Meeressäuger: Unbekannte Zuflucht der Wale gefunden
"The right whale" – der richtige Wal: So bezeichneten die frühen Walfänger einen Teil ihrer Beute, weil sie so leicht zu erlegen war: Arten wie der Grönlandwal (Balaena mysticetus) flohen meist nicht vor den heranrückenden Schiffen und dümpelten langsam schwimmend an der Wasseroberfläche, so dass sie einfach erbeutet werden konnten. Zehntausende Tiere aus der Familie der Glattwale mussten daher sterben und wurden oft bis auf wenige tausend oder hundert Exemplare dezimiert, bis sich die Jagd nicht mehr lohnte oder die Arten endlich geschützt wurden. Um zu überleben, zogen sich aber zumindest manche Grönlandwale auch in Regionen zurück, in die ihre Schlächter nicht folgen konnten – und die sie noch heute als Rückzugsraum nutzen, wie Biologen um David Boertmann von der Universität Aarhus durch Zufall entdeckten: Sie wollten eigentlich Walrösser an der Nordostküste Grönlands zählen.
Mit ihrem Flugzeug überquerten sie dabei auch eine Polynja, eine große eisfreie Fläche innerhalb des sonst von Packeis bedeckten Meeres. Zu ihrem Erstaunen erblickten Boertmann und Co dort eine große Zahl an Grönlandwalen, die zur immer noch stark bedrohten Spitzbergen-Population der Art gehören: Dieser Bestand hatte sich trotz des langen Jagdverbots nach bisherigem Wissen deutlich schwächer erholt als in anderen Regionen. Doch allein in der beobachteten Polynja ermittelten die Forscher rund 100 der Meeressäuger – die höchste Zahl, die seit dem Höhepunkt der Jagd im 16. Jahrhundert gesehen wurde. Wahrscheinlich befinde sich hier das wichtigste Sommerquartier der spitzbergischen Grönlandwale, so Boertmann: Hier stellen sie wohl Ruderfußkrebsen nach, die sich während des Sommers massenhaft vermehren. Damit lässt sich vielleicht ein jahrhundertealtes Rätsel lösen. Denn schon die Walfänger berichteten davon, dass manche Grönlandwale während der besten Jagdzeit in das dichte Packeis rund um den Nordpol schwammen, wo sie vor den Schlachtschiffen sicher waren.
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