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Quantenoptik: Ultraschneller Blick in Atome und Moleküle

Wer Bewegungen von Elektronen in Atomen beobachten will, der muss schnell sein. Ein internationales Forscherteam hat darin nun einen neuen Rekord aufgestellt: Die Wissenschaftler haben erstmals mit speziellen Laserpulsen Lichtblitze erzeugt, die nur noch rund 80 Attosekunden dauern.
Oszillationen einer Lichtwelle
Im Mikrokosmos bewegen sich Elektronen rasend schnell. Innerhalb weniger Attosekunden springen die Teilchen in Atomen, zwischen benachbarten Atomen in einem Molekül oder einem Festkörper von einem Ort zum anderen. Die Folgen sind uns beispielsweise in Form von Licht und Strom bestens bekannt.

Umlagerungen von Elektronen innerhalb von Proteinen oder anderen Biomolekülen können aber auch dazu führen, dass sich deren Gestalt und Bindungsstellen verändern und ihre Funktion beeinträchtigt wird. Genauere Einblicke über das Verhalten von Elektronen könnte daher helfen, neue Lichtquellen zu entwickeln, die Entstehung schwerer Krankheiten besser zu verstehen oder die elektronische Datenverarbeitung zu beschleunigen.

Blitzschneller Blick

Um diese Sprünge zu beobachten, benötigt man Technologien, die ebenso kurze Zeiträume zu messen in der Lage sind. Dazu dienen ultrakurze Lichtblitze. Physiker des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik stellten darin nun einen neuen Rekord auf: Sie unterschritten erstmals 100 Attosekunden – also 100 Milliardstel einer Milliardstel Sekunde.

Die Wissenschaftler um EEleftherios Goulielmakis nutzten dafür das starke elektrische Feld von Laserblitzen im nahen, infraroten Licht. In den Laserblitzen führt dieses Feld kaum mehr als eine einzige kräftige Schwingung mit einer Periode von etwa 2,5 Femtosekunden (eine Femtosekunde sind 1000 Attosekunden) aus. Das heißt: Die Lichtwelle beinhaltet nur mehr zwei hohe Wellenberge und ein tiefes Wellental dazwischen. Und genau darin steckt der Clou für die enorme Kürze und Intensität der erzeugten Lichtpulse.

Ein Wellenschlag genügt

Erzeugung der Attosekundenpulse | Durch eine scharf begrenzte Lichtwelle erzeugten Physiker um Ferenc Krausz vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik Lichtblitze, die nur noch 80 Attosekunden lang dauern. Eines der Herzstücke der Anlage ist auf dem Bild zu sehen. An dieser Stelle entstehen die Attosekundenblitze. Das Foto zeigt eine Düse, aus der Edelgas strömt. Auf das Edelgas wird ein Laserblitz fokussiert. Dadurch werden die Edelgasatome angeregt und senden anschließend selbst Lichtblitze im Attosekundenbereich aus.
An den Spitzen dieser Berge und am Tiefpunkt des Tales ist die Kraft, die das elektrische Lichtfeld auf die Elektronen ausübt, am stärksten. Dadurch schlägt es Elektronen aus Atomen – im Experiment der Garchinger Physiker aus Edelgasatomen – heraus und hinterlässt Ionenrümpfe. Durch die Schwingung des Lichtfeldes ändert die Kraft ihre Richtung und schleudert die Elektronen wenig später wieder zu den Ionenrümpfen zurück. Beim Auftreffen rufen die freien Elektronen extrem schnelle Elektronenschwingungen hervor, die nur noch Attosekunden dauern und dadurch wiederum Lichtblitze in Attosekunden-Zeiträumen aussenden. Diese Blitze befinden sich dann im Bereich des extremen ultravioletten Lichts (XUV, etwa 10 bis 20 Nanometer Wellenlänge).

Die kontrollierte Erzeugung dieser einzigen kräftigen Lichtschwingung erlaubte es dem Garchinger Forscherteam nun erstmals, genau drei Mal Elektronen innerhalb eines einzelnen Laserpulses freizusetzen, die bei ihrer Rückkehr zum Ionenrumpf entsprechend drei Attosekundenpulse lieferten. Einer dieser drei Pulse besitzt eine besonders hohe Intensität, er liefert mehr als 100 Millionen Photonen innerhalb einer Dauer von nur 80 Attosekunden. Diesen Puls filtert das Team mit speziellen Röntgenspiegeln heraus, die die Arbeitsgruppe um Ulf Kleineberg von der Ludwig-Maximilians-Universität München entwickelt, und erzeugt dadurch einen einzelnen Röntgenblitz mit einer Dauer von 80 Attosekunden.

Neue Einblicke

Blick in eineVakuumkammer für Attosekundenmessungen | In einer Vakuumkammer werden die extrem ultravioletten Attosekundenpulse (links oben, als blauer Strahl gekennzeichnet) über einen Spiegel (rechts) auf eine Probe aus Neongas fokussiert. Gleichzeitig trifft ein Laserpuls im Bereich des nahen Infraroten auf die Probe (roter Strahl). Die beiden Lichtstrahlen in Kombination ermöglichen die Beobachtung von Elektronenbewegungen in den bestrahlten Atomen.
Mit ihren Experimenten stoßen die Garchinger Physiker kontinuierlich in bisher unbekannte Zeitdimensionen vor. "Lichtpulse, die kürzer als 100 Attosekunden sind, werden uns den Zugang zu bisher nicht sichtbaren Elektronenbewegungen gewähren. Vor allem Wechselwirkungen der Elektronen untereinander werden wir in Echtzeit beobachten können", erklärt Eleftherios Goulielmakis.

Ferenc Krausz, Direktor der Max-Planck-Institutes für Quantenoptik, ergänzt: "Elektronen sind in lebenswichtigen mikroskopischen Prozessen genauso wie in der Technik allgegenwärtig. Ihre blitzschnelle Bewegung bestimmt den Ablauf aller biologischen und chemischen Prozesse, wie auch die Geschwindigkeit der Mikroprozessoren, das Herzstück von Computern." Mancher dieser Prozesse, wie etwa die Energieübertragung zwischen Elektronen oder die Reaktion der Teilchen auf externe Einflüsse, kann innerhalb weniger Attosekunden vonstattengehen.

"Mit unseren Lichtpulsen machen wir diese Phänomene immer besser sichtbar", so Krausz weiter. Ähnlich wie bei der Belichtungstechnik in der Fotografie werden die Bilder aus dem Mikrokosmos umso schärfer, je kürzer die Lichtpulse sind, mit denen sie abgeblitzt werden. "Dank der Attosekundentechnik werden wir eines Tages in Molekülen Elektronenbewegungen in Zeitlupe beobachten. Ebenso werden wir elektrischen Strom in atomaren Schaltkreisen mit Infrarotlicht viele Billionen Mal pro Sekunde schalten können", prophezeit der Physiker.

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