Datenspeicher: Und was weiß Ihre Brille so?
Ob Hemdknöpfe, Wasserflasche oder Brillengläser: Mit einer neuen Methode lassen sich beliebige Objekte zu Datenspeichern machen. Noch Jahre später lassen sich die Informationen wieder auslesen, wie ein Forscherteam der ETH Zürich nun im Fachmagazin »Nature Biotechnology« berichtet. Ihr Speichermedium der Wahl ist die Erbsubstanz DNA.
Alle Lebewesen tragen ihren eigenen Bauplan in sich. Anders unbelebte Dinge – zumindest bislang. Das Testobjekt der aktuellen Studie: ein Plastikhase aus dem 3-D-Drucker, der in sich die Druckanweisung trägt. Das sind rund 100 Kilobyte an Daten. Möglich gemacht haben es winzige Glaskörnchen, die DNA enthalten. »So wie richtige Hasen tragen auch unsere Häschen ihren Bauplan in sich«, sagt Robert Grass, Professor am Departement Chemie und Angewandte Biowissenschaften in einer Pressemitteilung der Universität.
Und wie in lebendigen Organismen lässt sich die Anleitung über Generationen weitergeben. Die 3-D-Druck-Anleitung könne selbst nach Jahrzehnten oder Jahrhunderten noch direkt aus dem Objekt herausgelesen werden, sagte Grass.
Der Plastikhase hat Nachwuchs und Nachwuchs vom Nachwuchs
Den Beweis dafür lieferten die Forscher, indem sie einen kleinen Teil des Plastikhasen nutzten, um daraus einen vollständigen, neuen zu drucken. Fünfmal gelang dies – der Urururenkel des Originals war geschaffen.
Doch nicht nur das. Die Forscher speicherten zudem einen 1,4 Megabyte großen Kurzfilm in einem Objekt – einer Brille. Sie archivierten die Daten in Glaskügelchen, die sie dann in die Linsen herkömmlicher Gläser gossen.
Möglich macht das die flexibel einzubauende DNA. »Alle anderen Speichermedien haben eine feste Geometrie«, sagte Grass' Kollege Yaniv Erlich in einem offiziellen Statement. Ein USB-Stick muss wie ein USB-Stick aussehen, eine Festplatte wie eine Festplatte. »DNA ist derzeit das einzige Speichermedium, das auch als Flüssigkeit bestehen kann, was es erlaubt, es in Objekte jeglicher Form zu speisen.«
Weil es sich um etwas Neues handelt, haben die Forscher ihrer Speicherform direkt einen eigenen Namen gegeben. Sie sprechen von der »DNA der Dinge«. Es ist eine Anspielung auf das »Internet der Dinge«, bei dem Objekte über das Internet mit Informationen verbunden werden.
Wozu das alles überhaupt gut sein soll? Das Team hat viele Ideen: Beispielsweise ließen sich laut Grass in Medikamenten Informationen über die Qualität speichern. Arzneimittelüberwachungsbehörden könnten so direkt prüfen, in welchem Zustand das Mittel ist. Möglich wäre es auch, hochwertige Nahrungsmittel als echt zu kennzeichnen. Oder eben Informationen in einem Objekt zu verstecken, wie die Brille zeigt. Grundsätzlich ist es denkbar, Daten in jeglichem Kunststoff zu speichern, der während der Herstellung nicht allzu hoch erhitzt werden müsse, schreiben die Forscher, zum Beispiel in Epoxiden, Polyester, Polyurethanen oder Silikonen.
Von einer flächendeckenden Anwendung ist man allerdings noch recht weit entfernt. Ein Grund sind die Kosten. Nach Angaben der Forscher kostet es derzeit umgerechnet rund 1850 Euro, um eine 3-D-Druckdatei wie die der Häschen in DNA-Information zu übersetzen.
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