Ferne Welten: Ungewöhnliches Planetensystem aufgespürt
Innerhalb unseres Sonnensystems halten sich Gesteinsplaneten wie die Erde nahe der Sonne auf, während Gasriesen wie Jupiter in entfernten Regionen ihre Bahnen ziehen. Ein Team um Joshua Carter vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge, US-Bundesstaat Massachusetts, entdeckte nun zwei extrasolare Planeten, die diesem Schema offenbar nicht folgen: Obwohl sie sich auf benachbarten Orbits befinden, besitzen sie äußerst unterschiedliche Eigenschaften. Das sei ein weiteres Beispiel dafür, so die Astronomen, dass sich Planetenbahnen im Lauf der Zeit stark ändern können – und unser Sonnensystem alles andere als allgemein gültig sei.
Rund 1200 Lichtjahre von der Erde entfernt erspähten Astronomen mit dem Weltraumteleskop Kepler bereits einen Planeten um den Stern Kepler-36a im Sternbild Schwan. Alle 16 Tage zieht Kepler-36c von der Erde aus betrachtet vor seinem Mutterstern vorbei und verdunkelt diesen dabei leicht, wodurch er nachweisbar wird. Carter und seine Kollegen suchten in dem System nun mit einem speziellen Computeralgorithmus gezielt nach weiteren Planeten in den Daten und wurden fündig. Der kleinere Kepler-36b umkreist den Stern siebenmal, während Kepler-36c sechs Umläufe schafft.
Die beiden Himmelskörper bewegen sich nahezu in derselben Bahnebene und nähern sich auf ihrem fast kreisförmigen Orbit etwa alle 97 Tage auf weniger als zwei Millionen Kilometer – oder die fünffache Erde-Mond-Distanz – an, berichten die Forscher. Damit kommen sie sich 30-mal näher als irgendwelche Planeten in unserem Sonnensystem. Infolgedessen werden die beiden fernen Himmelskörper von enormen Gezeitenkräften gestaucht und gestreckt, was auf Kepler-36b zu aktivem Vulkanismus führen könnte.
Anhand der gravitativen Wechselwirkung zwischen den beiden und den daraus resultierenden Schwankungen in den Umlaufbahnen konnten die Astronomen die Eigenschaften der beiden Planeten relativ genau abschätzen. Bei Kepler-36b handelt es sich demnach wahrscheinlich um einen Gesteinsplaneten mit dem 1,5-fachen Erdradius und der 4,5-fachen Erdmasse. 30 Prozent seines Gewichts könnten auf Eisen und vermutlich nicht mehr als 15 Prozent auf Wasser zurückgehen, berechnen Carter und sein Team mit Hilfe von Computersimulationen, während eine mögliche Atmosphäre aus Wasserstoff und Helium zu weniger als einem Prozent beiträgt. Kepler-36c, der zweite Planet, besitze möglicherweise einen Gesteinskern, umgeben von reichlich Wasserstoff- und Heliumgas. Mit der 8,1-fachen Erdmasse und dem 3,7-fachen Erdradius erinnert er an Neptun.
Die Dichten der beiden Planeten unterscheiden sich um das Achtfache, der Radius ihrer Umlaufbahnen dagegen nur um zehn Prozent. Wie zwei derart ungleiche Welten in so nahen Orbits laufen können, ist den Wissenschaftler bislang ein Rätsel. Auch in anderen Systemen fand man bereits Riesenplaneten nahe bei ihren Muttersternen. "Wir durchkämmen jetzt die Keplerdaten, um noch mehr solcher Systeme aufzuspüren", so Carter. Die ungewöhnlichen Planetensysteme dienten nicht zuletzt als Anreiz für Theoretiker, die Modelle über planetare Migration und das Umordnen von Plantenorbits weiterzuentwickeln.
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