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Tutanchamun-Grab: Hinweise auf verborgene Kammern gefunden

Befinden sich im Grab von Tutanchamun noch geheime Kammern? Allerneueste Radarmessungen legen das nahe. Es wäre "die archäologische Sensation des Jahrhunderts".
Die Maske des Tutanchamun

Im Grab des Pharaos Tutanchamun könnten sich noch weitere, bislang unbekannte Kammern befinden. Das legen Radarmessungen vom 26. und 27.11. nahe. Der ägyptische Antikenminister Mamdouh Al-Damaty sagte auf einer Pressekonferenz am Samstagmorgen, er sei "zu 90 Prozent überzeugt", dass hinter der Nordwand eine weitere Kammer liege.

Anlass zur Untersuchung hatte der britische Ägyptologe Nicholas Reeves gegeben. Seiner Meinung nach befindet sich hinter den zugemauerten, verputzten und bemalten Wänden die noch ungestörte Bestattung von Nofretete. Eine solche Kammer wäre seit über 3000 Jahren ungeöffnet und würde einen unvergleichlichen Einblick in die Welt des alten Ägyptens geben. Es wäre überhaupt erst das zweite ungestört aufgefundene Königsgrab und "die archäologische Sensation des Jahrhunderts", wie Al-Damaty sagt.

Von den Umständen des Radarscans in der engen, heißen Kammer berichtet ausführlich "National Geographic". Das Magazin sponsert einen Teil der Untersuchungen. Federführend bei den Messungen ist Hirokatsu Watanabe. Der 70-jährige japanische Radarexperte hat bereits einige archäologische Denkmäler untersucht. Mit der von ihm verwendeten Technik lassen sich Hohlräume aufspüren oder Veränderungen im Baumaterial diagnostizieren. Das Team testete das Verfahren zunächst an einem benachbarten Grab.

Abrupte Materialübergänge

Laut "National Geographic" zeigen dann die Messungen in der eigentlichen Grabkammer einen Wechsel im Baumaterial zwischen Felsgestein und "Nichtfelsgestein" – was sich hinter Letzterem verbirgt, können die Experten noch nicht sagen. Die Materialübergänge fanden sich zudem an genau denjenigen Stellen, die Reeves zuvor identifiziert hatte. Reeves' Theorie zufolge sollte hier ein aus dem Felsen gehauener Zugang einstmals zugemauert worden sein. Die Veränderungen im Material seien den Scans zufolge vergleichsweise abrupt, wie es von einem verschlossenen Durchgang zu erwarten ist.

Plan des Grabs mit angenommenen Erweiterungen | Geht es nach Reeves, stellte die heutige Grabkammer ursprünglich nur einen Korridor dar, der zu einem größeren Grab führte. Auch in einem weiteren Teil der Anlage könnte es nach Meinung des Ägyptologen verborgene Räume geben.

Weitere Messungen sind derzeit nicht geplant, die Daten der letzten beiden Tage hätten bereits ausreichende Qualität, so Watanabe. Bis jetzt sind die Messergebnisse jedoch nicht öffentlich einsehbar. Eine unabhängige Einschätzung ihrer Stichhaltigkeit steht darum noch aus. Offenbar sind sie auch weniger eindeutig als gehofft. In dem Bericht sagt Reeves, das Grab gebe seine Geheimnisse nur langsam preis. Zumindest seien bislang noch keine Befunde gemacht worden, die seiner Theorie widersprächen.

Die Experten um Reeves, Watanabe und Al-Damaty wollen laut "National Geographic" nun einen Monat lang die Daten auswerten. Dann soll ein finales Urteil gefällt werden. Können sie dabei die These von den verborgenen Kammern aufrechterhalten, planen die Forscher, an geeigneter Stelle ein Loch durch die Wand zu bohren, um ein Endoskop in den Raum dahinter schieben zu können.

Wer liegt dort wirklich bestattet?

Der junge Pharao Tutanchamun starb 18- bis 20-jährig in turbulenten Zeiten politischen und religiösen Umbruchs. Auf Grund dieser Wirren fehlen Informationen über den Verbleib der Mumien fast aller Protagonisten dieser so genannten Amarna-Zeit, die Tutanchamuns Vater Echnaton initiierte. Nofretete, seine berühmte Gemahlin, könnte nach Echnatons Tod selbst Pharaonin geworden sein und den Namen Semenchkare angenommen haben. Diese Meinung vertreten zumindest manche Ägyptologen. In dieser Rolle sei sie dann im Tal der Könige bestattet worden. Als ihr Nachfolger und mutmaßlicher Stiefsohn Tutanchamun schließlich überraschend früh starb, habe man kurzerhand ihr Grab umgebaut: Aus einem Korridor sei beispielsweise die Grabkammer des jungen Pharaos geworden.

Diese Theorie hatte Reeves anhand hochauflösender Fotografien entwickelt, die die Firma Factum Arte anfertigte (hier online). Aus den Aufnahmen wird auch das Relief der Wandoberfläche erkennbar. Reeves bemerkte Kanten und Linien im Putz, die sich als Resultat einer nachträglichen Veränderung deuten lassen. Auch in Stil und Inhalt der Wandmalereien lassen sich Hinweise auf eine Umwidmung des Grabs finden. Eine ausführliche Auseinandersetzung mit Reeves' Hypothese und ihren Vorzügen und Schwächen finden Sie in diesem "Spektrum.de"-Beitrag vom August 2015.

Bislang haben noch keine Detailuntersuchungen in der Grabkammer Reeves einen Strich durch die Rechnung gemacht. Allerdings könnte er auch nur teilweise Recht behalten: Womöglich verbergen sich hinter den Wänden lediglich weitere Lagerräume – auch dies freilich aus Sicht der Ägyptologie ein hochinteressantes Ergebnis – oder aber die Bestattung einer weiteren Person. Ägyptens Antikenminister hält es beispielsweise für plausibel, dass dort eine weitere Gemahlin von Echnaton bestattet liegt, die unter dem Namen Kija bekannt ist.

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