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News: Unberechenbar oder schusselig?

Laut einer Studie aus der Schweiz über das Einkaufsverhalten handelt rund ein Drittel der Konsumenten nicht nach der weit verbreiteten Theorie der Nutzenmaximierung. In einem ersten Laden kaufen sie einen Warenkorb, der hier mehr kostet als in einem anderen Geschäft, und in diesem zweiten Laden kaufen sie einen Warenkorb, den sie im ersten billiger hätten erstehen können - ein widersprüchliches Verhalten. Sind wir Konsumenten doch weniger berechenbar als bisher angenommen oder einfach nur schusselig?
In einem Fragebogen-Experiment mussten sich 320 Teilnehmer vorstellen, 20 verschiedene Warenhäuser mit jeweils rund 50 Franken in der Tasche zu besuchen. Mit diesem Geld sollten sie in jedem der Warenhäuser in beliebigen Mengen acht bestimmte Güter einkaufen, deren Preise von einem Geschäft zum anderen variierten. Die Versuchspersonen konnten die Liste aller Preise einsehen. Wenn sie die 50 Franken in einem Geschäft nicht ganz ausgaben, verfiel der Rest.

Ziel der Studie unter der Leitung von Aurelio Mattei von der Ecole des Hautes Études Commerciales der Université de Lausanne war es herauszufinden, wie sich Konsumenten bei sich ändernden Preisen entscheiden. Laut der Haushaltstheorie, einem Gebiet der Mikroökonomie, müsste sich das Einkaufsverhalten in erster Linie nach dem Einkommen und dem Warenpreis richten, wobei der Käufer den höchstmöglichen Nutzen anstrebt.

Die Analyse der Fragebogen ergab, dass sich 32 Prozent der Befragten nicht streng nach der Theorie der Nutzenmaximierung verhielten. Sie kauften also in einem Geschäft einen Warenkorb ein, den sie in einem anderen Geschäft billiger hätten bekommen können. Zwei ähnlich angelegte Versuche, an denen vor allem Studierende teilnahmen, hatten Anteile dieses inkohärenten Verhaltens von 25 Prozent und 44 Prozent ergeben. Derart kontrollierte Experimente über das individuelle Entscheidungsverhalten von Konsumierenden in der Realität sind in der Forschung bisher selten.

Die Ergebnisse brachten das Bild vom repräsentativen Konsumenten ganz schön ins Wanken. Aber vielleicht waren die Probekäufer einfach nur unaufmerksam. Wenn nämlich Irrtümer von bis zu fünf Prozent der ausgegebenen Summe erlaubt waren, reduzierte sich der Anteil der inkohärent handelnden Konsumierenden auf nur zwei Prozent.

Als Anreiz und um den Versuch realitätsnah zu halten, versprachen die Forscher den Versuchseinkäufern einen der ausgewählten Warenkörbe. Nach Ende des Experiments überließen sie den Teilnehmern die Wahl zwischen dem Warenkorb oder 50 Franken in bar. 97 Prozent der Teilnehmenden zogen das Geld vor, auch wenn die ausgewählten Waren mehr als diese Summe wert waren.

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