Vulkanismus: Unerwarteter Lavasee nahe der Antarktis entdeckt
Saunders Island im Südatlantik gehört sicher zu den entlegensten und ungastlichsten Orten der Erde – und zu den wissenschaftlich am schwierigsten zu erforschenden: Die Insel ist fast vollständig von Eis bedeckt und wird vom aktiven Vulkan Mount Michael überragt, der vom Boden aus fast nicht zu bezwingen ist: Rund um den Gipfel befindet sich ein pilzschirmartiger Schneeüberhang, durch den Wissenschaftler sich vorgraben müssten, um den Kraterrand zu erreichen. Obwohl die vulkanische Tätigkeit von Mount Michael seit 200 Jahren bekannt ist, konnten Peter Fretwell vom British Antarctic Survey (BAS) und sein Team erst jetzt klären, dass sich in der Caldera ein permanenter, offener Lavasee befindet. Das berichten sie im »Journal of Volcanology and Geothermal Research«. Es ist erst der achte Lavasee in einem Vulkankrater, den Geowissenschaftler bislang kennen – von den anderen sieben befindet sich nur derjenige des Mount Erebus in der Antarktis weiter südlich.
Niedrig aufgelöste Satellitendaten hatten bereits 2001 angedeutet, dass es eine geothermische Anomalie auf Saunders Island geben könnte. Aus der Zeit zwischen 2003 und 2018 lagen dagegen besser aufgelöste Aufnahmen vor, aus denen letztlich ersichtlich wurde, dass sich im Krater ein Lavasee erstreckt: Er hat einen Durchmesser zwischen 90 und 215 Metern und eine Temperatur von 989 bis 1279 Grad Celsius, wobei die Lava beständig offen zu Tage trat. Im Gegensatz zu diesen offenen Lavaseen besitzen die meisten anderen Vulkane nur während eruptiver Phasen zeitweilige »Lavapools«, die nach Ende der Ausbruchszeit wieder unter festem Gestein verschwinden.
Obwohl die Insel regelmäßig von Expeditionen angesteuert wurde, hat sich bislang niemand auf den Gipfel gewagt. Eis und Schnee am Gipfel erinnern eher an Puderzucker. Der beständig austretende Wasserdampf aus der Lava gefriert in der klaren Luft der Subantarktis schnell und rieselt dann sehr feinkörnig nieder. Kletterer würden sofort einsinken, weil man nicht darüber gehen kann. Doch sich Zeit raubend durchzuwühlen, empfiehlt sich am Rand eines aktiven Vulkans ebenfalls nicht. Deshalb sind die Wissenschaftler froh über die Satellitenbilder und ihre neu entwickelte Auswertetechnik, mit der sich zukünftig mehr vereiste Vulkane erforschen lassen könnten.
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