News: Universalabwehr
Doch schon bald zeigte sich die Kehrseite der Medaille: DDT wirkt nicht nur auf Insekten, es reichert sich auch im Fettgewebe von Wirbeltieren einschließlich des Menschen an und gilt als mutationsauslösend und cancerogen. Daher ist die Produktion und der Einsatz in den meisten europäischen Ländern heute verboten, in vielen Entwicklungsländern wird es aber nach wie vor angewendet.
Doch inzwischen wussten sich die Insekten zu wehren: Sie entwickelten Resistenzen, sodass DDT und seine Abkömmlinge immer mehr ihre Wirksamkeit verloren. Hierzu nutzen sie eine Gruppe von Entgiftungsenzymen, die aufgrund ihres Absorptionsmaximums bei 450 Nanometern Cytochrom-P450-System genannt wird.
Auch die Taufliege Drosophila melanogaster, die nicht gerade den Ruf eines gefährlichen Krankheitsüberträgers genießt, dafür bei Genetikern umso beliebter ist, hat Resistenzen gegen DDT entwickelt. Da ihr Genom nahezu vollständig entziffert ist, wählte Phil Daborn von der University of Bath das Insekt als Modellorganismus, um die Mechanismen der Resistenzen genauer zu untersuchen. Dabei wollten Daborn und seine Kollegen herausfinden, welches der etwa 90 P450-Gene für die DDT-Resistenz verantwortlich ist.
Bekannt war bereits, dass DDT-R, ein Gen außerhalb der P450-Genfamilie, hierbei eine Rolle spielt. Wie sich herausstellte, aktiviert es nur ein einziges P450-Gen. Und dieses Gen namens Cyp6g1 bewirkt in den resistenten Tieren, dass das Cytochrom-P450-System hundertfach effektiver arbeitet als in den Fliegen, denen DDT nach wie vor zusetzt.
Die Forscher überraschte nicht nur die Effektivität einer einzelnen Mutation. Denn neben DDT legt Cyp6g1 auch andere Insektizide lahm, wie Organochlor- und Organophosphorverbindungen, Carbamate oder Neonicotinoide. Offensichtlich scheint die Insektenwelt mit Cyp6g1 ihrerseits ein vielseitiges Wundermittel gegen das einstige Wundermittel gefunden zu haben.
Und die Resistenzen haben sich nicht nur schnell verbreitet, sie sind auch nach wie vor aktiv, trotz des inzwischen eingeschränkten DDT-Einsatzes. Hier sehen die Forscher ein deutliches Alarmzeichen. "Eine einzige Mutation bei einem Schadinsekt kann verheerende Konsequenzen nach sich ziehen", betont Phil Batterham von der University of Melbourne, der an der Arbeit beteiligt war. "Dies sollte uns eine Warnung sein, unsere Strategien zur Insektenbekämpfung zu überdenken."
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