Umwelt: Klimaschutz im Sumpf
Auwälder, Moore, Sümpfe: Wer Feuchtgebiete abholzt oder trockenlegt, zerstört nicht nur Ökosysteme, sondern heizt auch das Klima an. Insbesondere in den Tropen fordern Stahlindustrie, Biosprit und Tourismus ihren Tribut.
Ein Mosaik von Sümpfen, Galeriewäldern, Überschwemmungswiesen, Cerrado-Wäldern, Seen und Flüssen – der Pantanal erstreckt sich über 160 000 Quadratkilometer im Westen Brasiliens hauptsächlich in den Bundesstaaten Mato Grosso do Sul und Mato Grosso. Forscher zählten hier bereits 650 Vogel-, rund 400 Fisch- und 80 Säugetierarten. Gerade für die beiden großen Raubkatzen Jaguar und Puma gilt dieses Feuchtgebiet eines ihrer letzten großen Zufluchten, dessen Tage jedoch gezählt scheinen. Sein schlimmster Umweltfeind heißt aktuell Bioenergie in Form von Holzkohle und Agrosprit.
Laut Ignácio Augusto de Mattos Santos von der Ibama stammten 44 Prozent der in Brasilien vermarkteten, illegalen Holzkohle aus diesem Bundesstaat und immer mehr davon aus dem Pantanal. Das Ökosystem des Pantanal, sagt er, sei während der vergangenen zwei Jahre stark degradiert worden, und wenn diese illegale Abholzung weitergehe, seien die Tage dieses größten Feuchtgebiets der Erde rasch abgezählt.
Der zunehmende Zuckerrohranbau sowie die neuen, gleichfalls Wasser verbrauchenden und verschmutzenden Ethanolfabriken in Zentralbrasilien und insbesondere in Mato Grosso do Sul verschärfen das Problem. Erst im Juni 2007 wurde die Ethanolfirma Alcopan (Álcool do Pantanal) angeklagt, das Feuchtgebiet mit den Abwässern seiner Biospritfabrik zu belasten.
Die traditionelle Einkommensquelle der Region, die extensive, auf Naturweiden setzende Rinderzucht, zieht sich dagegen immer mehr zurück. Und das erschwert die Situation im Pantanal zusätzlich: Denn obwohl die extensive Viehzucht auch in Konkurrenz zu den Wildtieren stand, garantierte sie dennoch den Erhalt dieses Feuchtgebiets.
Doch der relative Preisverfall und der Konkurrenzdruck auf den Rindfleischmärkten durch die auch in Brasilien zunehmende Massentierhaltung führt dazu, dass Rinderfarmer ihr Land an intensive Agrarbetriebe verkaufen oder selbst die Viehzucht intensivieren. Beides mündet in Abholzung und drastischer Veränderung des Ökosystems. Galerie- und Cerrado-Wälder des Pantanal werden vernichtet und durch exotische Grasarten, Zuckerrohrplantagen oder andere, mehr Rendite versprechende "Ackerfrüchte" ersetzt.
Seit den 1970er Jahren sehen sich die endemischen Fischarten dieser einmaligen Wasserwelt aber zunehmend auch von einem anderen Räuber bedroht: Der aus dem Amazonasgebiet stammende Tucunaré gilt als Pit Bull unter den Fischarten. Laut offiziellen Berichten floh diese mächtige Amazonas-Barschart aus überschwemmten Aquakulturen in das Ökosystem des Pantanals.
Für die jährlich rund 80 000 ins Pantanal strömenden süd- und südostbrasilianischen Sportfischer – vornehmlich aus São Paulo und Rio de Janeiro – war dies ein Grund zum Feiern, müssen sie doch nun nicht mehr ins ferne Amazonien fliegen, um einen prächtigen Tucunaré an der Angel zu haben. Für das Pantanal jedoch hat sich dieser "Fischzuchtunfall" in eine schleichende Ökokatastrophe entwickelt, welche die Bestände von im Pantanal endemischen Fischarten vernichtet.
Die Hartnäckigkeit machte sich im vergangenen Jahr bezahlt: Im August 2007 rettete die brasilianische Justiz das Pantanal – vorläufig – vor der Zerstörung durch die geplante Wasserstraße. Sie erklärte die bestehende, den Bau befürwortende Umweltverträglichkeitsstudie für ungültig.
Holz für Stahl
Bereits der Betrieb der Erzminen im Bereich des von sauberen Wasserressourcen abhängigen Pantanal offenbart sich als Damoklesschwert. Doch die Verhüttung des Eisenerzes mittels Holzkohle zu Stahl für den Export in die USA, nach Japan und in die EU setzen dem vielfältigen Ökosystem noch direkter und heftiger zu. Denn dazu werden die Cerrado- und Galerie-Wälder des Pantanals und seiner Einzugsgebiete rücksichtslos eingeschlagen. Laut staatlicher Umweltbehörde Ibama (Instituto Brasileiro do Meio Ambiente e dos Recursos Naturais Renováveis) werden jährlich in Mato Grosso do Sul 200 000 Hektar Wald illegal für Holzkohle kahlgeschlagen. Holzkohle, die letztlich in den Hochöfen endet. Erst jüngst verdonnerte die Ibama die Stahlfirma MMX von Milliardär Eike Batista – laut Forbes der reichste Brasilianer – zu einer eher gelinden Strafe von rund einer Million Euro wegen illegal produzierter Holzkohle aus dem Pantanal. Insgesamt bekamen 60 Stahlfirmen vergangenen Juni einen Strafbefehl, weil sie die letzten Wälder Mato Grosso do Suls verheizten.
Laut Ignácio Augusto de Mattos Santos von der Ibama stammten 44 Prozent der in Brasilien vermarkteten, illegalen Holzkohle aus diesem Bundesstaat und immer mehr davon aus dem Pantanal. Das Ökosystem des Pantanal, sagt er, sei während der vergangenen zwei Jahre stark degradiert worden, und wenn diese illegale Abholzung weitergehe, seien die Tage dieses größten Feuchtgebiets der Erde rasch abgezählt.
Voranschreitende Agrofront
Zusätzlich akut bedroht wird der Pantanal durch die voranschreitende Agrarfront in Zentral- und Westbrasilien – repräsentiert durch Sojabohnen- und Zuckerrohrplantagen. Denn sein Lebenselixier, Wasser, hängt von den Flüssen der mit Cerrado-Wald bedeckten Hochebenen ab. Doch genau dort breiten sich seit den 1970er Jahren gerade die Sojamonokulturen aus. Jahr für Jahr transportieren die Flüsse deshalb mehr Pestizide, Kunstdünger und immer weniger Wasser in das Feuchtgebiet, das für viele Menschen in Brasilien und weltweit als eines der eindrucksvollsten Naturparadiese weltweit gilt.Der zunehmende Zuckerrohranbau sowie die neuen, gleichfalls Wasser verbrauchenden und verschmutzenden Ethanolfabriken in Zentralbrasilien und insbesondere in Mato Grosso do Sul verschärfen das Problem. Erst im Juni 2007 wurde die Ethanolfirma Alcopan (Álcool do Pantanal) angeklagt, das Feuchtgebiet mit den Abwässern seiner Biospritfabrik zu belasten.
Die traditionelle Einkommensquelle der Region, die extensive, auf Naturweiden setzende Rinderzucht, zieht sich dagegen immer mehr zurück. Und das erschwert die Situation im Pantanal zusätzlich: Denn obwohl die extensive Viehzucht auch in Konkurrenz zu den Wildtieren stand, garantierte sie dennoch den Erhalt dieses Feuchtgebiets.
Doch der relative Preisverfall und der Konkurrenzdruck auf den Rindfleischmärkten durch die auch in Brasilien zunehmende Massentierhaltung führt dazu, dass Rinderfarmer ihr Land an intensive Agrarbetriebe verkaufen oder selbst die Viehzucht intensivieren. Beides mündet in Abholzung und drastischer Veränderung des Ökosystems. Galerie- und Cerrado-Wälder des Pantanal werden vernichtet und durch exotische Grasarten, Zuckerrohrplantagen oder andere, mehr Rendite versprechende "Ackerfrüchte" ersetzt.
Leer gefischt und leer gefressen
Auch der traditionelle Naturtourismus, der im Pantanal seit über zehn Jahren auf Hochtouren läuft, setzt dem Ökosystem zu. Vor allem Hobby- und Sportfischer der brasilianischen Mittel- und Oberklasse zieht es in dieses fischreiche Naturparadies, so dass immer mehr Straßen bis ins Herz des Feuchtgebiets gebaut werden. Bereits 1998 erzielte die nicht nachhaltige Sportfischerei 86 Prozent der gesamten Fänge im Pantanal, meldete die Weltbank.Seit den 1970er Jahren sehen sich die endemischen Fischarten dieser einmaligen Wasserwelt aber zunehmend auch von einem anderen Räuber bedroht: Der aus dem Amazonasgebiet stammende Tucunaré gilt als Pit Bull unter den Fischarten. Laut offiziellen Berichten floh diese mächtige Amazonas-Barschart aus überschwemmten Aquakulturen in das Ökosystem des Pantanals.
Für die jährlich rund 80 000 ins Pantanal strömenden süd- und südostbrasilianischen Sportfischer – vornehmlich aus São Paulo und Rio de Janeiro – war dies ein Grund zum Feiern, müssen sie doch nun nicht mehr ins ferne Amazonien fliegen, um einen prächtigen Tucunaré an der Angel zu haben. Für das Pantanal jedoch hat sich dieser "Fischzuchtunfall" in eine schleichende Ökokatastrophe entwickelt, welche die Bestände von im Pantanal endemischen Fischarten vernichtet.
Ein vorläufiger Erfolg
Im Vergleich zur geplanten, über 3400 Kilometer langen Wasserstraße, der Hidrovia Paraguai-Paraná, ist die räuberische Barschart aus dem Amazonasbecken dennoch nur ein kleiner Fisch. Über mehr als ein Jahrzehnt kämpften Umweltschützer und Menschenrechtler gegen dieses Entwicklungsprojekt, weil es dem Pantanal nicht abzuschätzende Schäden zufügen und Tausende von Fischern der Flüsse Paraguai und Paraná um deren Existenzen bringen würde.Die Hartnäckigkeit machte sich im vergangenen Jahr bezahlt: Im August 2007 rettete die brasilianische Justiz das Pantanal – vorläufig – vor der Zerstörung durch die geplante Wasserstraße. Sie erklärte die bestehende, den Bau befürwortende Umweltverträglichkeitsstudie für ungültig.
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