Klimatologie: Überraschend kontraproduktiv
Feuer im Forst ist nicht per se böse, oft ist es wichtiger Teil des Ökosystems. Und manchmal wird aus dem hitzigen Ereignis auch eine überraschend kühle Spätfolge
Mitte der 1980er Jahre starteten US-amerikanische und kanadische Forscher einige Experimente, um ein ganz besonderes Schreckensszenario zu überprüfen. Sie legten absichtlich Feuer in einigen Nadelwäldern, um die Folgen eines Kernwaffengangs zu simulieren. Die Frage: Verursacht die atomare Apokalypse tatsächlich einen nuklearen Winter – ausgelöst durch aufgewirbelte Stäube, Rußreste und andere Aerosole? Der Hypothese nach verdunkeln sie kontinenteweit die Atmosphäre und blocken das Sonnenlicht ab, die Temperaturen stürzen in den Keller, Missernten folgen, der überlebende Teil der Menschheit muss hungern oder erfriert. Die Opferzahlen in der Bevölkerung sollten dadurch noch höher liegen, als durch den Krieg selbst.
Tatsächlich kühlten sich im Experiment die Tagestemperaturen in den Regionen, über die jene Aschewolken hinwegzogen, im Schnitt zwischen 1,7 und 7 Grad Celsius ab, während sie nachts stabil blieben. Die Wissenschaftler werteten dieses Ergebnis als Teilbestätigung der Nuklearwinter-These, schließlich durften sie für ihre Messungen nur kleinere Areale abfackeln, während ein Krieg ein deutlich größere Fläche beträfe.
Die Gesamtbilanz dieser Zerstörungen für das Klima ist also schwer kalkulierbar, was Wissenschaftler um James Randerson von der Universität von Kalifornien in Irvine wohl noch zusätzlich anspornte. Sie arbeiteten dazu auf dem Gebiet des Donnelly-Flats-Feuers in Alaska aus dem Juni 1999, das damals 7600 Hektar Schwarzfichtenwald verzehrte. Über die Jahre hinweg studierte die Gruppe ein- und ausgehende Strahlung, von den Pflanzen aufgenommenes oder abgebenes CO2, kalkulierten wieviel Kohlendioxid und Methan als direkte Folge des Brandes freigesetzt wurde, wie sich die Temperaturen änderten und vieles mehr. Anschließend verglichen sie die Daten mit den Ergebnissen einer zwölf und einer achtzig Jahre älteren Brandfläche.
In den ersten Monaten nach dem Ereignis reagierte die Umwelt wie befürchtet: Trotz der anfänglich dichten Konzentration an Aerosolen erwärmte sich die Umgebung, denn zusätzlich zu den in beträchtlichen Mengen in die Luft entlassenen Treibhausgasen gesellte sich noch bodennahes, Wärme zurückhaltendes Ozon. Russ und dunkle Aschen schlugen sich alsbald auf dem Boden nieder, was während des Sommers weitere Aufheizungen verursachte. Selbst in entfernten Polarregionen verschmutzten sie Meer- und Gletschereis, verringerten die Albedo und speicherten mehr Sonnenenergie.
Ein großer Teil der ursprünglich freigesetzten Kohlendioxidmenge wird nun zudem von den aufkommenden Bäumen, darunter bald auch wieder Fichten, wieder aufgenommen, sodass sich diese Bilanz über die Jahre mehr und mehr ausgleicht. Es dauert nach den Kalkulationen der Wissenschaftler jedoch rund sechzig Jahre bis aus einem negativen, treibhausförderlichen Wert ein positiver wird. Wenn dann aber nach etwa achtzig Jahren ein neuer reiner und dunkler Schwarzfichten-Stand das Areal einnimmt, speichert das Ökosystem wieder ähnlich viel Kohlenstoff wie vor dem letzten Brand – zu Buche steht dann für die Region eine periodische, leichte Netto-Abkühlung.
Aber auch eine gegenteilige Politik brächte nicht unbedingt die gewünschten Resultate. Häufigere und großflächigere Feuer verschafften der nördlichen Hemisphäre zukünftig vielleicht etwas Abkühlung, doch wären sie sicher nicht im Sinne der Holzindustrie. Pappel- und Birkenholz hat schließlich nicht die Qualität der meist gerade wachsenden Fichten – von den fraglichen Folgen für das Ökosystem als Ganzem ganz abgesehen. Randerson und seine Kollegen schlagen deshalb zur Eindämmung des Klimawandels das Übliche vor: Energie sparen.
Tatsächlich kühlten sich im Experiment die Tagestemperaturen in den Regionen, über die jene Aschewolken hinwegzogen, im Schnitt zwischen 1,7 und 7 Grad Celsius ab, während sie nachts stabil blieben. Die Wissenschaftler werteten dieses Ergebnis als Teilbestätigung der Nuklearwinter-These, schließlich durften sie für ihre Messungen nur kleinere Areale abfackeln, während ein Krieg ein deutlich größere Fläche beträfe.
Mittlerweile ist es ein alter Hut, dass Aerosole in der Atmosphäre meist wie ein Sonnenschutz wirken, der die Einstrahlung vermindert und damit kühlt. Sie können aus Vulkanausbrüchen stammen wie jenem des Tambora in Indonesien, der 1815 das "Jahr ohne Sommer" in Nordamerika und Europa verursachte, oder von riesigen Waldbränden in Sibiriens Taiga oder kanadischen Nadelwäldern. Legt sich der Ruß allerdings über Gletscher oder bedeckt er andere helle Flächen, reduziert er die Abstrahlungsfähigkeit dieser Oberflächen – die so genannte Albedo – und begünstigt damit ihre Aufheizung wie die der umgebenden Luftschichten. Gleichzeitig werden bei solchen Großfeuern auch enorme Mengen Kohlendioxid aus den verkohlenden Bäumen freigesetzt, was Klimatologen und Umweltschützer fürchten lässt, dass sie darüber den Klimawandel weiter begünstigen. Ohnehin steigen die Durchschnittstemperaturen in arktischen und borealen Breiten schneller als in anderen Regionen des Globus, was die Brandsaison verlängert und zusätzliche Feuer begünstigt.
Die Gesamtbilanz dieser Zerstörungen für das Klima ist also schwer kalkulierbar, was Wissenschaftler um James Randerson von der Universität von Kalifornien in Irvine wohl noch zusätzlich anspornte. Sie arbeiteten dazu auf dem Gebiet des Donnelly-Flats-Feuers in Alaska aus dem Juni 1999, das damals 7600 Hektar Schwarzfichtenwald verzehrte. Über die Jahre hinweg studierte die Gruppe ein- und ausgehende Strahlung, von den Pflanzen aufgenommenes oder abgebenes CO2, kalkulierten wieviel Kohlendioxid und Methan als direkte Folge des Brandes freigesetzt wurde, wie sich die Temperaturen änderten und vieles mehr. Anschließend verglichen sie die Daten mit den Ergebnissen einer zwölf und einer achtzig Jahre älteren Brandfläche.
In den ersten Monaten nach dem Ereignis reagierte die Umwelt wie befürchtet: Trotz der anfänglich dichten Konzentration an Aerosolen erwärmte sich die Umgebung, denn zusätzlich zu den in beträchtlichen Mengen in die Luft entlassenen Treibhausgasen gesellte sich noch bodennahes, Wärme zurückhaltendes Ozon. Russ und dunkle Aschen schlugen sich alsbald auf dem Boden nieder, was während des Sommers weitere Aufheizungen verursachte. Selbst in entfernten Polarregionen verschmutzten sie Meer- und Gletschereis, verringerten die Albedo und speicherten mehr Sonnenenergie.
Im darauffolgenden Jahr jedoch kehrten sich die Verhältnisse um, denn Herbst- und Winterniederschläge wuschen die dunklen Partikel hinfort oder überdeckten sie. Und nicht nur der Schnee hellte die Umgebung im zeitigen Frühling auf, sondern auch das Fehlen der Bäume und deren Nadelkleid. Nun erhöhte sich die Rückstrahlung von der Oberfläche ins All, was die bodennahe Atmosphäre spürbar abkühlte – ein Effekt, der selbst mit der beginnenden Wiederbewaldung der versengten Fläche anhielt. Denn die Erholung der Vegetation beginnt in diesen Breiten mit Espen und Birken, deren helleres, breites Laub ebenfalls eine höhere Albedo aufweist als die dunklen Nadeln der Schwarzfichten. Ebenso verlieren sie ihre Blätter im Herbst, was wiederum die Bodenbedeckung mit Schnee fördert.
Ein großer Teil der ursprünglich freigesetzten Kohlendioxidmenge wird nun zudem von den aufkommenden Bäumen, darunter bald auch wieder Fichten, wieder aufgenommen, sodass sich diese Bilanz über die Jahre mehr und mehr ausgleicht. Es dauert nach den Kalkulationen der Wissenschaftler jedoch rund sechzig Jahre bis aus einem negativen, treibhausförderlichen Wert ein positiver wird. Wenn dann aber nach etwa achtzig Jahren ein neuer reiner und dunkler Schwarzfichten-Stand das Areal einnimmt, speichert das Ökosystem wieder ähnlich viel Kohlenstoff wie vor dem letzten Brand – zu Buche steht dann für die Region eine periodische, leichte Netto-Abkühlung.
Erwachsen aus diesen Erkenntnissen auch konkrete Handlungsanweisungen? Nicht unbedingt: Eine Rückkehr beispielsweise zur totalen Feuerunterdrückung der Vergangenheit, damit weniger CO2 freigesetzt wird, lässt sich mit diesen Ergebnissen nicht begründen. Und sie hätte ohnehin fatale Folgen, wie die Vergangenheit bereits gezeigt hat. Forstwirten waren Brände aus verschiedensten Gründen ein Gräuel, weshalb sie, so gut es ging, bekämpft wurden. Zum Schaden für das Ökosystem, das auf diese Störung als Lebenselexier angewiesen ist: Die Hitze setzt schlecht zersetzbare Pflanzenabfälle wie Nadeln um und macht die Nährstoffe darin wieder allgemein verfügbar. Viele Arten haben sich zudem so gut an Feuer angepasst, dass sie sogar erst nach dessen Escheinen keimen können – Prozesse, die durch die Vermeidungsstrategie unterbunden wurden. In ihrem Gefolge akkumulierte sich in den Wäldern der Brennstoff, noch verheerendere Feuerereignisse waren die Folge.
Aber auch eine gegenteilige Politik brächte nicht unbedingt die gewünschten Resultate. Häufigere und großflächigere Feuer verschafften der nördlichen Hemisphäre zukünftig vielleicht etwas Abkühlung, doch wären sie sicher nicht im Sinne der Holzindustrie. Pappel- und Birkenholz hat schließlich nicht die Qualität der meist gerade wachsenden Fichten – von den fraglichen Folgen für das Ökosystem als Ganzem ganz abgesehen. Randerson und seine Kollegen schlagen deshalb zur Eindämmung des Klimawandels das Übliche vor: Energie sparen.
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