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Simulation: Übertragbare Impfstoffe könnten Krankheiten ausrotten

Manche Krankheiten lassen sich nicht besiegen, weil ein Teil der Bevölkerung sich nicht impfen lässt. Dagegen könnten Vakzine helfen, die sich eigenständig ausbreiten.
Blau beleuchtete Fläschchen mit Impfstoff, die in einer akkuraten Reihe stehen.

Bestimmte Krankheiten lassen sich nicht ausrotten, weil immer ein zu geringer Teil der Bevölkerung geimpft ist oder weil das zum Impfen verwendete Virus in seltenen Fällen selbst die Krankheit hervorruft. So ist die Lage etwa bei Polio. Hier böte sich eine raffinierte Alternative an, wie Wissenschaftler um Scott Nuismer von der University of Idaho in Moscow nun vorrechnen: Ein sich selbst ausbreitendes Vakzin könnte in solchen Fällen die Krankheit stark zurückdrängen oder ganz beseitigen.

Das hat das Team durch Simulationen berechnet. In seinem Szenario könnten Mediziner ein Virus gentechnisch so bearbeiten, dass es keine Krankheit mehr hervorruft, aber das Immunsystem gegen den Ursprungserreger oder ein anderes Virus wappnet. Dieses modifizierte Virus würde dann in die Bevölkerung freigesetzt, wo es sich immer weiter ausbreiten würde. Der Gang zum Impfarzt entfiele, Neugeborene würden sich einfach bei ihrer Umgebung »anstecken«.

Entscheidend war für Nuismer und Kollegen bei ihrer Berechnung die Überlegung, dass das zum Impfen verwendete Virus selbst keine Gefahr darstellen und deshalb nur minimal ansteckend sein darf. Sich selbst überlassen würden solche Viren über kurz oder lang aus der Population verschwinden. Um sie als Impfstoff einzusetzen, müssten sie immer wieder in die Bevölkerung eingeführt werden. Aber würden sie unter dieser Bedingung überhaupt noch die intendierte Aufgabe erfüllen? Das sei in der Tat der Fall, schreiben die Forscher. Ihre Modellrechnung zeigt aber auch: Um die Krankheit mit Gewissheit zum Verschwinden zu bringen, wäre ein Vakzin nötig, dass die Forscher als immerhin »moderat ansteckend« bezeichnen.

Um eine ungefährliche Variante des Ursprungserregers zu finden, schlagen die Wissenschaftler vor, ein schwach infektiöses Virus als Basis zu wählen und diesem mit gentechnischen Methoden so zuzusetzen, dass es sich nicht von allein wieder in eine krank machende Form zurückentwickeln kann. Hier würden sich beispielsweise »stumme« Mutationen anbieten, die sich nur indirekt auf die Fitness auswirken, oder größere Umstellungen im genetischen Kode, mit denen sich verhindern lassen sollte, dass der Erreger sich mit natürlich vorkommenden Varianten kreuzt.

Bis ein solches Verfahren gefahrlos an Menschen eingesetzt werden könnte, würde freilich noch einige Zeit und Entwicklungsarbeit nötig werden, meinen die Forscher. Ihre Stärke sollte die Methode darum in nächster Zeit eher im Tierreich ausspielen. Wildtierpopulationen können beispielsweise nur schwer durchgängig geimpft werden. Entsprechende Versuche mit sich selbst verbreitenden Vakzinen, bei denen Kaninchen gegen die Kaninchenpest (Myxomatose) und Hirschmäuse gegen das Sin-Nombre-Hantavirus geimpft werden sollen, würden bereits laufen. Auf diese Weise ließen sich eventuell auch Krankheiten wie Ebola bekämpfen, die immer wieder von einem kaum zu kontrollierenden Wildtier-Reservoir auf den Menschen überspringen.

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