Planetenforschung: Über unentdecktem Land
Durch seine exponierte Position ist der innerste Planet des Sonnensystems widrigstem Weltraumwetter ausgesetzt: Keine Atmosphäre, die seine Oberfläche schützt und nur ein schwaches Magnetfeld, das die schädigenden Teilchen des Sonnenwinds ablenkt. Astronomen haben sich Merkur im Oktober 2008 erneut aus der Nähe ansehen können.
Auch wenn es paradox klingt: Eine Sonde auf die alles durch ihre Schwerkraft anziehende Sonne zuzusteuern und in einen Orbit um Merkur einzuschwenken, ist gar nicht so einfach. Denn im All gibt es keine Reibung, und so muss das Raumfahrzeug enorm abbremsen, um von unserem Heimatstern nicht wieder davon geschleudert zu werden. So ist die NASA-Sonde Messenger (Mercury Surface, Space Environment, Geochemistry, and Ranging) nach Mariner 10 vor mehr als 30 Jahren erst die zweite, die sich zum flinken Götterboten aufmachte. Bald fünf Jahre ist sie nun schon unterwegs und vollführte mehrere Bremsmanöver in Form von "Swing-bys" an Erde und Venus. Im Januar 2008 erfolgte die erste Annäherung an Merkur, im Oktober die zweite. Ergebnisse dieser Stippvisite werden von den Forschern jetzt im Fachmagazin "Science" vorgestellt.
Eine solche Anordnung führt aber dazu, dass verstärkt Feldlinien aufgebrochen und in einer energetisch günstigeren Konfiguration wieder geschlossen werden. Bei dieser "Rekonnexion" werden enorme Energiemengen auf die geladenen Teilchen des Sonnenwinds und der Magnetosphäre des Planeten übertragen und diese stark beschleunigt. Ein Teil der Partikel trifft danach auf die Merkuroberfläche, ein anderer Teil wird in sonnenabgewandter Richtung davon katapultiert.
Beim zweiten Flyby waren die damit verbundenen Phänomene etwa zehnmal so ausgeprägt wie bei der Erde. Die Forscher schließen daraus, dass die Magnetosphäre des Merkur wesentlich mehr auf die Richtung des interplanetaren Magnetfelds reagiert und stärker von den Auswirkungen der Rekonnexion betroffen ist, als die der Erde und alle anderen Planeten mit einem Magnetfeld.
In den Atmosphären dieser Himmelskörper führt stürmisches Weltraumwetter zu Polarlichtern, bei Merkur jedoch prasseln die geladenen und beschleunigten Teilchen des Sonnenwinds wegen des Fehlens einer Lufthülle ungehindert auf die Oberfläche. Dort schlagen sie Atome heraus, die auf Grund ihrer hohen Energie sogar in den Weltraum entweichen können. Auch Meteoriteneinschläge zerstäuben den Boden, es bildet sich eine Exosphäre um den Planeten, die in geringer Dichte Wasserstoff und Helium enthält, aber auch Natrium, Kalium und Kalzium.
Beim neuerlichen Flyby konnte überdies Magnesium ausgemacht werden. Den Astronomen um William McClintock von der University of Colorado in Boulder gelang es darüber hinaus, weitere Informationen über die räumliche Verteilung der verschiedenen Elemente in der Exosphäre zu gewinnen und so Rückschlüsse auf die zu Grunde liegenden Prozesse bei der Anreicherung und dem Abtransport vom Planeten weg ziehen zu können [2].
Diese werde überwiegend von recht glatten Ebenen dominiert, deren Material durch Vulkanismus ans Tageslicht gefördert wurde. Zudem fällt eine dunklere, bläuliche Komponente auf, die rund 15 Prozent der Oberfläche beherrscht. Sie tritt hauptsächlich als Auswurfmaterial in Kratern und Senken auf. Die Färbung weist auf einen höheren Anteil von eisen- und titanhaltigen Oxiden hin, die ihren Ursprung in tieferen Schichten der Kruste oder in oberen Bereichen des Mantels haben dürften.
Planetenforscher um Thomas Watters vom National Air and Space Museum in Washington haben eine einzelne Struktur untersucht, die in den Aufnahmen des zweiten Messenger-Flybys erstmals abgebildet wurde: das Rembrandt-Einschlagsbecken [4]. Mit rund 715 Kilometern Durchmesser gilt es nach der doppelt so großen Caloris Planitia als das zweitgrößte Becken des Planeten.
Im Gegensatz zu Caloris scheint es jedoch nicht so hoch mit Magma gefüllt zu sein – auf den Fotos sieht man eine speichenradartige Struktur sowie radiale und konzentrische verknitterte Grate, die auf fortwährende Deformation während der geologischen Geschichte des Planeten schließen lassen. Die jüngste davon, ausgelöst durch das langsame globale Auskühlen und die daraus resultierende Kontraktion Merkurs, führte zum Aufwurf eines rund 1000 Kilometer langen lappigen Steilhangs.
Vielleicht gelingt dies teilweise schon beim dritten und letzten Flyby, der für Ende September angesetzt ist. Im März 2011 wird Messenger dann schließlich in eine Umlaufbahn um Merkur einschwenken und den Planeten mindestens ein Jahr lang eingehend untersuchen.
Ein Team um James Slavin vom Goddard Space Flight Center der NASA hat die Vorgänge in der Magnetosphäre des 4800 Kilometer großen Gesteinsplaneten untersucht [1]. In der Zeit zwischen Januar und Oktober 2008 hat sich das interplanetare Magnetfeld umgekehrt und stand somit beim zweiten Vorbeiflug antiparallel zu demjenigen des Merkur.
Eine solche Anordnung führt aber dazu, dass verstärkt Feldlinien aufgebrochen und in einer energetisch günstigeren Konfiguration wieder geschlossen werden. Bei dieser "Rekonnexion" werden enorme Energiemengen auf die geladenen Teilchen des Sonnenwinds und der Magnetosphäre des Planeten übertragen und diese stark beschleunigt. Ein Teil der Partikel trifft danach auf die Merkuroberfläche, ein anderer Teil wird in sonnenabgewandter Richtung davon katapultiert.
Beim zweiten Flyby waren die damit verbundenen Phänomene etwa zehnmal so ausgeprägt wie bei der Erde. Die Forscher schließen daraus, dass die Magnetosphäre des Merkur wesentlich mehr auf die Richtung des interplanetaren Magnetfelds reagiert und stärker von den Auswirkungen der Rekonnexion betroffen ist, als die der Erde und alle anderen Planeten mit einem Magnetfeld.
In den Atmosphären dieser Himmelskörper führt stürmisches Weltraumwetter zu Polarlichtern, bei Merkur jedoch prasseln die geladenen und beschleunigten Teilchen des Sonnenwinds wegen des Fehlens einer Lufthülle ungehindert auf die Oberfläche. Dort schlagen sie Atome heraus, die auf Grund ihrer hohen Energie sogar in den Weltraum entweichen können. Auch Meteoriteneinschläge zerstäuben den Boden, es bildet sich eine Exosphäre um den Planeten, die in geringer Dichte Wasserstoff und Helium enthält, aber auch Natrium, Kalium und Kalzium.
Beim neuerlichen Flyby konnte überdies Magnesium ausgemacht werden. Den Astronomen um William McClintock von der University of Colorado in Boulder gelang es darüber hinaus, weitere Informationen über die räumliche Verteilung der verschiedenen Elemente in der Exosphäre zu gewinnen und so Rückschlüsse auf die zu Grunde liegenden Prozesse bei der Anreicherung und dem Abtransport vom Planeten weg ziehen zu können [2].
Wie genau sieht Merkurs Oberfläche nun aber eigentlich aus? Messenger konnte im Oktober weitere weiße Flecken von der Landkarte Merkurs tilgen, ihr Anteil beträgt jetzt nur noch rund zehn Prozent. Wissenschaftler um Brett Denevi von der Arizona State University in Tempe entwarfen aus Analysen der vorliegenden Aufnahmen eine globale Betrachtung von Merkurs Kruste [3].
Diese werde überwiegend von recht glatten Ebenen dominiert, deren Material durch Vulkanismus ans Tageslicht gefördert wurde. Zudem fällt eine dunklere, bläuliche Komponente auf, die rund 15 Prozent der Oberfläche beherrscht. Sie tritt hauptsächlich als Auswurfmaterial in Kratern und Senken auf. Die Färbung weist auf einen höheren Anteil von eisen- und titanhaltigen Oxiden hin, die ihren Ursprung in tieferen Schichten der Kruste oder in oberen Bereichen des Mantels haben dürften.
Planetenforscher um Thomas Watters vom National Air and Space Museum in Washington haben eine einzelne Struktur untersucht, die in den Aufnahmen des zweiten Messenger-Flybys erstmals abgebildet wurde: das Rembrandt-Einschlagsbecken [4]. Mit rund 715 Kilometern Durchmesser gilt es nach der doppelt so großen Caloris Planitia als das zweitgrößte Becken des Planeten.
Im Gegensatz zu Caloris scheint es jedoch nicht so hoch mit Magma gefüllt zu sein – auf den Fotos sieht man eine speichenradartige Struktur sowie radiale und konzentrische verknitterte Grate, die auf fortwährende Deformation während der geologischen Geschichte des Planeten schließen lassen. Die jüngste davon, ausgelöst durch das langsame globale Auskühlen und die daraus resultierende Kontraktion Merkurs, führte zum Aufwurf eines rund 1000 Kilometer langen lappigen Steilhangs.
Karl-Heinz Glaßmeier von der Technischen Universität Braunschweig und dem Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, Experte für Prozesse der Magnetosphäre, ist fasziniert von den Ergebnissen: "Merkur ist ein einzigartiges Laboratorium, das sich noch viele Geheimnisse bewahrt. Im weiteren Verlauf der Messenger-Mission und mit dem geplanten europäisch-japanischen Doppel-Orbiter BepiColombo werden wir daran gehen, sie ihm zu entreißen." [5]
Vielleicht gelingt dies teilweise schon beim dritten und letzten Flyby, der für Ende September angesetzt ist. Im März 2011 wird Messenger dann schließlich in eine Umlaufbahn um Merkur einschwenken und den Planeten mindestens ein Jahr lang eingehend untersuchen.
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