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Umweltverschmutzung: Arktische Eisalgen mit Mikroplastik verseucht

Kein Ort auf der Erde ist mehr frei von Mikroplastik: Selbst unter dem arktischen Eis und in der Tiefsee findet es sich massenhaft. Eine Alge spielt dabei wohl eine Schlüsselrolle.
Typische Eisalge in einer makroskopischen Aufnahme

Wind und Meeresströmungen verlagern unsere Abfälle bis in die hohen Breiten: Auch im Eis der Pole und am Meeresboden des arktischen Ozeans findet sich mittlerweile Plastikmüll. Eine Studie von Melanie Bergmann vom Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven und ihrer Arbeitsgruppe zeigt, dass die Eisalge Melosira arctica eine Schlüsselrolle für die Verteilung von Mikroplastik spielen könnte. Seine Erkenntnisse publizierte das Team im Journal »Environmental Science and Technology«.

Die unter dem arktischen Meereis wachsenden Algen reichern zehnmal so viele Mikroplastikpartikel in ihrem Inneren an, wie sich im umgebenden Meerwasser findet. Das ergab die Analyse von Proben, die Bergmann und Co während einer Fahrt des Forschungsschiffs »Polarstern« in die Arktis 2021 gesammelt hatten. Die hohe Konzentration ist wahrscheinlich eine Folge der besonderen Lebensstrategie des Planktons. Im Frühling und Sommer wachsen die Algen mit rasantem Tempo unter dem Meereis und bilden dort meterlange Zellketten. Sterben die Zellen ab und schmilzt das Eis, an dessen Unterseite sie haften, verkleben diese zu Klumpen.

»Die fädigen Algen haben eine schleimig klebrige Textur, so dass sie womöglich Mikroplastik aus atmosphärischen Niederschlägen, dem Meerwasser selbst, dem umgebenden Eis und jeder anderen Quelle einsammeln«, erklärt die an der Studie beteiligte Wissenschaftlerin Deonie Allen von der University of Canterbury. Pro Kubikmeter enthielten die Algenklumpen durchschnittlich 31 000 Mikroplastikpartikel. Gleichzeitig bilden die Algen eine wichtige Nahrungsquelle für verschiedene Tierarten – direkt unter dem Eis wie in der Tiefsee.

»Einmal im Algenschleim gefangen, fahren die Partikel wie in einem Aufzug zum Meeresboden«, so Allen. Normalerweise sinken die auch als Meeresschnee bezeichneten Überreste abgestorbener Algen sehr langsam zum Grund: ein Prozess, der Tage oder Wochen dauern kann. Die Klumpen sind jedoch so schwer, dass das Absinken sehr viel schneller geht. Schon innerhalb eines Tages geht es zum Teil mehrere tausend Meter in die Tiefe, was außerdem ein besonderes Phänomen entschlüsseln hilft. »Wir haben endlich eine plausible Erklärung dafür gefunden, warum wir auch im Tiefseesediment immer im Bereich des Eisrands die größten Mengen von Mikroplastik finden«, sagt Melanie Bergmann. Da die Eisalgen dort zudem eine wichtige Nahrungsquelle für viele Tiefseebewohner darstellen, könnte das Mikroplastik so ebenfalls in das dortige Nahrungsnetz gelangen.

Die detaillierte Analyse der Plastikzusammensetzung zeigte, dass eine Vielzahl verschiedener Kunststoffe in der Arktis vorkommt, darunter Polyethylen, Polyester, Polypropylen, Nylon, Acryl und andere Polymere. Zuzüglich verschiedener weiterer Chemikalien und Farbstoffe entsteht so ein Stoffgemenge, dessen Auswirkungen auf Umwelt und Lebewesen in der Arktis schwer einzuschätzen ist. Daher appelliert Bergmann dafür, endlich die Plastikflut einzudämmen, damit letztlich auch weniger Müll in der Umwelt landet.

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