Direkt zum Inhalt

Recycling: Unendlich wiederverwendbares Plastik

Ein neuer Kunststoff soll sich ohne Qualitätsverlust unendlich oft recyceln lassen. Dahinter steckt ein einfaches Prinzip - das aber schwer umzusetzen ist.
Plastikgranulat

Eine neue Klasse von Kunststoffen soll eines der größten Probleme des Plastikrecyclings lösen. Das als PBTL bezeichnete Material eignet sich als technischer Kunststoff und lässt sich unbegrenzt recyceln, berichtet eine Arbeitsgruppe um Eugene Chen von der Colorado State University. Wie das Team in »Science Advances« schreibt, basiert die Technik auf maßgeschneiderten schwefelhaltigen Molekülen, den bizyklischen Thiolaktonen. Sie lassen sich nicht nur zu den langen Molekülketten von Plastik vereinen, sondern auch sehr einfach wieder als Einzelmoleküle aus den Ketten herauslösen. Dadurch kann man das Material, anders als heutige Kunststoffe, ohne Qualitätsverlust neu verarbeiten.

Derzeit verwendete Kunststoffe wie Polyethylen lassen sich nicht ohne Qualitätsverlust recyceln, weil die ursprünglichen Bausteine nicht mehr voneinander getrennt werden können. Die Molekülketten aber werden beim Recyclingvorgang unweigerlich immer kürzer. Dadurch verschlechtern sich die Eigenschaften des Plastiks, es wird zum Beispiel weicher und instabiler, so dass man es nur noch für weniger anspruchsvolle Zwecke verwenden kann. Man bezeichnet das als »Downcycling«; das Material wird nicht im Kreislauf verwendet, sondern in einer Art Abwärtsspirale, die unweigerlich in der Verbrennung oder auf der Deponie endet.

PBTL entkommt dieser Spirale, weil man beim Recycling nicht den fertigen Kunststoff, also die Ketten wiederverwertet, sondern die Einzelbauteile. Wie bei anderen Kunststoffen auch reihen sich die bizyklischen Thiolaktone zu Ringen oder Ketten aneinander und bilden ein Material mit neuen, erwünschten Eigenschaften. Im Unterschied zu herkömmlichem Plastik jedoch lässt sich die Reaktion einfach umkehren, indem man den Stoff mit einem geeigneten Hilfsmolekül, einem Katalysator, erhitzt. Dabei zersetzt sich PBTL wieder in die ursprünglichen bizyklischen Thiolaktone. Diese können dann ohne Qualitätsverlust zu neuem Plastik verarbeitet werden.

Das Prinzip der wiederverwertbaren Kunststoffe ist nicht neu. Allerdings genügte bisher kein derartiges Material den widerstreitenden Anforderungen an Recyclingplastik. Zum einen muss es sich ohne übermäßigen Aufwand wieder zersetzen lassen, andererseits aber auch stabil und elastisch genug für technische Anwendungen sein. Zusätzlich müssen sich die genaue Struktur der Ketten und damit die Eigenschaften des Stoffs präzise steuern lassen. Das sei mit dem neuen Material prinzipiell möglich, schreibt das Team um Chen. Ein Problem überwindet aber auch PBTL nicht: Wiederverwenden kann man es nur, wenn es als Reinstoff vorliegt. Ein großer Teil des Plastiks allerdings wird zu Kompositen verschiedener Stoffe verarbeitet.

WEITERLESEN MIT »SPEKTRUM +«

Im Abo erhalten Sie exklusiven Zugang zu allen Premiumartikeln von »spektrum.de« sowie »Spektrum - Die Woche« als PDF- und App-Ausgabe. Testen Sie 30 Tage uneingeschränkten Zugang zu »Spektrum+« gratis:

Jetzt testen

(Sie müssen Javascript erlauben, um nach der Anmeldung auf diesen Artikel zugreifen zu können)

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.