Sprache: Und plötzlich plappert das Plappermaul
Das Gequassel kommt wie auf Bestellung: Mit 18 Monaten fangen Babys plötzlich an zu sprechen - und hören gar nicht mehr auf. Dieser unerwartete Redeschwall ist möglicherweise das Ergebnis eines komplexen Lernprozesses, bei dem Kleinkinder eine Vielzahl von Worten - leichte ebenso wie schwere - parallel erlernen.
Auf einmal geht alles ganz schnell. Während sich glückliche Eltern zu Beginn des Spracherwerbs über jedes neue Wort des Nachwuchses freuen können, müssen sie das stets beliebte Zählen frisch erlernter Begriffe schon bald aufgeben. Denn mit einem Mal beschleunigt sich die Lerngeschwindigkeit der Babys rasant. Zwischen acht und zehn neue Ausdrücke lernen die Kleinkinder während dieser Zeit pro Woche. So umfasst der Wortschatz der Babys im Alter von 18 Monaten nur etwa fünfzig Wörter, bevor er sich dann im folgenden Jahr auf über 600 Begriffe verzwölffacht.
Zwar sprechen die Kleinkinder viele dieser Wörter wegen ihres noch begrenzten phonologischen Repertoires zunächst stark vereinfacht oder sogar falsch aus – die stolzen Eltern sind trotzdem glücklich über das plötzliche Gebrabbel ihrer Kleinen. In die Freude mischt sich jedoch auch ein wenig Ratlosigkeit: Was ist der Auslöser dieses unerwartet schnellen Anstiegs der Lernfähigkeit? Denn was den Babys nun scheinbar kinderleicht über die Lippen kommt, musste zuvor mühsam Wort für Wort von ihnen erlernt werden.
Keine Erklärung für den raschen Lernerfolg
Die Frage nach dem Auslöser dieser Entwicklung beschäftigt auch Sprachwissenschaftler und Psychologen. Ihre jeweiligen Erklärungsversuche sind in der Forschung noch immer umstritten, einen wissenschaftlichen Konsens gibt es nicht. Eine These etwa besagt, dass Babys erst im Alter von etwa 18 Monaten – also unmittelbar vor dieser so genannten Wortschatzexplosion – erkennen, dass die Objekte in ihrer Umwelt einen Namen haben. Andere Forscher sehen die Ursache dagegen darin, dass die Kleinkinder Objekte in thematisch zusammenhängenden Gruppen sortieren. Dabei benutzen sie alle bereits darin enthaltenen und damit schon bekannten Ausdrücke, um neue zu erlernen.
"Die Entwicklungspsychologie ist immer davon ausgegangen, dass es einen bestimmten Auslöser für die Wortschatzexplosion geben muss", sagt der Sprachpsychologe Bob McMurray von der Universität in Iowa City. "Vielleicht übersehen wir bei dieser Diskussion aber das große Ganze." Obwohl er ebenfalls nicht ausschließt, dass Kleinkinder ihre kognitive Lernfähigkeit durch spezielle Mechanismen steigern, glaubt McMurray die eigentlichen Ursachen für den rasanten Lernanstieg mit Hilfe einer Computersimulation gefunden zu haben: zum einen die komplexe Struktur einer Sprache und zum anderen die Fähigkeit von Kindern, mehrere und unterschiedlich schwere Worte zugleich für sich zu erschließen.
Seine Simulation, die er für insgesamt 10 000 Worte unterschiedlicher Schwierigkeit berechnet hat, gleicht einem einfachen Spiel: In einer Reihe von Bechern repräsentiert jeder Becher genau ein Wort. Je höher ein solcher Becher ist, desto schwieriger erlernt ein Kind diesen Ausdruck. Nach einem festen Zeitintervall, das einer Lernphase entspricht, wird in jeden aufgefüllten Becher ein Chip gefüllt – und zwar solange, bis der Becher voll ist. Ist dies der Fall, hat das Kind das Wort sozusagen virtuell erlernt.
Babys lernen früh
Grundsätzlich ist bekannt, dass der komplexe Prozess des Spracherwerbs schon einsetzt, bevor ein Säugling im Alter von einem Jahr das erste Wort – etwa "Mama" – über die Lippen kommt. Der Eindruck, das Kleinkind habe allein für die erstmalige Aussprache des "Mama" so lange gebraucht, stimmt jedoch nur zum Teil: Tatsächlich erlernen Babys stets mehrere Worte parallel – und zwar meist mehr schwere als leichte.
Denn die große Mehrheit der Wörter einer Sprache wird im Alltagsgebrauch kaum genutzt, argumentiert McMurray. Auch Eltern wählen relativ einfache Begriffe, wenn sie mit ihren Kindern sprechen. Der Begriff "Auto" ist eben eindeutiger und einfacher als sein Synonym "Kraftfahrzeug". Wird die Komplexität eines Wortes an der Häufigkeit seines Gebrauchs gemessen, verfügen die meisten Sprachen demnach über weitaus mehr schwierige als leichte Ausdrücke. Als weitere Einflussgrößen für die Komplexität eines Begriffs hat McMurray auch die Phonologie eines Wortes, dessen syntaktische Eigenschaften und der sprachliche Kontext in seinem Modell berücksichtigt.
Sprache lernen nach dem Ausschlussverfahren
Weit gehend einig sind sich die Sprachforscher, dass sich Kinder neue Worte nach dem Ausschlussprinzip aneignen. Blicken sie etwa auf einen reich gefüllten Obstkorb, werden sie das Wort "Ananas" mit zunehmendem Alter zuordnen können, weil sie alle anderen vorhandenen Früchte mittlerweile benennen können. Dieses Phänomen stimmt mit McMullans Modell überein. Denn je größer das bereits vorhandene Repertoire an Begriffen, desto effizienter können Kinder nach diesem Verfahren neue Ausdrücke zuordnen.
Ihr Wortschatz wächst damit immer schneller – und zwar so lange, wie das Verhältnis zwischen schweren und leichten Begriffen gewahrt bleibt. Das jedenfalls zeigen McMullans Berechnungen. "Dass unsere Simulation die Wortschatzexplosion ebenso gut simuliert wie sie durch andere Mechanismen dargestellt wird zeigt, dass diese speziellen Fähigkeiten für die steigende Lerngeschwindigkeit gar nicht notwendig sind", sagt McMurray.
Zwar sprechen die Kleinkinder viele dieser Wörter wegen ihres noch begrenzten phonologischen Repertoires zunächst stark vereinfacht oder sogar falsch aus – die stolzen Eltern sind trotzdem glücklich über das plötzliche Gebrabbel ihrer Kleinen. In die Freude mischt sich jedoch auch ein wenig Ratlosigkeit: Was ist der Auslöser dieses unerwartet schnellen Anstiegs der Lernfähigkeit? Denn was den Babys nun scheinbar kinderleicht über die Lippen kommt, musste zuvor mühsam Wort für Wort von ihnen erlernt werden.
Keine Erklärung für den raschen Lernerfolg
Die Frage nach dem Auslöser dieser Entwicklung beschäftigt auch Sprachwissenschaftler und Psychologen. Ihre jeweiligen Erklärungsversuche sind in der Forschung noch immer umstritten, einen wissenschaftlichen Konsens gibt es nicht. Eine These etwa besagt, dass Babys erst im Alter von etwa 18 Monaten – also unmittelbar vor dieser so genannten Wortschatzexplosion – erkennen, dass die Objekte in ihrer Umwelt einen Namen haben. Andere Forscher sehen die Ursache dagegen darin, dass die Kleinkinder Objekte in thematisch zusammenhängenden Gruppen sortieren. Dabei benutzen sie alle bereits darin enthaltenen und damit schon bekannten Ausdrücke, um neue zu erlernen.
"Die Entwicklungspsychologie ist immer davon ausgegangen, dass es einen bestimmten Auslöser für die Wortschatzexplosion geben muss", sagt der Sprachpsychologe Bob McMurray von der Universität in Iowa City. "Vielleicht übersehen wir bei dieser Diskussion aber das große Ganze." Obwohl er ebenfalls nicht ausschließt, dass Kleinkinder ihre kognitive Lernfähigkeit durch spezielle Mechanismen steigern, glaubt McMurray die eigentlichen Ursachen für den rasanten Lernanstieg mit Hilfe einer Computersimulation gefunden zu haben: zum einen die komplexe Struktur einer Sprache und zum anderen die Fähigkeit von Kindern, mehrere und unterschiedlich schwere Worte zugleich für sich zu erschließen.
Seine Simulation, die er für insgesamt 10 000 Worte unterschiedlicher Schwierigkeit berechnet hat, gleicht einem einfachen Spiel: In einer Reihe von Bechern repräsentiert jeder Becher genau ein Wort. Je höher ein solcher Becher ist, desto schwieriger erlernt ein Kind diesen Ausdruck. Nach einem festen Zeitintervall, das einer Lernphase entspricht, wird in jeden aufgefüllten Becher ein Chip gefüllt – und zwar solange, bis der Becher voll ist. Ist dies der Fall, hat das Kind das Wort sozusagen virtuell erlernt.
Babys lernen früh
Grundsätzlich ist bekannt, dass der komplexe Prozess des Spracherwerbs schon einsetzt, bevor ein Säugling im Alter von einem Jahr das erste Wort – etwa "Mama" – über die Lippen kommt. Der Eindruck, das Kleinkind habe allein für die erstmalige Aussprache des "Mama" so lange gebraucht, stimmt jedoch nur zum Teil: Tatsächlich erlernen Babys stets mehrere Worte parallel – und zwar meist mehr schwere als leichte.
Denn die große Mehrheit der Wörter einer Sprache wird im Alltagsgebrauch kaum genutzt, argumentiert McMurray. Auch Eltern wählen relativ einfache Begriffe, wenn sie mit ihren Kindern sprechen. Der Begriff "Auto" ist eben eindeutiger und einfacher als sein Synonym "Kraftfahrzeug". Wird die Komplexität eines Wortes an der Häufigkeit seines Gebrauchs gemessen, verfügen die meisten Sprachen demnach über weitaus mehr schwierige als leichte Ausdrücke. Als weitere Einflussgrößen für die Komplexität eines Begriffs hat McMurray auch die Phonologie eines Wortes, dessen syntaktische Eigenschaften und der sprachliche Kontext in seinem Modell berücksichtigt.
Sprache lernen nach dem Ausschlussverfahren
Weit gehend einig sind sich die Sprachforscher, dass sich Kinder neue Worte nach dem Ausschlussprinzip aneignen. Blicken sie etwa auf einen reich gefüllten Obstkorb, werden sie das Wort "Ananas" mit zunehmendem Alter zuordnen können, weil sie alle anderen vorhandenen Früchte mittlerweile benennen können. Dieses Phänomen stimmt mit McMullans Modell überein. Denn je größer das bereits vorhandene Repertoire an Begriffen, desto effizienter können Kinder nach diesem Verfahren neue Ausdrücke zuordnen.
Ihr Wortschatz wächst damit immer schneller – und zwar so lange, wie das Verhältnis zwischen schweren und leichten Begriffen gewahrt bleibt. Das jedenfalls zeigen McMullans Berechnungen. "Dass unsere Simulation die Wortschatzexplosion ebenso gut simuliert wie sie durch andere Mechanismen dargestellt wird zeigt, dass diese speziellen Fähigkeiten für die steigende Lerngeschwindigkeit gar nicht notwendig sind", sagt McMurray.
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