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News: ... und es gibt sie doch!

In den Methanhydraten unter dem Meeresboden ist der größte Teil der globalen Kohlenstoffreserven gebunden. Hier gibt es keinen Sauerstoff, und Jahrzehnte waren Wissenschaftler auf der Suche nach Organismen, die unter diesen Bedingungen Methan zu nutzen wissen. Endlich ist es soweit: Wissenschaftler stießen auf eine Symbiose von Mikroorganismen und wiesen erstmalig deren Beteiligung beim Methanumsatz nach.
Seit mehr als 30 Jahren versuchen Wissenschaftler weltweit einen Mikroorganismus zu finden, der Methan ohne Sauerstoff veratmen kann. Methan (CH4) ist ein wichtiges Treibhausgas und entsteht in großen Mengen an Land (vor allem in Reisfeldern und Kuhmägen) sowie im Meer (tief unter dem Meeresboden). An Land wird Methan von Bakterien mit Sauerstoff zu Kohlendioxid umgesetzt. In marinen Sedimenten verschwindet ein Großteil des Methans auch ohne Sauerstoff (anaerob). Hier dient Sulfat, das in großen Mengen im Meerwasser vorkommt, als Oxidationsmittel. Dieser Prozess kann geochemisch nachgewiesen werden und spielt vor allem im Bereich der Schelfmeere und Kontinentalhänge eine große Rolle für den Methankreislauf. Es ist sicher, dass Mikroorganismen an dieser Reaktion beteiligt sind, bisher gab es allerdings noch keine Möglichkeit, diese zu identifizieren.

Besonders deutlich stellte sich den Forschern des Bremer Max-Planck-Instituts für marine Mikrobiologie die Frage: "Wer frisst das Methan in anaeroben Sedimenten?", als sie im August 1999 auf Einladung des GEOMAR Forschungszentrums für marine Geowissenschaften in Kiel an einer Expedition mit dem Forschungsschiff FS Sonne zum Kontinentalhang vor Oregon (USA) teilnahmen. Das Forschungsprogramm TECFLUX des GEOMAR beschäftigt sich mit den dortigen Gashydraten-Vorkommen und untersucht die Prozesse der Bildung, Verteilung und Zersetzung des "brennenden Eises". Am Untersuchungsort, dem Hydratrücken, wird ständig eine große Menge an Methan aus den zerfallenden Gashydraten freigesetzt. Überall dort, wo solche Methanquellen zu finden sind, siedeln auf dem Meeresboden chemosynthethische Lebensgemeinschaften: Matten aus riesigen, fädigen Schwefelbakterien und Massenansammlungen der Muschelgattung Calyptogena, die in ihren Kiemen kleine Schwefelbakterien als Symbionten beherbergt. Diese Lebensgemeinschaften leben von dem Umsatz von Schwefelwasserstoff, doch warum kommen sie so reichlich an Methanquellen vor? Die Arbeitshypothese von Antje Boetius und ihrer Kollegen war, dass der Schwefelwasserstoff ein Produkt der Umsetzung von Methan mit Sulfat sein könnte. Erste Untersuchungen zeigten schnell, dass es am Hydratrücken keine andere bedeutende Quelle für Schwefelwasserstoff gibt. So konnten die Wissenschaftler das Auftreten der Bakterienmatten und der Muschelfelder am Meeresboden nicht nur als Wegweiser zu den Gashydraten benutzen, sondern auch als Anzeiger für die enorme Aktivität der bisher unbekannten anaeroben und Methan abbauenden Mikroorganismen.

Die Bodenproben aus den Bakterienmatten, die sie mit dem Multicorer vom Meeresboden erhielten, waren ein Volltreffer: Die Isotopenanalysen verschiedener charakteristischer Biomassebestandteile (Biomarker) zeigten, dass hier Mikroorganismen Methan aufgenommen und umgesetzt haben mussten. Die Suche nach den methanabbauenden Bakterien konnte also beginnen. Da über 99 Prozent der marinen Bakterien bisher unter Laborbedingungen nicht kultivierbar waren, wählten die Forscher eine neue Methode aus der Molekularökologie: die so genannte Fluoreszenz in situ-Hybridisierung (FISH). Dabei werden die Bakterien je nach ihrer Zugehörigkeit zu verschiedenen taxonomischen Gruppen durch kleine Nucleinsäure-Sonden, die einen Fluoreszenzfarbstoff tragen, markiert. Diese Methode hat den Vorteil, dass man sich die Bakterien als ganze Zellen im Mikroskop ansehen kann, und die Zellen auch quantifizieren kann, so wie sie in ihrer Umwelt vorkommen.

Als erstes fiel auf, dass in den methanhaltigen Sedimenten Massen von Archaea auftreten, meist in Klumpen aus 100 und mehr Zellen (Nature vom 5. Oktober 2000). Die Archaea gehören zu den ursprünglichsten Formen des Lebens auf der Erde und wurden bisher vor allem an extrem heißen Standorten entdeckt. Mit weiteren Markierungen entdeckten die Biologen, dass diese Archaea zu den Methanproduzierern (Methanogene) gehören, also viele der Enzyme haben sollten, um sich an Methanumsetzungen zu beteiligen. Die Isotopensignatur ihrer typischen Lipide (Archaeole) zeigte deutlich, dass sie Methan aufgenommen haben mussten. Am spannendsten war der Befund, dass diese Zellklumpen stets von sulfatreduzierenden Bakterien umwuchert sind.

Diese Aggregate aus Bakterien und Archaea kommen in den methanreichen Sedimenten des Hydratrückens mit Anzahlen von bis zu 100 Millionen pro Milliliter Schlamm vor, also mit einer enormen Biomasse für einen Tiefsee-Standort. In solchen Sedimentproben mit hohen Anzahlen von Aggregaten wird das Sulfat sehr schnell verbraucht und damit wahrscheinlich auch das Methan aus den Gashydraten.

Der Arbeitsgruppe ist somit der erste mikroskopische Nachweis einer Symbiose aus Mikroorganismen gelungen, die Methan ohne Sauerstoff abbauen können, und damit eine wichtige Rolle im Methankreislauf des Meeres übernehmen. Erst ihre enge Vergesellschaftung versetzt die sulfatreduzierenden Bakterien und Archaea in die Lage, gemeinsam aus dem Umsatz von Methan mit Sulfat Energie zu gewinnen. Dieser Prozess verursacht die hohen Konzentrationen von Schwefelwasserstoff an Methanquellen wie dem Hydratrücken vor Oregon, daher erzeugt die Symbiose von Bakterien und Archaea auch die Grundlage für die dort vorkommenden, besonderen Schwefelwasserstoff abhängigen Lebensgemeinschaften.

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