Eisenverhüttung war vor 3400 Jahren in Ägypten unbekannt. Nun haben Forschende weitere Geheimnisse des Funds gelüftet.
Der Dolch aus Meteoreisen fand sich auf der Mumie von Tutanchamun. Der Griff ist aufwändig mit farbigen Steinen, Bergkristall und Gold dekoriert.

Im Grab des Pharao Tutanchamun lagen hunderte kunstvolle Objekte. Und seit einiger Zeit ist bekannt, dass sich darunter auch ein Dolch mit einer Klinge aus Meteoreisen befand. Eine Arbeitsgruppe um Takafumi Matsui und Tomoko Arai vom Chiba Institute of Technology hat nun herausgefunden, aus welchem Typ Meteorit die wertvolle Beigabe gefertigt wurde und woher die goldverzierte Waffe wohl ursprünglich stammte. Wie die Forscherinnen und Forscher im Fachblatt »Meteoritics & Planetary Science« schreiben, könnte der Dolch ein Geschenk eines orientalischen Herrschers gewesen sein.

Als Howard Carter vor fast 100 Jahren das Grab des jungen Pharaos entdeckte, stieß er darin auf nicht weniger als 5400 Grabbeigaben: Streitwagen, Möbel, Gehstöcke, Holzfiguren und einige sehr außergewöhnliche Objekte, die aus Eisen bestehen. Seither interessierten sich viele Forschende für die besonderen Funde, denn als Tutanchamun über Ägypten herrschte, zwischen 1336 und 1327 v. Chr., war die Verhüttung von Eisen dort noch unbekannt. Neben einigen kleinformatigen Eisenwerkzeugen mit Holzgriffen handelt es sich bei diesen Stücken um eine Miniaturkopfstütze, ein Amulett und einen kunstvoll gearbeiteten Dolch.

Mehrere Arbeitsgruppen haben inzwischen per Röntgenfluoreszenzmethode nachgewiesen, dass die Objekte aus Meteoreisen gefertigt wurden. Darunter der Archäometriker Florian Ströbele und die Metallrestauratoren Christian Eckmann und Katja Broschat vom Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz, die ihre Ergebnisse 2016 im Fachblatt »Metalla« und 2018 als Buch veröffentlichten.

In Meteoriten steckt viel Nickel

Das wichtigste Indiz für eine extraterrestrische Herkunft des Eisens liefert der Nickelanteil im Metall. Liegt dieser bei mehr als vier Gewichtsprozent, dürfte es sich sehr wahrscheinlich um Meteoreisen und nicht um verhüttetes Eisen handeln. In Tutanchamuns Dolch stecken laut Ströbeles Analysen 12,7 bis 13,1 Gewichtsprozent Nickel. Dies spricht dafür, dass die Klinge aus Meteoreisen geschmiedet worden war. Die Analysen von Matsui und Arai bestätigen die älteren Ergebnisse. Ihr Team ermittelte einen Nickelanteil von ungefähr 9,8 Gewichtsprozent. Die Forschenden entlockten dem mit Gold und Bergkristall dekorierten Objekt aber noch weitere Informationen.

Um Meteoreisen zweifelsfrei zu bestimmen, legen Archäometriker die so genannte Widmanstätten-Struktur frei. Dies ist ein charakteristisches Oberflächenmuster, das entsteht, wenn man den Meteorit mit Salpetersäure bearbeitet. Für Kunstwerke eignet sich das invasive Verfahren jedoch nicht. Matsui und sein Team lösten das Problem, indem sie die Nickelverteilung auf der Dolchklinge mit Hilfe einer speziellen Röntgenfluoreszenzkamera sichtbar machten. Im Vergleich mit anderen Meteoritoberflächen zeigte das Muster Ähnlichkeiten mit Oktaedriten. Dabei handelt es sich um Nickel-Eisen-Meteoriten. Weil die Widmanstätten-Struktur auf der Dolchklinge noch weitgehend erhalten ist, gehen die Forscher zudem davon aus, dass das Metall bei einer vergleichsweise niedrigen Temperatur von ungefähr 950 Grad Celsius geschmiedet wurde.

Das Team um Matsui und Arai untersuchte auch den mit wertvollen Steinen dekorierten Griff der Stichwaffe. Der Dekor war festgeleimt worden. Und wie die chemischen Analysen ergaben, mit einer kalkhaltigen Masse – die Arbeitsgruppe detektierte nämlich außergewöhnlich viel Kalzium bei ihren Messungen. Nun ist bekannt, dass diese Art von Klebemittel in Ägypten erst wesentlich später in Gebrauch kam: erst dann, als griechische Herrscher ab dem späten 4. Jahrhundert v. Chr. die Macht im Land am Nil innehatten. Daraus schließt die Forschergruppe, dass der zirka 3400 Jahre alte Dolch nicht in Ägypten gefertigt wurde, sondern womöglich als Geschenk eines fremden Herrschers an den Nil kam.

Ein Geschenk vom König von Mitanni an den Pharao

Einen Hinweis liefern die so genannten Amarna-Briefe. Damit sind beschriftete Tontafeln gemeint, die in der Residenzstadt des später als »Häretiker« verfemten Pharao Echnaton ans Licht kamen. Es handelt sich um die Korrespondenz der Pharaonen mit ausländischen Herrschern. In einem der Briefe wird ein Eisendolch mit einer Scheide aus Gold erwähnt, den Tušratta, König von Mitanni – sein Reich erstreckte sich damals ungefähr dort, wo sich heute Nordsyrien und Nordirak befinden –, dem Pharao Amenhotep III. schenkte, dem Vater Echnatons. Experten wissen, dass im Anatolien und Mesopotamien des 14. Jahrhunderts v. Chr. bereits kalkhaltiger Kleber genutzt wurde. Der Dolch aus Tutanchamuns Grab könnte also ein Geschenk des Tušratta gewesen sein. Wie genau Amenhotep III. und Echnaton mit Tutanchamun verwandtschaftlich in Beziehung standen, ist nicht zweifelsfrei nachgewiesen. Sicher ist jedoch, dass Tutanchamun eine Tochter Echnatons heiratete, Anchesenamun.

Der etwas mehr als 35 Zentimeter lange Dolch ist nicht der einzige Fund seiner Art aus dem Altertum. Der älteste bekannte Dolch aus Meteoreisen stammt aus Anatolien und ist zirka 4300 Jahre alt. Seine heute völlig verrostete Klinge samt goldenem Griff fand sich in einem bronzezeitlichen Grab in Alaca Höyük in der Türkei.

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